piwik no script img

Vor der Bundestagswahl: Wahlkreis Marzahn-HellersdorfPau, Pau, Pau und niemand sonst

Hier ist die Linkspartei längst Volkspartei - und Petra Pau die unumstrittene Nummer 1.

Die Rote unter den Linken: Petra Pau Bild: ap

Marzahn-Hellersdorf hat ein schlechtes Image: Plattenbau, hohe Arbeitslosigkeit, Armut sind die gängigen Klischees, die zuletzt noch einmal ZDF-Sportmoderator Wolf-Dieter Poschmann bei der Leichtathlektik-WM bediente: "Wenn man in Marzahn aufgewachsen ist und das unbeschadet überlebt hat, ist man zu allem fähig!", behauptete er am Rande einer Live-Übertragung.

Die Empörung im Bezirk über diese Äußerung kanalisierte die Kandidatin der Linkspartei, Petra Pau. "Das negative Bild ist medial gezeichnet und stimmt nicht", empörte sie sich - und wurde von der lokalen Presse und den Bürgern ausgiebig für ihre Verteidigung "ihrer Heimat" gefeiert. Dabei könnte man ketzerisch sagen, dass Poschmanns Spruch auf Pau eigentlich ganz gut passt. Schließlich ist sie im Bezirk geboren, auch dort "verwurzelt", wie sie sagt - und heute eine der profiliertesten Politikerinnen ihrer Partei geworden ist. Und die Dominanz der Linkspartei im Bezirk hat Tradition. Seit der Wiedervereinigung gewinnt die PDS/Linkspartei das Direktmandat. Zuerst war es Gregor Gysi (1990 und 1994), der dann den Wahlkreis wechselte und das Terrain seiner Parteifreundin Pau überließ.

Die 46-Jährige engagierte sich am Anfang ihrer politischen Laufbahn in der SED, nach dem Fall der Mauer in der PDS. Seit 1998 sitzt sie für die Linken im Bundestag, zwischendurch auch mal ohne Fraktion. Im Jahr 2002 scheiterte die damalige PDS an der Fünfprozenthürde, Pau hielt als direkt gewählte Abgeordnete die Fahne von Marzahn-Hellersdorf dennoch hoch. Bei der letzten Bundestagswahl erzielte sie 42,6 Prozent der Erststimmen und ließ die Konkurrenz damit weit hinter sich.

Für die ausgebildete Lehrerin ging es seitdem politisch nur Berg auf. Nach dem Eklat um die vierfache Ablehnung von Lothar Bisky als Bundestagsvizepräsident im Jahr 2005, wurde sie von ihrer Partei als Plan-B aufgestellt und von den anderen Fraktionen als kleineres Übel ins Amt gewählt. Sie ist Mitglied in vielen Ausschüssen und hat ihren Platz auch in internationalen Parlamentariergruppen gefunden.

Der Rest des linken Lagers in Marzahn-Hellersdorf tut sich schwer. Vor der Übermacht von Pau müssen sich der junge Grüne, Stefan Ziller, und der alte hessische Sozialdemokrat, Rudolf Kujath, besonders anstrengen. Die Christdemokratin Monika Grütters kommt immerhin wie schon 2005 über ihre Erstplatzierung auf der CDU-Landesliste komfortabel in den Bundestag. Zwar sind SPD und Linke bei den Zweitstimmen auf Augenhöhe, Pau zu überholen scheint aber aussichtslos. "Der Pau-Faktor ist wichtig", erklärt eine selbstsichere Pau.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!