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Britische Polizei in der KritikDie grobe englische Art

Der Tod eines Passanten bei den G-20-Protesten wirft Fragen auf. Warum wurde er grundlos von Polizisten angegangen? Und werden die Beamten zur Rechenschaft gezogen?

Auf den G-20-Protesten kam es teilweise zu blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei. Verletzte gab es auf beiden Seiten. Bild: dpa

BERLIN taz Der Tod des 47-jährigen Ian Tomlinson weckt im ersten Moment Assoziationen mit dem G-8-Gipfel 2001 in Genua. Dort erschoss ein Carabinieri den damals 23-jährigen Carlos Giuliani, der versucht hatte, mit einem Feuerlöscher einen Polizeiwagen anzugreifen. In der italienischen Hafenstadt kam es zu den gewalttätigsten Protesten, die es bei einem G-8-Gipfel je gegeben hat.

Die britische Polizei muss bei den G-20-Protesten am vergangenen Mittwoch im Londoner Bankenviertel Ähnliches befürchtet haben. Nicht anders ist zu erklären, warum die Ordnungskräfte anschließend versuchten, den tragischen Todesfall herunterzuspielen. Dabei ist der Tod von Tomlinson überhaupt nicht mit Guilianis Tod zu vergleichen. Bei dem einen war es Mord, bei dem anderen ein wenn auch unangemessen brutaler Stoß in den Rücken, der für sich genommen normalerweise nicht gleich zum Tod führt. Es konnte ja niemand ahnen, dass Tomlinson wenig später einem Herzinfarkt erliegen würde.

Dennoch wirft das rüde Vorgehen der Polizei Fragen auf. Wieso schubst ein vermummter Polizist einen offenbar Unbeteiligten in einer völlig undramatischen Situation unverhältnismäßig brutal zu Boden? Warum verkündet die Polizei hinterher, dass die Beamten gezwungen waren, den Mann wegzutragen, weil Demonstranten angeblich Flaschen nach ihm geworfen hatten?

Augenzeugen berichten das Gegenteil: Demonstranten seien dem Gestürzten sofort zur Hilfe geeilt. Einer habe den Notruf kontaktiert. Die Polizisten aber hätten die helfenden Demonstranten verscheucht. Es sei zwar eine Plastikflasche geflogen, so mehrere Augenzeugen, jedoch an einer völlig anderen Stelle in eine ganz andere Richtung.

In der linken Szene fallen die Reaktionen bislang eher verhalten aus. Allerdings ist die Empörung über die Polizeiattacke groß. Von einem "hinterhältigen Angriff" ist auf dem deutschen linken Internetforum Indymedia die Rede. Es sei "klar ersichtlich, dass alle Aggressionen ausschließlich von den Beamten" ausgegangen seien. Ein weiterer Aktivist beschwert sich, dass nicht nur die Attacke selbst das Problem war, sondern die Falschaussagen der Polizei. Dies sei "ein schreckliches Beispiel, wie viel Narrenfreiheit Polizisten auf Großeinsätzen haben."

Auf dem Portal Indymedia London werden "Petitionen gegen Polizeigewalt" gesammelt. Mehrere linke Gruppen rufen zudem zu europaweiten Kundgebungen und Demonstrationen gegen den "Mord während des G 20 in London" auf. Sie sollen am Karfreitag um 12 Uhr mittags vor britischen Botschaften und Konsulaten stattfinden. Von "Mord" könne aber dennoch nicht die Rede sein, widerspricht ein Aktivist im deutschen Indymedia diesem Aufruf.

Britische Aktivisten schlagen vor, dass sich nun so viele Personen wie möglich zunächst bei der unabhängigen Untersuchungskommission der britischen Polizei beschweren sollen. Dieses Vorgehen habe sich bereits bei einem ähnlichen Vorfall in Kalifornien bewährt. Wären die Beschwerden ausgeblieben, so die Aktivisten, hätte die Untersuchungskommission es auch nicht für notwendig gehalten, die verantwortlichen Beamten zur Rechenschaft zu ziehen. Dies müsse nun aber dringend geschehen.

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5 Kommentare

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  • T
    Türke

    Englische frühling fangt an !!!!!!!!!!!!!!!!

  • S
    soralis

    Also dass das hinterhältig war, was da passiert ist, und ich habe mir gestern das Video bei euch angeschaut, da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Der Mann war völlig unbeteilig und wurde von hinten angegriffen: das ist das erste hinterhältige. Ich habe mir noch gedacht, als ich seinen Sturz beobachtet, hoffentlich bekommt er wenigsten noch die Hände aus sein Taschen, um den Fall abzumildern.

    Hinterhältig, war auch was die Medien am selben Tag berichteten, dass die Demonstranten eine ärztliche Hilfe behinderten durch Flaschenwürfe. Man sieht auf dem Video deutlich, dass ein Demonstrant sich zum Gefallen hinabkniete, um ihm aufzuhelfen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er offensichtlich schon Schwierigkeiten damit und brach dann später zusammen.

    Aber es ist klar, was passiert wäre, wäre dieses Video zum Zeitpunkt des Gipfels schon aufgetaucht. London hätte gebrannt.

    Inzwischen kann man richtig die Angst der Mächtigen riechen.

     

    @Gerald Deckert. Natürlich! Wer einen Polizeiwanne mit einem Feuerlöscher angreift, gehört erschossen. Darüber besteht überhaupt keine Diskussion. Das ist "Notwehr" im klassischen Sinne. Alleine wenn man überlegt wieviele Menschen jährlich durch Feuerlöscher ums Leben kommen. Diejenigen, die unerlaubt Feuerlöscher zum Einsatz bringen, das sind die wahren Terroristen.

  • L
    Lars

    Carlos Giuliani Fall war Mord, Basta! Offiziell ist es natürlich immer direkt Notwehr wenn Polizisten im Dienst Gebrauch von ihrer Schusswaffe machen. Oder sollte man lieber Missbrauch sagen?

  • TH
    Tim Hasbach

    Natürlich müssen die Hnadlungen die von Giuliani begangen wurden berücksichtig werden, aber ich möchte mal betonen, dass die Polizei in keiner Weise dazu gezwungen war in tötlich anzuschießen und dann mit dem Auto über seinen Körper zu fahren und ihn liegen zu lassen ohne Hilfe zu holen.

  • GD
    Gerald Deckert

    Sie sprechen hier polemisierend von einem Mord an Carlos Giuliani - dabei ist der Vorfall bisher als Notwehr beurteilt worden (unabhängig von der ausstehenden Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof). So bedauerlich der Tod des jungen Mannes ist - seine Handlungen die zu den Schüssen führten sollten auch berücksichtigt werden!