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Kommentar UN-WeltbevölkerungsberichtUnser Globus, eure Kinder

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

In patriarchalen Kulturen reicht es nicht, Pillen und Kondome zu verteilen. Es geht nicht um, Familienplanung, es geht um Kulturwandel.

M it Zahlen lässt sich wunderbar Politik machen. Zum Beispiel so: Internationale Klimaziele können nur erreicht werden, wenn das rasche Anwachsen der Weltbevölkerung eingedämmt wird. Würde es bis 2050 acht Milliarden Menschen auf der Erde geben statt neun, wie bislang prognostiziert, dann würden ein bis zwei Milliarden Tonnen weniger CO2 freigesetzt. So lautet das Fazit des Weltbevölkerungsberichts 2009, den der UN-Bevölkerungsfonds und die Deutsche Stiftung für Weltbevölkerung am Mittwoch vorstellten. Eine gezielte Familienplanung für die sogenannte Dritte Welt müsse her, so die Organisatoren. Denn dort sei das Bevölkerungswachstum am größten.

Unabhängig davon, dass es zynisch ist, wenn Industrienationen Entwicklungsstaaten Verhaltensnormen vorschreiben, um den Globus zu retten, ist vor allem zu befürchten, dass Maßnahmen zur Familienplanung einzig Frauen ansprechen. Ganz falsch ist das nicht, Frauen wollen und sollen über ihren Körper und ihre Zukunft selbst bestimmen.

In patriarchalen Kulturen reicht es jedoch nicht, Pillen und Kondome zu verteilen. Jährlich werden in Entwicklungsländern 76 Millionen Frauen ungewollt schwanger, aber das nicht, weil sie ahnungslos wären, wie Verhütung funktioniert, sondern weil Männer diese ablehnen.

Simone Schmollak

ist Redakteurin für Geschlechterpolitik.

Hunderttausende Frauen sterben an unprofessionell vorgenommenen Abtreibungen, die Zahl der HIV-Infektionen steigt und die der Vergewaltigungen sinkt nicht. Es geht nicht allein um Familienplanung, es geht um Geschlechtergerechtigkeit, es geht um einen Kulturwandel.

Und noch eine Statistik wurde am Mittwoch bekannt: Die Deutschen werden immer älter und immer weniger. Der Grund: Geburtenrückgang und bessere Gesundheit. Dass beide Berichte am selben Tag vorgestellt wurden, ist Zufall. Die Politik dahinter nicht.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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1 Kommentar

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  • S
    Shrike

    "Eine gezielte Familienplanung für die sogenannte Dritte Welt müsse her, so die Organisatoren. Denn dort sei das Bevölkerungswachstum am größten.

     

    Unabhängig davon, dass es zynisch ist, wenn Industrienationen Entwicklungsstaaten Verhaltensnormen vorschreiben, um den Globus zu retten ...."

     

    Zynisch vielleicht, aber sachlich richtig.

     

    Wenn die Deutschen in den letzten Jahrzehnten eine Geburtenrate gehabt hätten wie einige Länder der dritten Welt, würde auch Deutschland bis zum Hals in Problemen stecken.

     

    Und ja, auch die bevölkerungsstarken Länder des Südens sind in der Pflicht.

    Selbst wenn die Industrieländer ihren Ressourcenverbrauch enorm verringern sollten, gilt: Wenn die Weltbevölkerung so weiter wächst, macht das rasch keinen großen Unterschied mehr.

     

    Gerade wenn man erstens die globale Ressourcenknappheit im Blick hat und zweitens das Ideal eines weltweiten Wohlstandes für alle anstrebt, gibt es gar keine Alternative.

     

    Wenn ein Land der dritten Welt eine Geburtenrate von 6-7 kindern pro Frau hat, wundert einen die Massenarmut überhaupt nicht.

    Wenn die Geburtenrate aber auf sagen wir mal 2-3 Kinder sinken würde, wäre für jedes Kind schon mal ungefähr doppelt so viel vorhanden.

     

    China mit seiner drakonischen 1-Kind-Politik hat das begriffen.

    Eine harte, aber intelligente Maßnahme.

     

    Die linke taz meint es zwar gut mit der dritten Welt, aber allzuoft ignoriert man die Eigenverantwortung dieser Gesellschaften.

     

    Die Chinesen und die Inder zeigen, was ursprünglich arme Gesellschaften erreichen können.

     

    Länder in etwa Afrika können das auch.

    Es ist nicht einfach, aber offensichtlich machbar.

     

    Und vor allem:

    Es wird keinen anderen Weg geben.