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1. Mai in KreuzbergMordprozess nach Krawallen

Zwei Schüler stehen seit Dienstag wegen versuchten Mordes vor Gericht. Sie sollen am 1. Mai einen Brandsatz auf Polizisten geworfen haben. Ihre Anwälte fordern Freispruch.

Die Krawalle am 1. Mai in Kreuzberg haben jetzt ein juristisches Nachspiel. Bild: Hermann.Kant/Creative Commons BY 2.0 US

Es ist der schwerste Tatvorwurf, der bisher nach einem 1. Mai in Berlin erhoben wurde: versuchter Mord. Seit Dienstag stehen zwei Schüler, der 17-jährige Rigo B. und der 19-jährige Yunus K., vor dem Berliner Landgericht, weil sie während der Mai-Randale in Kreuzberg versucht haben sollen einen Molotowcocktail auf Polizisten zu werfen. Die Anwälte fordern dagegen Freispruch für die Anklagten - ihre Mandanten seien unschuldig, es handle sich um eine Verwechslung.

Neun Verhandlungstage hat das Landgericht für den Prozess angesetzt. Die Verhandlung sei öffentlich, da mit Yunus K. ein Heranwachsender angeklagt sei, teilt Strafgerichtssprecherin Petra Carl mit. Werde der 19-Jährige nach dem Erwachsenenstrafrecht verurteilt, sind Strafen bis zu lebenslanger Haft möglich. Rigo B. droht nach dem Jugendstrafrecht eine Haftstrafe bis zu zehn Jahren. Die Schüler befinden sich seit dem 1. Mai in U-Haft.

Die Anwälte der Beschuldigten kritisieren den Prozess als Farce. "Ich bin der festen Überzeugung, dass die beiden unschuldig sind", sagt Ulrike Zecher, Anwältin von Rigo B. Die Schüler hätten die Tat bestritten und umfassend ausgesagt. "Es handelt sich um eine Verwechslung." Zecher wirft der Staatsanwaltschaft vor, "schlecht und tendenziös" ermittelt zu haben. Mehrere entlastende Beweismittel seien nicht in die Ermittlungsakte eingeflossen. Zecher will deshalb zum Prozessauftakt mit Anträgen die Ermittlungen prüfen lassen. "Bis zur Klärung der Vorwürfe werden wir für eine Aussetzung des Prozesses plädieren", so Zecher.

Auch Ulrich von Klinggräff, Anwalt von Yunus K., beklagt "absolut unsaubere und einseitige Ermittlungen", und auch er spricht von einer Verwechslung. Alles stütze sich auf Aussagen von Polizisten, es gebe keine objektiven Beweismittel. "Wir wollen ganz klar einen Freispruch", so von Klinggräff zur taz. Man werde eine Vielzahl von Entlastungszeugen präsentieren. "Ich bin zuversichtlich, dass wir das Gericht überzeugen."

Laut Anklage soll Yunus K. am 1. Mai gegen 22 Uhr am Kottbusser Tor einen selbst gebastelten Molotowcocktail gezündet haben. Diesen soll der damals noch 16-jährige Rigo B. dann aus einer Menschenmenge heraus in Richtung Polizisten geworfen haben. Dabei hätten beide "in Kauf genommen, dass durch Brandverletzungen mehrere Menschen verletzt oder gar getötet werden", so die Anklage. Der Molotowcocktail zerbrach vor den Polizisten, entzündete aber die Kleidung einer jungen Passantin. Sie erlitt schwere Verbrennungen am Rücken. Die Anklage lautet daher auch auf fahrlässige Körperverletzung und Verstoß gegen das Waffengesetz.

Laut Anwältin Zecher zählt Rigo B. nicht zur linken Szene. "Er ist weder vorbestraft, noch war er bisher gewalttätig." Der 17-Jährige habe in der JVA erfolgreich seinen mittleren Schulabschluss absolviert. Auch Yunus K. sei nicht in der linken Szene organisiert, so von Klinggräff. Er habe in der U-Haft seine Abiturprüfung abgelegt und bestanden.

Der diesjährige 1. Mai endete in den schwersten Krawallen seit Jahren. 289 Randalierer wurden festgenommen und bisher 113 Anklagen erhoben. 14 Personen wurden bereits verurteilt. Neben den beiden jetzt Beschuldigten befinden sich noch ein 19- und 20-Jähriger wegen eines mutmaßlichen Molotowcocktail-Wurfs in U-Haft. Auch hier lautet die Anklage auf versuchten Mord. Zusätzlich wird ihnen schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen, so Gerichtssprecherin Carl. Einen Verhandlungstermin gebe es noch nicht.

Bisher nicht ermittelt ist die Person, die am 1. Mai vom Neuen Kreuzberger Zentrum eine brennbare Flüssigkeit auf Polizisten geschüttet hat. Es wird ein Jugendlicher gesucht, der wie ein 12- bis 14-Jähriger aussehen soll.

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1 Kommentar

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  • RW
    renate w

    Danke für den Artikel. Endlich mal eine objektive Darstellung der Dinge. Das steht bisher sehr einsam in der Medienlandschaft, die allgemein zum Rufmord aufzurufen und einer erschreckenden Neigung zur Vorverurteilung und Lynchmentalität zuzuarbeiten scheint.