Aktionsplan Nachwachsende Rohstoffe: Pflanzen in die Tüte
Das Erdöl wird knapp - deswegen will die Bundesregierung Industrieprodukte aus Pflanzen fördern. Die Wirtschaftsverbände begrüßen den Aktionsplan.
BERLIN taz | Mit einem umfassenden Aktionsplan will die Bundesregierung den Umbau der erdölbasierten Industrie in Deutschland gestalten. Weil den Unternehmen der Chemie-, Kunststoff- oder Kosmetikbranche in absehbarer Zeit ihre Grundlage - das Erdöl - ausgehen wird, soll der Einsatz von Pflanzen gefördert werden. Am gestrigen Dienstag wurde der "Aktionsplan zur stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe" des Bundesagrarministeriums in Berlin vorgestellt.
Der bereits im Kabinett verabschiedete Plan sieht vor, Forschung und Entwicklung im Bereich Pflanzenzucht und -anbau zu verstärken. National und international sollen Kriterien erarbeitet werden, die Standards und Labels für die nachhaltige Produktion nachwachsender Rohstoffe festlegen. Zudem sieht der Plan Informationsoffensiven für Verbraucher sowie ordnungspolitische Maßnahmen vor, etwa neue Regeln für das öffentliche Auftragswesen.
Die Bundesregierung setze dabei auf qualitative, nicht auf quantitative Ziele, sagt Gert Lindemann, Staatssekretär im Bundesagrarministerium. Quoten wie bei den Biotreibstoffen, die zu bestimmten Anteilen Dieselöl beigemischt werden müssen, soll es bei der Herstellung von Plastiktüten also nicht geben.
Die Wirtschaftsverbände begrüßen den Aktionsplan. Harald Käb, Generalsekretär des Lobbyverbandes European Bioplastics, zeigte sich "hocherfreut, dass die Aktivitäten der Branche jetzt einen Namen bekommen haben". Biomasse müsse genau so akzeptiert und gefördert werden wie zum Beispiel Energiegewinnung aus Windkraft.
Klaus Kliem vom Deutschen Bauernverband sagte, die deutschen Landwirte bräuchten aufgrund stagnierender Nahrungsmittelmärkte alternative Absatzmöglichkeiten. "Die Bauern waren einmal großer Rohstofflieferant, das wollen sie wieder werden." Die Debatte über die Konkurrenz zwischen "Tank und Teller" sei "Unsinn" - mit speziell gezüchteten Pflanzen und effizienten Anbaumethoden seien höchste Ertragssteigerungen möglich. Jörg Rothermel vom Verband der chemischen Industrie fordert vor allem einen freien Zugang zu Holz und anderen Pflanzen zu Weltmarktpreisen. Dazu müssten Handelshemmnisse abgebaut werden.
Uneinig ist die Branche darüber, wie sie ihre Produkte an die Kunden bringen will. Lobbyist Käb fordert, die Waren so schnell wie möglich auf den Markt zu bringen. Bei einer Massenfertigung setze die Industrie von alleine auf Effizienz und Klimabewusstsein. Der Berater Norbert Schmitz vom Meó Consulting Team hingegen glaubt, die Industrie müsse die Kunden mit zertifizierten ökologischen und sozial nachhaltigen Produkten überzeugen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Nach Ermordung von Jamshid Sharmahd
Deutschland schließt Konsulate des Iran
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott