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Band protestiert mit Plattenveröffentlichung"Flagge zeigen" für Pirate Bay

Downloads der Musik von "Advance Patrol" führten zur Verurteilung der Pirate-Bay-Macher. Gegen ihren Willen. Jetzt veröffentlicht die Band ihr neues Album legal auf der Filesharing-Seite.

Anstelle des Piratenschiffes gibt es jetzt das Album auf der Startseite kostenlos zum Download. Bild: screenshot: http://thepiratebay.org/

STOCKHOLM taz | "Advance Patrol" ist nicht die erste Band, die ihr neues Album auf der Filesharing-Seite Pirate Bay veröffentlicht. Aber die erste Musikgruppe, auch deren Downloads wegen die Pirate Bay-Macher neulich zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt worden waren.

Und die nun deren Dienste dankbar in Anspruch nimmt, um ihre Musik weltweit verbreiten zu können. Seit Pfingsten steht "El Futuro", das neue Album der Hip-Hop-Band aus dem südschwedischen Malmö bei Pirate Bay zum legalen Download bereit. Was nicht zu übersehen ist, wenn man die Seite aufruft: Der Hinweis hierauf ist für einige Tage an Stelle des üblichen Piratenschiff-Logos getreten.

"Advance Patrol" will damit "Flagge zeigen", so der Bandfrontmann Gonzalo "Gonza" Del Rio Salidas. Denn die Bandmitglieder sind überhaupt nicht gefragt worden, als der Verband der Musikbranche sich mit ihrem Plattenlabel "Playground" darauf verständigte, ihr 2006 erschienenes Album "Apostel" als eines von 22 urheberrechtsgeschützten Alben auszuwählen, die in der Anklageschrift gegen Pirate Bay stellvertretend als "Geschädigte" angeführt wurden. Und wegen ihrer Verträge mit der Plattenfirma war es der Band auch nicht möglich, ihr Album aus der Anklageschrift streichen zu lassen. Anders der Hiphopper Max Peezay, der ebenfalls völlig ungefragt in der Anklageschrift gelandet war: Er und nicht seine Plattenfirma besass selbst die Rechte an seinem in der Anklageschrift erwähnten Album. Und darum veröffentlichte der Filesharing-Befürworter Peezay demonstrativ seine neue Single bei Pirate Bay.

„Der Prozess war gar nicht unsere Sache“, sagt "Advance Patrol"-Frontmann "Gonza". Man habe die Gruppe gegen ihre Willen als Knüppel in diesem Justizzirkus benutzt. Mit dem jetzigen Schritt wolle man deshalb auch deutlich Abstand von dieser Anklage nehmen: "Wir beteiligen uns doch nicht an einem Krieg gegen unsere Fans."

Seine Band wolle, dass ihre Musik auf der ganzen Welt bekannt werde, so der Frontmann. Und dafür gebe es kein besseres Medium als "Pirate Bay" mit seinen über 20 Millionen UserInnen. Kein Label könne der Gruppe Vergleichbares bieten. Das beweise auch, dass 24 Stunden nach der Veröffentlichung auf Pirate Bay die Webbseite von "Advance Patrol" schon 30.000 mal angeklickt worden sei.

Für "Playground"-Chef Torgny Sjöö bedeutet der jetzige Schritt nicht das Ende der Zusammenarbeit zwischen seinem Label und der Band "Advance Patrol". Man habe unterschiedliche Meinungen und werde mit Interesse verfolgen, wie sich dieses Geschäftsmodell entwickle.

Denn Geld will "Advance Patrol" natürlich auch verdienen mit den Downloads. Wer will, kann über ein Paypal-Konto einen Betrag spenden - auf freiwilliger Basis. Bei der Schriftstellerin Unni Drougge, die vor einigen Wochen einen ähnlichen Schritt getan und die Hörbuchfassung ihres neuesten Romans zum Download auf "Pirate Bay" veröffentlicht hat, ging diese Rechnung wirtschaftlich Bestens auf: Dieses Hörbuch sei ihr bislang lohnendstes geworden, berichtete sie kürzlich in einem Interview.

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