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Hannelore "Kraftilanti"Die Frau mit der Postkarte

Von einer Wahlkampf-Postkarte der CDU, auf der sie als "Kraftilanti" bezeichnet wurde, fühlte sich NRWs SPD-Chefin Hannelore Kraft so beleidgt, dass sie klagte. Und verlor.

In der Kritik, weil sie an ihrem Online-Lebenslauf herumkorrigierte: Hannelore Kraft. Bild: dpa

Hannelore Kraft ist im Kölner Landgericht erschienen. "Es geht um meine Ehre", sagt die Landesvorsitzende der NRW-SPD beim juristischen Showdown mit der politischen Konkurrenz. Es geht um eine vom CDU-Landesverband produzierte Postkarte. "Kraftilantis Lebenslauf-Lüge" steht darauf. Das will Kraft nicht hinnehmen, sieht ihre Integrität infrage gestellt.

Sie hat auf Unterlassung geklagt. Hintergrund ist eine Retusche im Lebenslauf auf ihrer persönlichen Homepage. Bevor Kraft als Landesministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten ins Clement-Kabinett kam, arbeitete sie als Beraterin und Projektleiterin beim Zentrum für Innovation und Technik NRW. Ihre frühere berufliche Tätigkeit für die Zenit GmbH ist kein Geheimnis. Der Hinweis darauf findet sich sowohl auf der Homepage des Landtags, der SPD-Landtagsfraktion als auch der NRW-SPD. Bis vor Kurzem stand er auch noch auf Krafts eigenem Internetauftritt. Doch dort fehlt er mittlerweile. Aufgefallen war die Streichung dem Journalisten David Schraven.

Anstelle der weggefallenen Angabe würden Krafts Hobbys aufgeführt: "Spiel, Sport und Spaß mit Mann, Sohn und Hund; Essen und Klönen mit Freunden", schrieb er in seinem Weblog "Ruhrbarone". Spitz spekulierte Schraven, der Hinweis könne möglicherweise wegen einer möglichen Verwicklung des Unternehmens in einen 2007 aufgedeckten Förderskandal getilgt worden sein. Die Vorlage griff die Düsseldorfer CDU-Zentrale umgehend auf. Seit Monaten attackiert Landesgeneralsekretär Hendrik Wüst Kraft immer heftiger. Da kam ihm "Kraftilantis Lebenslauf-Lüge" gerade gelegen, und er ließ die jetzt beanstandeten Postkarten drucken.

"Warum haben Sie den Hinweis auf die Zenit GmbH einfach gelöscht?", wird auf deren Rückseite gefragt. "Liegt es vielleicht daran, dass die Zenit GmbH in einen großen Förderskandal verwickelt war und auch Ihre Rolle dabei kritisch hinterfragt wird?" Für Kraft eine empörende Unterstellung, die ihr Anwalt als "Hirngespenst" bezeichnete: Nie sei Kraft in einen Skandal verwickelt gewesen. Bei der mündlichen Verhandlung am Mittwoch untersagte die Pressekammer des Landgerichts der CDU, Kraft in einen Zusammenhang mit dem angeblichen Förderskandal zu bringen. Es handle sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Den Begriff "Kraftilantis Lebenslauf-Lüge" hingegen wertete die Kammer als zulässige Meinungsäußerung im Wahlkampf. Damit hat Kraft zwar einen juristischen Teilsieg errungen, politisch allerdings hat sie verloren. Denn mit ihrer Klage hat sie der CDU-Kampagne ungeahnte Publizität verschafft.

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18 Kommentare

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  • J
    julian

    Klassensprecherwahlkämpfe auf einer Hauptschule in sozialen Brennpunkten haben mehr Niveau und Inhalte als die CDU. Was soll diese ewige Herumgereite auf Frau Y., die sich zwar einen schweren taktischen Fehler geleistet, dafür aber mal ein mutiges Programm abseits vom üblichen Neoliberalismus vorgelegt hat? Ich dachte diese Schmutzkampagne hätte mit der Wiederwahl von Roland, dem brutalstmöglichen Aufklärer endlich ein Ende gehabt.

  • L
    Lazertis

    Ypsilanti, Kraftilanti, SP-lanti ..

     

    irgendwie rächt sich da die lauwarme Gesinnung

    der SPD-Machtpolitiker auf Bundesebene. Da sind

    im Rahmen einer dämagogischen Hetzjagd (konserva-

    tiver Politiker und Medien, Interessenvertreter

    aus der Wirtschaft usw.) einige linksdemokrati-

    sche Ideale und ihre Representanten abgeschlach-

    tet worden. Und der "Obergenosse" Müntefering hat

    zugeschaut.

    So ist es eben mit der Bessenheit nach Macht. Der

    Kampf um die Macht wird zum Selbstzweck. Die Ziele

    und Werte werden dabei immer unwichtiger.

     

    Die andere Seite hat die besseren Waffen, jetzt

    ist es die "Lanti-Keule".

     

    Lasst uns unsere Ideale darüber aber nicht ver-

    gessen und verraten.

  • JG
    Johan Gerhard Fuchs

    Wo bleiben die Inhalte?

    Mehr und mehr lösen sich die Parteien von Inhalten, der Persönlichkeitswahn steigt und die persönlichen Angriffe häufen sich. Zuerst einmal hat dies mit einem Wahlkampf nichts mehr zu tun. Einer Else Kling in der Lindenstraße mochte man das granteln und die üble Nachrede noch zugestehen, es war ja eine rein fiktive Figur. Doch in der Politik sollte dieser Stil vermieden werden. Persönliche Angriffe und Verunglimpfungen zeugen nur von Kleingeistigkeit und fehlenden politischen Argumenten. Auch einen politischen Gegner kann mal als Menschen achten und auf sachlicher Ebene attackieren. Doch wo die Argumente fehlen wird eben emotional angegriffen nach dem Motto: "Irgendwas wird schon hängen bleiben. Ist das im Interessse des Landes und der Bevölkerung? Eher nicht. Solche Aktionen sind es, die Menschen dazu bringen nicht zur Wahl zu gehen. Unsere sogenannten Volksvertreter sagen ja damit auch, dass sie uns Wählern keine Vernunftentscheidungen mehr zutrauen, uns also gelassen für dumm verkaufen können. Für mich ist keine dieser Personen und Parteien mehr wählbar. Es sind keine Volksvertreter mehr sondern nur noch Lobbyisten und Vertreter der eigenen Interessen. Nicht wählen ist auch eine Stimmabgabe. Sie sagt den Politikern ganz klar: ihr seid nicht mehr wählbar. Ihr alle!

    Johann Gerhard Fuchs

  • AA
    Andrea Arcais

    Die Süddeutsche titel dazu heute: "Wahlkampf vor Gericht - SPD Chefin Kraft gewinnt skurrilen Streit gegen CDU".

    Auf welcher Veranstaltung war denn wohl Pascal Beuker?

  • R
    reblek

    So, so, Frau Kraft ist "beleidgt". Könnte Schraven geschrieben haben.

     

    Pascal Beucker nennt einen "Verteidiger" der Frau Kraft im beschriebenen Verfahren. Den gab es jedoch nicht, denn es handelte sich um ein Zivilverfahren, in dem Frau Kraft lediglich einen Anwalt hatte. Einen Verteidiger hätte sie gebraucht, wenn es sich um ein Strafverfahren gegen sie gehandelt hätte.

     

    Schade eigentlich, dass solche Grundkenntnisse bei der taz nicht vorhanden sind.

  • J
    Johannes

    Es gab Zeiten, da hätten progressive Blätter wie die taz eine solch billige, die politische Kultur beleidigende Hetzkampagne in Grund und Boden geschrieben. Heute wird einfach so darüber berichtet. Nur nicht werten, nur nicht Stellung beziehen. Könnte einem ja negativ ausgelegt werden. taz, FAZ, SPIEGEL. Wo ist noch der Unterschied?

  • V
    vic

    "...und auch Ihre Rolle dabei kritisch hinterfragt wird?" giftelt Herr Wüstling.

    Von wem kritisch hinterfragt? Doch wohl von ihm.

     

    Ja, Publizität hat er sich beschafft, aber keine Gute.

  • H
    Hondo

    Wieso hatte sie denn einen Verteidiger wenn sie die Klägerin war?

  • K
    Kay

    Ein Streisand hat ihr wohl nicht gereicht!

     

    > http://de.wikipedia.org/wiki/Streisand-Effekt

     

    Es gibt halt Leute die merken nichts mehr und Kraftilanti gehört anscheinend dazu. @CDU: Nur weil da gerade mal ein PR-Typ auf Zack war, Euch wähle ich auch nicht! Ganz schön fies, dass man das ganze Web 2.0-Gesocks einfach nicht in den Griff kriegt gell?!

     

    Kay

  • J
    julian

    Klassensprecherwahlkämpfe auf einer Hauptschule in sozialen Brennpunkten haben mehr Niveau und Inhalte als die CDU. Was soll diese ewige Herumgereite auf Frau Y., die sich zwar einen schweren taktischen Fehler geleistet, dafür aber mal ein mutiges Programm abseits vom üblichen Neoliberalismus vorgelegt hat? Ich dachte diese Schmutzkampagne hätte mit der Wiederwahl von Roland, dem brutalstmöglichen Aufklärer endlich ein Ende gehabt.

  • L
    Lazertis

    Ypsilanti, Kraftilanti, SP-lanti ..

     

    irgendwie rächt sich da die lauwarme Gesinnung

    der SPD-Machtpolitiker auf Bundesebene. Da sind

    im Rahmen einer dämagogischen Hetzjagd (konserva-

    tiver Politiker und Medien, Interessenvertreter

    aus der Wirtschaft usw.) einige linksdemokrati-

    sche Ideale und ihre Representanten abgeschlach-

    tet worden. Und der "Obergenosse" Müntefering hat

    zugeschaut.

    So ist es eben mit der Bessenheit nach Macht. Der

    Kampf um die Macht wird zum Selbstzweck. Die Ziele

    und Werte werden dabei immer unwichtiger.

     

    Die andere Seite hat die besseren Waffen, jetzt

    ist es die "Lanti-Keule".

     

    Lasst uns unsere Ideale darüber aber nicht ver-

    gessen und verraten.

  • JG
    Johan Gerhard Fuchs

    Wo bleiben die Inhalte?

    Mehr und mehr lösen sich die Parteien von Inhalten, der Persönlichkeitswahn steigt und die persönlichen Angriffe häufen sich. Zuerst einmal hat dies mit einem Wahlkampf nichts mehr zu tun. Einer Else Kling in der Lindenstraße mochte man das granteln und die üble Nachrede noch zugestehen, es war ja eine rein fiktive Figur. Doch in der Politik sollte dieser Stil vermieden werden. Persönliche Angriffe und Verunglimpfungen zeugen nur von Kleingeistigkeit und fehlenden politischen Argumenten. Auch einen politischen Gegner kann mal als Menschen achten und auf sachlicher Ebene attackieren. Doch wo die Argumente fehlen wird eben emotional angegriffen nach dem Motto: "Irgendwas wird schon hängen bleiben. Ist das im Interessse des Landes und der Bevölkerung? Eher nicht. Solche Aktionen sind es, die Menschen dazu bringen nicht zur Wahl zu gehen. Unsere sogenannten Volksvertreter sagen ja damit auch, dass sie uns Wählern keine Vernunftentscheidungen mehr zutrauen, uns also gelassen für dumm verkaufen können. Für mich ist keine dieser Personen und Parteien mehr wählbar. Es sind keine Volksvertreter mehr sondern nur noch Lobbyisten und Vertreter der eigenen Interessen. Nicht wählen ist auch eine Stimmabgabe. Sie sagt den Politikern ganz klar: ihr seid nicht mehr wählbar. Ihr alle!

    Johann Gerhard Fuchs

  • AA
    Andrea Arcais

    Die Süddeutsche titel dazu heute: "Wahlkampf vor Gericht - SPD Chefin Kraft gewinnt skurrilen Streit gegen CDU".

    Auf welcher Veranstaltung war denn wohl Pascal Beuker?

  • R
    reblek

    So, so, Frau Kraft ist "beleidgt". Könnte Schraven geschrieben haben.

     

    Pascal Beucker nennt einen "Verteidiger" der Frau Kraft im beschriebenen Verfahren. Den gab es jedoch nicht, denn es handelte sich um ein Zivilverfahren, in dem Frau Kraft lediglich einen Anwalt hatte. Einen Verteidiger hätte sie gebraucht, wenn es sich um ein Strafverfahren gegen sie gehandelt hätte.

     

    Schade eigentlich, dass solche Grundkenntnisse bei der taz nicht vorhanden sind.

  • J
    Johannes

    Es gab Zeiten, da hätten progressive Blätter wie die taz eine solch billige, die politische Kultur beleidigende Hetzkampagne in Grund und Boden geschrieben. Heute wird einfach so darüber berichtet. Nur nicht werten, nur nicht Stellung beziehen. Könnte einem ja negativ ausgelegt werden. taz, FAZ, SPIEGEL. Wo ist noch der Unterschied?

  • V
    vic

    "...und auch Ihre Rolle dabei kritisch hinterfragt wird?" giftelt Herr Wüstling.

    Von wem kritisch hinterfragt? Doch wohl von ihm.

     

    Ja, Publizität hat er sich beschafft, aber keine Gute.

  • H
    Hondo

    Wieso hatte sie denn einen Verteidiger wenn sie die Klägerin war?

  • K
    Kay

    Ein Streisand hat ihr wohl nicht gereicht!

     

    > http://de.wikipedia.org/wiki/Streisand-Effekt

     

    Es gibt halt Leute die merken nichts mehr und Kraftilanti gehört anscheinend dazu. @CDU: Nur weil da gerade mal ein PR-Typ auf Zack war, Euch wähle ich auch nicht! Ganz schön fies, dass man das ganze Web 2.0-Gesocks einfach nicht in den Griff kriegt gell?!

     

    Kay