Kommentar Vertreibung aus Rosaro: Italienische Laxheit

Der Grund für die schwerem Zusammenstöße zwischen Dörfern und afrikanischen Immigranten in Rosarno ist für den Innenminister klar: Zu viel Einwanderung. Oha.

Für Italiens Innenminister Roberto Maroni von der fremdenfeindlichen Lega Nord ist klar: "Jahrelange Laxheit in der Einwanderungspolitik" habe den Boden für die schweren Zusammenstöße von Rosarno bereitet. Frech auf den Kopf gestellt wird dabei, dass auf Kalabriens Feldern tausende Afrikaner - viele von ihnen übrigens mit Aufenthaltserlaubnis - in sklavenähnlichen Verhältnissen leben, zu Hungerlöhnen ausgebeutet und zudem immer wieder zum Ziel rassistischer Übergriffe der Dorfjugend werden. Wenn Italien sich eine Laxheit leistet, dann ist es die, zum Nulltarif über zugewanderte Menschen verfügen zu wollen, die sich willig ausbeuten lassen.

Die Afrikaner von Rosarno haben da nicht mehr mitgespielt. Der Schriftsteller Roberto Saviano merkte jetzt an, dass es in den letzten Jahren nur Afrikaner waren, die in den Mafia-Hochburgen Kampaniens und Kalabriens den Mut zur offenen Revolte aufbrachten: so im Jahr 2008 in Castelvolturno bei Neapel, als die Camorra dort sechs Afrikaner erschoss und die schwarze Community mit heftigen Protesten reagierte. Und jetzt in der Ndrangheta-Hochburg Rosarno.

So berechtigt dieser Protest war, so ziellos explodierte dann die Gewalt. Erfolg hat er ohnehin keinen. Zielgerichtet und absolut erfolgreich war dagegen die Antwort von Hunderten von Bürgern von Rosarno, die ein wahres Pogrom veranstalteten, um die Afrikaner zu vertreiben.

Und die Staatsgewalt? Gewiss, die Polizisten stellten sich immer wieder vor die Immigranten und verhinderten, dass ein Blutbad angerichtet wurde. Dann aber organisierten sie deren Abtransport, ganz so, wie es die aufgeputschten Bürger von Rosarno wollten. Laxheit ist das in der Tat - nicht aber gegenüber den Immigranten, sondern gegenüber dieser improvisierten Bürgerwehr.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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