Paraguyas Präsident verletzt Zölibat: Sturm im Wasserglas
Paraguays beliebter Präsident Fernando Lugo hat einen unehelichen Sohn - gezeugt in seiner Zeit als römisch-katholischer Bischof. In der Krise aber interessiert es das Volk wenig.
Paraguays Konservative haben einen Sturm im Wasserglas entfacht. "Als Staatsvertreter brauchen wir Menschen mit Würde", erklärte der rechte Abgeordnete José López Chávez. Radiohörer und Leserbriefschreiber empörten sich. Die katholische Bischofskonferenz bat um "Vergebung für die Sünden der Kirchenmitglieder".
Am Ostermontag hatte Präsident Fernando Lugo (57) in einer knappen Fernsehansprache eingeräumt, dass er der Vater eines fast zwei Jahre alten Jungen ist - und dies "mit absolutester Ehrlichkeit, Transparenz und Pflichtbewusstsein", wie er versicherte. Ganz stimmt das nicht:
Vergangene Woche hatte Viviana Carrillo, die 26-jährige Mutter, unter großem Medienwirbel einen Vaterschaftsprozess gegen den Staatschef eingeleitet. Seine Mitarbeiter taten dies als Kampagne ab, doch Lugo blieb nur noch die Flucht nach vorne.
Brisant ist das Geständnis, weil er noch Geistlicher war, als sein Sprössling geboren wurde. Zwar hatte da der "rote Bischof" der ländlichen Diözese San Pedro wegen seiner politischen Ambitionen sein Amt bereits niedergelegt und beim Vatikan die Versetzung in der Laienstand beantragt - vergeblich. Carrillo zufolge hat die Affäre bereits begonnen, als sie 16 war und bei ihrer Patin auf dem Land wohnte: "Seit jenem zarten Alter hat mich der Beklagte verführt", zitierten die Medien genüsslich aus den Prozessunterlagen.
Gegenüber einer spanischen Reporterin verteidigte Lugo zwar den Zölibat, doch er fügte hinzu: "Die Menschen sind nicht vollkommen, wir können schwach sein". Nun erhält die Mutter Alimente, der Sohn auch den Nachnamen des Vaters.
"Lugo hat Farbe bekannt und die Kultur der Lüge, des Machismo eingerissen", lobte Kinder- und Jugendministerin Liz Torres. Ihre Kabinettskollegin Gloria Rubin bezeichnete das Geständnis gar als "sensationell" und riet allen ledigen Müttern, für ihr Recht zu streiten.
Dass Lugos Image als ehrlicher Politiker ernsthaft beschädigt werden könnte, glaubt der Politologe Alfredo Boccia Paz nicht. "Unsere Gesellschaft ist in diesen Fragen ziemlich locker", meint er, die Wirtschaftskrise bereite den Paraguayern größere Sorgen als die Nachkommen des Präsidenten.
Ein Jahr nach seinem sensationellen Wahlsieg gehört der Befreiungstheologe immer noch zu den beliebtesten Staatschefs Lateinamerikas. Doch die Aufbruchsstimmung ist verflogen, seine Reformen kommen nicht voran. Hier liegt die eigentliche Gefahr für Fernando Lugo.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
Trump erneut gewählt
Why though?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
US-Präsidentschaftswahlen
Warum wählen sie Trump?
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala