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Heftige Proteste in DänemarkAbgeschobene Iraker verhaftet

In fünf Städten haben landesweit zehntausend Dänen gegen die Abschiebung irakischer Flüchtlinge protestiert. Fünf von ihnen wurden in Bagdad inhaftiert. Andere sind untergetaucht.

Heftigen Widerstand gab es Mitte August bei der Räumung der Kirche. Bild: dpa

Als "schwarzen Tag für Dänemark" bezeichnete Amnesty International die Abschiebung irakischer Flüchtlinge aus Dänemark. Mehr als 10.000 Menschen demonstrierten am Mittwochabend in sechs dänischen Städten gegen die Asylpolitik ihres Landes. Annisette Koppel, Sängerin der Rockgruppe "Savage Rose", sprach nach einem Auftritt bei der Demonstration in Kopenhagen von Dänemark als einem "faschistischem Land". Zuletzt sei es in Pinochets Chile passiert, dass die Polizei Menschen aus Kirchen geholt habe, in denen sie Schutz gesucht hatten: "Und dann schickt man sie dahin, wo sie verhaftet werden."

Tatsächlich waren fünf der 22 am Mittwoch abgeschobenen Iraker bei ihrer Ankunft am Flughafen von Bagdad festgenommen worden. Informationen über ihr Schicksal waren am Donnerstag nicht bekannt. Die übrigen 17 Flüchtlinge teilten der Flüchtlingshilfsorganisation "Kirchenasyl" telefonisch mit, so wollten versuchen in den Nordirak zu gelangen, um dort unterzutauchen. Laut Sigurd Jacobsen von "Kirchenasyl" fürchten sie um ihr Leben: "Sie hatten ja alle ihre Gründe, warum sie seinerzeit geflohen waren. Und an denen hat sich nichts geändert."

Die Tageszeitung Politiken hatte kürzlich das Schicksal einer Reihe von in den Irak ausgewiesener Flüchtlinge verfolgt. Die meisten von ihnen waren gezwungen, nach ihrer Rückkehr unterzutauchen, weil sie auf der "Verräterliste" von Terrorgruppen standen - beispielsweise wegen früherer Arbeit für die US-Besatzungstruppen.

Laut Polizeiinformationen sitzen zwölf weitere irakische Flüchtlinge in Abschiebehaft. Von 133 Irakern, die außerdem ausgewiesen werden sollen, sind angeblich 90 Prozent untergetaucht. "Wir geben nicht auf für sie zu kämpfen", sagt Eskil Nielsen von "Kirchenasyl": "Der Mangel an Mitmenschlichkeit bei den politisch Verantwortlichen lässt uns keine andere Wahl."

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8 Kommentare

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  • T
    Tourist

    Ich war in den 1990 Jahren oft in Dänemark, habe dort Freunde besucht, das Land angesehen und sogar dänisch gelernt. Und obwohl ich ganz ohne Schleuserbande eingereist bin, keine Autos aufgebrochen habe und auch kein Muslim bin, sondern einfach nur deutscher Tourist war, konnte ich die Fremdenfeindlichkeit leider sehr oft bemerken, auch mir gegenüber. Das wurde damals mit dem 2. Weltkrieg entschuldingt, der 23 Jahr vor meiner Geburt stattfand. Erfahrungen, die ich weder in Israel noch in der ehemaligen Sovietunion gemacht habe, wo ich auch als Deutscher gelebt habe.

    Dies trifft keineswegs auf alle Dänen zu, aber Dänemark hat ein Problem mit Fremdenfeindlichkeit, und daran sind nicht die Moslem schuld.

  • A
    aso

    @ Andreas II:

    „...Rechtsradikale Parteien, Gesinnungen und dubiose politische Denkschulen suchen erfolgreich Anhänger....“:

     

    Vielleicht sind die Dänen auch einfach „nachtragend“, und vergessen nicht so schnell, daß eine muslimische Pilgerschar mit u.a. gefälschten Bildern im Gepäck den Karikaturenstreit in arabischen Ländern erst aufkochte?

    Und dazu beitrugen, daß Dänemark weltweit zum Haßobjekt wurde.

    Vor diesem Hintergrund wundert es, daß noch so viele gegen die Abschiebung mehrfach abgelehnter Asylbewerber protestieren...

  • KB
    karin bryant

    Vielleicht sollte man sich ein bischen ueber die Probleme informieren die in Daenemark durch eine Flut von Irakern entstanden sind.Auch in D.werden immer wieder Autos entdeckt mit denen Schleuser versuchen illegale Iraker nach D. zu bringen.

    Daenen sind generell ein sehr tolerantes Volk und haben schon jetzt viele Asylbewerber aufgenommen und besonders mit den Leuten aus muslimischen Laendern gibt es spezielle Probleme,die zum Ergebnis haben dass viele Daenen sich gegen die staendig steigende Anzahl von Leuten aus dem Irak usw.,wehren.

  • AI
    Andreas II

    Obwohl Dänemark in meinen Augen ein liberales Land ist und war, zeigt sich doch jetzt immer mehr, dass es mit der Toleranz bald vorbei ist. Natürlich suchen viele Flüchtlinge Schutz in Dänemark - das Land gehört inzwischen zu den wohlhabensten der Welt. Aber genau dieser Wohlstand legt auch Neid, Habgier, Kaltschnäuzigkeit und Ausländerfeindlichkeit an den Tag.

    Früher konnten die Dänen immer auf die anderen zeigen und sagen, seht her, so läuft das also. Aber bei uns ... Nun, mit der Liberalität geht es Stück für Stück bergab. Rechtsradikale Parteien, Gesinnungen und dubiose politische Denkschulen suchen erfolgreich Anhänger.

    Und der Druck der Wirtschaft und die Krise erreichen eben jetzt auch Dänemark, da steigen die Ängste, dass Dänemark so absteigen könnte wie Deutschland. Noch vor 30 oder 40 Jahren suchten einige Dänen ihr Glück in Deutschland, verdienten manchmal viel Geld und heute kommen die Deutschen. Aber nicht nur die: Es kommt eben die halbe Welt und das wird schön ausgeschlachtet für Fremdenhass und Ablenkungsmanöver.

    @

    Wer Deportation so einfach benutzt, der sollte sich selbst mal abtransportieren lassen - das finde ich nicht lustig.

  • A
    Armin

    @karinbryant:

    Ja, es hatte bestimmt seine Gründe. Es hatte bestimmt auch seine Gründe, warum man im Mittelalter Autodafes abgehalten hat. Die Frauen hatten da nämlich rote Haare, das ist schon ein Grund, weshalb man sie verbrennen sollte.

    Und noch n Tip, schreib Deine Kommentare doch künftig bei der National Zeitung.

     

     

    Da bist Du besser aufgehoben.

  • K
    karinbryant

    Wenn die Daenen diese Iraker deportierten dann hatte das bestimmt gute Gruende.

  • A
    Andreas

    Border wäre richtiger...

     

    Wie wäre es denn mit einem Volksentscheid? Das wäre demokratisch und angemessen, und weder eine linke noch eine rechte Minderheit können sich durchsetzen, sondern das, was die Mehrheit der Bürger möchte, wird - wie in einer Demokratie hoffentlich üblich und richtig - gemacht.

  • F
    Flo

    Ich hoffe die Aktionen bewirken etwas. Die Abschiebungen sind mehr als traurig. Wie kann man Menschen wissentlich in den Tod schicken???

     

    No Boarder, No Nation, Stop Deportation!