Kommentar Thomas Middelhoff: Wunderkind unter Verdacht
Es war überfällig, dass sich die Staatsanwaltschaft etwas intensiver mit dem Geschaftsgebären des früheren Arcandor-Chefs beschäftigt.
T homas Middelhoff galt einst als das Wunderkind der deutschen Wirtschaft. Dabei war bei dem ewigen Strahlemann stets mehr Schein als Sein. Kurz vor zu seinem nicht gerade freiwilligen Ausscheiden als Vorstandsvorsitzender im Frühjahr dieses Jahres rühmte er noch die positive Entwicklung, die der Warenhaus- und Touristikkonzern angeblich unter seiner Ägide genommen hatte. Arcandor spiele in der Aufstiegsrunde zur Champions League, schwärmte Middelhoff: "Wenn es nur um mein Ego ginge, würde ich noch bis zum Herbst bleiben, um dann bei der Aufstiegsfeier dabei zu sein."
Pascal Beucker ist NRW-Korrespondent der taz.
Middelhoffs Sanierungskünste basierten in vorderster Linie auf Finanzakrobatik. So war es schon zu seiner Zeit bei Bertelsmann gewesen: Manchmal funktionierten seine raffinierten Deals, häufiger jedoch nicht. Nur zum eigenen Nachteil gingen sie nie aus. Noch der Abgang von dem Scherbenhaufen, den er angerichtet hat, wurde ihm mit einer Abfindung von 2,3 Millionen Euro versüßt. Für Arcandor jedoch wurde aus dem von ihm prophezeiten Aufstieg im Herbst ein dramatischer Abstieg schon in diesem Sommer. Statt zu feiern, bangen die Beschäftigten jetzt um ihre Arbeitsplätze.
Dass sich nun die Essener Staatsanwaltschaft intensiver mit der beeindruckenden Geschäftstüchtigkeit Middelhoffs in eigener Sache beschäftigt, war überfällig - auch wenn es gut möglich ist, dass die jetzt eingeleiteten Ermittlungen im Sande verlaufen. Denn immerhin rückt so sein fragwürdiges Agieren nochmals ins Licht der Öffentlichkeit. Dass Middelhoff im Amt des Arcandor-Vorstandschefs auf eine juristische Überprüfung jener bereits vor seiner Amtszeit getätigten undurchsichtigen Immobiliengeschäfte mit dem Oppenheim-Esch-Fonds verzichtete, von denen er und seine Frau persönlich profitierten, ist zumindest ein moralischer Bankrott.
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