piwik no script img

Lösung für Roma in SichtKosten klar, Zukunft unklar

Im Konflikt um die Unterbringungskosten für die inzwischen rund hundert Roma ist eine Lösung in Sicht. Die Zukunft der Familien ist aber weiterhin unklar.

Transparent vor der St. Marien-Liebfrauen-Kirche, wo die Roma für kurze Zeit untergebracht waren Bild: dpa

Bei der Frage, wer für die Kosten für die Unterbringung der Roma-Gruppe aufkommt, zeichnet sich ein Konsens ab: Der Bezirk Spandau, auf dessen Gebiet die Familien derzeit im Asylbewerberheim in der Motardstraße untergebracht sind, und die Senatsverwaltung für Soziales bestätigen, dass die Unterbringungskosten auf sämtliche Berliner Bezirke verteilt würden. "Die Familien werden nach dem Geburtsdatum des Familienältesten den Bezirksämtern zugeordnet", erklärt der Spandauer Sozialstadtrat Martin Matz (SPD) der taz.

Diese grundsätzliche Regelung, wonach jeder der zwölf Bezirke einem Monat zugeordnet ist, sei bereits vor mehreren Jahren eingeführt worden, um entstehende Kosten bei großen Flüchtlingsströmen gleichmäßig zu verteilen und vor allem die innenstädtischen Bezirke nicht stärker finanziell zu belasten als Randbezirke. "Bislang ist uns aber noch keine Familie bekannt, bei der Spandau als Bezirk zuständig ist", sagte Matz. Grundsätzlich zeigte er sich skeptisch, dass den Familien auch Sozialleistungen zustünden. Der Bezirk könne aus dem Sozialgesetzbuch keinen Anspruch ableiten, da die Roma in Berlin den Status von Touristen hätten. Nur die Finanzierung der Rückreise könnten die Familien in Anspruch nehmen. Für die Kosten würden laut Matz die Bezirke aufkommen. Er rechne aber nicht damit, dass "viele Familien diese Hilfe in Anspruch nehmen" würden.

Die Zahl der in dem Heim in der Motardstraße untergebrachten Roma stieg derweil nach Angaben der Arbeiterwohlfahrt (AWO), die die Einrichtung betreibt, auf 103 Personen an. Man habe den Familien ein eigenes, zuvor leer stehendes Haus zur Verfügung gestellt, erklärt Angelika Rix, Geschäftsführerin des Kreisverbandes AWO Mitte. Wie lange die Familien noch dort bleiben können, wollte sie nicht sagen.

Laut Anja Wollny, Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales, war die Unterbringung in der Motardstraße ursprünglich für eine Woche geplant - die ist an diesem Freitag vorbei. Das Asylbewerberheim sei als "Übergangslösung" gedacht, perspektivisch müssten die Familien sich selbst versorgen. Zwar dürften sie nicht im Rahmen eines Arbeitnehmerverhältnisses arbeiten, da für Rumänien als eines der jüngsten EU-Beitrittsländer bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit noch Einschränkungen gelten würden. Denkbar sei jedoch beispielsweise eine selbstständige Tätigkeit im Kleingewerbe. Allerdings komme es nun "auf einen Tag mehr oder weniger" in der Motardstraße auch nicht an.

Die Familien waren vor zwei Wochen von der Polizei im Görlitzer Park aufgegriffen worden, wo die Gruppe von ursprünglich 40 Personen kampiert hatte. Im Anschluss nahmen die Hausbesetzer vom "New Yorck" im Südflügel des Bethanien die Familien auf, waren aber angesichts der wachsenden Menschenmenge schnell überfordert. Nachdem etwa 50 Roma vorübergehend die Sankt-Marien-Kirche in der Kreuzberger Wrangelstraße besetzt hatten, siedelte ein Großteil der Familien in das Asylbewerberheim in Spandau über, wo die Gruppe schließlich auf über hundert Personen anwuchs.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • D
    denninger

    Da hat die Senatorin für Soziales eine wirklich gute Idee gehabt:

    Aus einer diskriminierten Minderheit wird eine wohlgelittene Gruppe erfolgreicher Unternehmer. Und das alles durch ein Stück Papier!

    So könnte man denken.

    Aber was ist eine Gewerbeanmeldung eigentlich? Diese Frage kann jeder selbständige Handwerker (zumeist unter starken Missfallensäußserungen ) beantworten. Ein nicht zulassungspflichtiges (kein Meistertitel nötig) Gewerbe kann jeder voll Geschäftsfähige anmelden (Kosten ca. 40-60€). Liegt kein Untersagungsgrund (§35HwO) vor, ist man dabei im Kreise der Gewerbetreibenden. Allerdings ist man dann auch sofort zahlendes Mitglied der IHK (oder HK) sowie der Berufsgenossenschaft und auch Finanzamt, Gemeinde (Gewerbesteuer), Arbeitsagentur und Krankenkasse wissen vom frischgebackenen Unternehmer und wollen Bares sehen. Ach so, ja, da es sich vermutlich nicht um ein stehendes Gewerbe handeln wird ist eine Reisegewerbekarte erforderlich.

    Um dann auch alle Auflagen erfüllen zu können muss man

    a) unternehmerisch versiert sein.

    b) Behördendeutsch verstehen (Studium der Jurisprudenz und Germanistik ist zu empfehlen).(SCNR)

    c) nebenbei auch noch genügend Geld zum Lebensunterhalt verdienen.

    Es bleiben noch die freiberuflichen Tätigkeiten übrig, welche kein Gewerbe sind.

    Aus dem Katalog passen eigentlich nur die Tätigkeiten als Künstler oder Musiker.

     

    Also, Frau Senatorin, ist es das, was Ihre Sprecherin sagen wollte: "Wenn Ihr nicht Unternehmer werden wollt, dann spielt halt Geige oder stellt Modeschmuck her" (Dieser Satz ist nicht rassistisch VON MIR gemeint).

    Das ist doch wirklich Zynismus, den Leuten eine Perspektive zu zeigen, ihnen aber die für sie kaum zu erfüllenden Bedingungen zu verschweigen.

    Sorry, das hätte ich von jeder anderen Seite erwartet, aber nicht von der Linken.

    Es tut mir leid, wenn ich mich unbewusst im Ton vergriffen haben sollte, aber das hier macht mich echt wütend.

  • A
    aso

    @

    „...Er rechne aber nicht damit, dass "viele Familien diese Hilfe in Anspruch nehmen" würden....“

     

    Das Touristenvisum gilt (noch) nicht unbegrenzt. Flüchtlingsstatus ist ebenso nicht gegeben. Wie

    soll dem Steuerzahler vermittelt werden, daß die Personengruppe nicht abgeschoben wird?

    Will man warten, bis sich kriminelle Aktivitäten entwickeln, damit die Roma ihrem Ruf gerecht werden? Oder will man sich schon mal an Zustände ab 2011 gewöhnen, wenn ein ungehemmtes Einreisen von Roma in Aussicht steht?

    Falls nicht abgeschoben wird:

    Können dann Alle illegal einreisen, und Sozialleistungen kassieren? Wär dann nur gerecht, warum nur den Roma zahlen?