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Linke-Politiker Bartsch über SPD"Von einer Koalition weit entfernt"

Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der Linkspartei, über die mögliche Re-Sozialdemokratisierung der SPD, Krieg als Ultima Ratio und rot-rot-grüne Perspektiven.

"Im Osten und im Westen eine stabile Größe": Dietmar Bartsch freut sich nach der für seine Partei erfolgreichen Bundestagswahl.
Paul Wrusch
Interview von Paul Wrusch

Herr Bartsch, wird die Linkspartei überflüssig, wenn sich die SPD resozialdemokratisiert?

Dietmar Bartsch: Die Sorge habe ich überhaupt nicht. Wir sind eine stabile Größe, im Osten und im Westen. Das haben die letzten Wahlen gezeigt. Ich bin gerne bereit, mit der SPD in den inhaltlichen Wettstreit um die besten Konzepte zu treten. Wir sind kein Korrekturfaktor, sondern Gestaltungspartei.

Sehen Sie einen Wandel der Sozialdemokraten nach deren Wahlniederlage?

Ich wünsche mir einen politischen Richtungswechsel. Aber bisher gab es nur halbherzige Personalentscheidungen. Herr Steinmeier als neuer Fraktionschef steht wie kaum ein anderer für die Agenda 2010. Widerstand von Gabriel oder Nahles habe ich nicht gehört. Wenn es diesen innerhalb der SPD geben würde, wäre das gut fürs Land und würde die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit erleichtern.

Wo muss sich die SPD denn inhaltlich bewegen?

Es geht nicht um Bewegung, sondern um eine neue Positionierung in entscheidenden inhaltlichen Fragen. Da steht die SPD noch am Anfang. Bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr etwa sollte sie zur Position von Willy Brandt zurückkehren, der Krieg als "Ultima Irratio" bezeichnet hat. Bei Hartz IV muss es ein neues Herangehen geben, vor allem wenn Schwarz-Gelb über Leistungskürzungen oder weitere Sanktionen nachdenkt.

Muss die Linke über ihre "Weg mit"-Parolen hinausgehen?

In der Außenpolitik etwa ist klar, dass wir den Einsatz deutscher Soldaten in Afghanistan ablehnen. Aber es stehen noch andere Fragen im Raum, über die wir diskutieren. Wir werden ein eigenständiges neues Parteiprogramm entwickeln. Dabei geht es nicht darum, auf die SPD zuzugehen, sondern um die grundsätzliche Herangehensweise bei der Lösung von Zukunftsfragen wie einer Bürgerversicherung für Rente und Gesundheit, einer sanktionsfreien und bedarfsgerechten Mindestsicherung. Ich hoffe, dass man sich in vielen Punkten mit einer erneuerten SPD treffen kann.

Wird die rot-rot-grüne Perspektive Einfluss auf Ihr Parteiprogramm haben?

Ausdrücklich nicht. Koalitionsgedanken spielen dabei keine Rolle. Sollte es überhaupt auf Bundesebene so weit kommen. Momentan sind wir weit davon entfernt.

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