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Leiharbeit bei SchleckerGleiche Arbeit, weniger Geld

Schlecker lässt Leiharbeitsverträge weiterlaufen, bei denen nur die Hälfte des Lohns für die gleiche Leistung gezahlt wird. DGB und Ver.di fordern dagegen reguläre Arbeitsverträge.

Betroffen sind vor allem Schlecker XL-Filialen, in denen Leiharbeiter die Arbeit Festangestellter erledigen. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Drogerie-Unternehmen Schlecker hat angekündigt, die bestehenden Leiharbeitsverträge weiterlaufen zu lassen. Das bestätigte Unternehmenssprecher Andreas Baum am Dienstag gegenüber der taz. Die Gewerkschaften Ver.di und DGB fordern hingegen, den 4.000 LeiharbeiterInnen normale Arbeitsverträge anzubieten.

Am Montag hatte das Unternehmen erklärt, es wolle nicht weiter mit dem Leiharbeitsunternehmen Meniar zusammenarbeiten. Diese Ankündigung war eine Reaktion auf Lohndumping-Vorwürfe, die sich vor allem gegen die sogenannten XL-Filialen richteten. Seit Beginn 2009 gründete das Unternehmen Filialen, die größer sind als die gewöhnlichen AS-Läden. Die fehlenden Arbeitskräfte bezogen sie von der Leiharbeitsfirma, die laut Ver.di auch zuvor entlassene Arbeitskräfte an das Unternehmen vermittelte. Die LeiharbeiterInnen verrichten in den XL-Filialen dieselbe Arbeit wie Festangestellte, erhalten jedoch nur die Hälfte des Lohns.

Als "halbherzig" beurteilt Reinhard Dombre, Sprecher beim DGB für Tarifpolitik, die Ansage von Schlecker: "Hier soll eindeutig ein Imageschaden verhindert werden." Es bestehe nach der ersten Ankündigung von Schlecker kein Grund zur Entwarnung. Dombre verlangt von Schlecker, allen Angestellten gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen.

Mit dieser Forderung hat er Cornelia Haß auf seiner Seite. Die Pressesprecherin des Ver.di-Bundesvorstands fordert das Unternehmen auf, allen Angestellten, also auch den LeiharbeiterInnen, "ordentliche" Löhne zu zahlen.

Haß und Dombre hoffen nun, dass die Enthüllung der Lohnverhältnisse bei Schlecker eine öffentliche Debatte lostreten wird. Für Dombre ist klar, dass die Politik das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ändern müsse, um Lohndumping-Unternehmen die Rahmenmöglichkeiten für ihre Arbeit zu nehmen. "Das Gesetz öffnet Tür und Tor für Armutslöhne", so Dombre.

Er verlangt zudem, einen gesetzlichen Mindestlohn für die Branche einzuführen. Dies, urteilt die Ver.di-Landesleiterin für Nordrhein-Westfalen, Gabriele Schmidt, wäre viel einfacher, als zu versuchen, die bestehenden Gesetze "wasserdicht" zu machen. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kündigte indes an, nach eventuellen "Schlupflöchern" zu suchen.

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9 Kommentare

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  • H
    Hamburger

    Wirklich ein Unding :

     

    die "Arbeitnehmervertreterpartei" spd hat mit ihren vermurxten Hartzgesetzen die "Sozialpartnerschaft", die elementarer Teil der von Erhardt geschaffenen "sozialen Marktwirtschaft" war, aufgekündigt u. zerstört !

     

    Wie kann man denn diwe Leiharbeit entfesseln ohne zeitliche Begrenzung, ohne Lohnuntergrenze ! ;

    wie konnte man sich auf das System der "Minijobs" einlassen, die die Vollzeitstellen unterminieren u. sicher zu millionenfacher altersarmut führen werden !

    Alles Maßnahmen gegen die eigene Wählerklientel !

     

    Die spd ist damit überflüssig geworden , ihre auch "handwerkliche " Unfähigkeit bei der Gesetzgebung wurde auch vom Clementnachfoger Scholz nicht korregiert, diese Partei gehört auf den Schrottplatz.

    V. d. Leyen zeigt schon nach 100 Tagen wo es lang

    geht, wenn sie sich jetzt noch im schwierigen Resort Arbeit für die breite Mehrheit der Normalverdiener bewährt, hat sie auch das Zeug zur Kanzlerin, dann hat Merkel " Flasche leer "

  • H
    Heiko

    Darüber hat vor einigen Wochen schon ein Nachrichtenmagazin im Fernsehen berichtet (ARD/ZDF)

     

    Die Frechheit ist ja, daß die Zeitarbeitsfirma ja Schlecker selber gehört und der zuständige Leiter der Ostdeutschen Firma sitzt zufälligerweise in der Firmenzentrale von Schlecker..

     

    Wir finanzieren mit unseren Lohnnebenkosten diese "Angestellten" (Leihsklaven paßt wohl besser) mit, da durch die geringen Bruttolöhne sie noch Wohngeld bekommen...Denn ohne Zuschuß vom Staat (=von uns Bürgern) kommt man mit diesen Sklavenlohn in Deutschland menschenwürdig nicht weit...

     

    =Ergebnis Wir finanzieren mit unseren Steuern/Lohnnebenkosten den privaten Gewinnmaximierungsfeldzug des Herrn Schlecker.

     

    Wert tut was dagegen...??

  • M
    Majo

    Nix Mindestlohn, haben doch alle Merkel und & FDP & Co. KG m.b.H. gewählt. Und nun wills wieder keiner gewesen sein und alle jammern rum. Wer Merkel gesagt hat, muss sich jetzt auch für die Hälfte ausleihen lassen und die die gar nicht wählen waren, sowieso.

  • S
    Schnauzevoll

    Jetzt wird wieder so getan, der achso Böse Schlecker. Das ist alles schon bei vielen Firmen, seit Jahren bekannt und scheinbar von der Politik so gewollt.

    Auch frage ich mich wo sind die Gewerkschaften gewesen als man z.B. den Opel Leiharbeitern z.B. für Mittagessen das doppelte abnahm? Sie nicht auf Toiletten des Stammpersonal ließ?

    Und dann will es keiner gewusst haben?

    Wallraff hat das schon vor Jahren angeprangert, passiert ist nichts!

  • KA
    Kurt aus Kienitz

    "Leider ist dies aber auch nur eine Illusion, denn für einen um 1 Cent niedrigeren Preis, sind viele bereit, ihr soziales Gewissen kaufen zu lassen."

     

    Natürlich, wenn Jemand mit Hartz IV oder dem Gehalt von Schlecker auskommen muss, dann bleibt diesem Jemand ja nichts anderes übrig als den günstigsten Angebot hinterher zu laufen.

  • FS
    Frank Spar

    Wenn Leiharbeit Stammarbeitsplätze ersetzt, spricht sogar unsere Bundesregierung von Missbrauch.

    Im Uniklinikum Essen, welches öffentliche Mittel bekommt, ist die Tarifunterwanderung durch Leiharbeit vom Vorstand vor Jahren beschlossen worden.Dazu wurde eine eigene Leiharbeitsfirma gegründet, um sich selbst die Mitarbeiter zu leihen. Außer Führungskräften wird praktisch keiner direkt beim Land NRW eingestellt.

    Hier sind die verantwortlichen Politiker jedoch noch sehr zurückhaltend...

  • V
    v.b.

    da stimme ich @marco zu.

    Ein Bekannter wurde von Siemens gekündigt. Um nach 3 Monaten über eine Zeitarbeitsfirma wieder am gleichen Arbeitsplatz wie vorher zu stehen. Allerdings für die Hälfte des Gehaltes.

    Es ist beileibe nicht nur Schlecker der diese Praktiken ausübt.

    Das diese asozialen Machenschaften von der Politik nicht nur geduldet sondern sogar vertragswidrig gefördert wird sieht man an den sogenannten Lohnstückkosten.

    Laut Euro/EU Verträge soll dieser Betrag jährlich um 2% steigen. Das wäre bis heute eine Steigerung in Deutschland um 22%. Tatsächlich sind diese aber nur um 8% gestiegen.

    Ein Vertragsbruch den niemanden interessiert.

  • M
    Marco

    Schlecker, Müller, Lidl ... wer einmal die Berichte von Günter Wallraff gesehen oder gelesen hat, weiß, dass es dieses Lohndumping auch bei Opel oder selbst bei großen gutverdienenden Konzernen wie Schering gibt.

     

    Da helfen keine Kontrollen oder das Schließen von Schlupflöchern, da hilft wirklich nur ein deutschlandweiter Mindestlohn.

     

    Und bis es soweit ist (vielleicht einmal in 100 Jahren)sollte der Verbraucher sich die Wahl seiner Einkaufsketten gut überlegen.

     

    Leider ist dies aber auch nur eine Illusion, denn für einen um 1 Cent niedrigeren Preis, sind viele bereit, ihr soziales Gewissen kaufen zu lassen.

  • GH
    G. H. Pohl

    Das beste, was man über die seinerzeit von „S“PD und Grünen vorgenommenen politischen Beschlüsse sagen könnte wäre: gut gemeint ist das Gegenteil von gut…

    Genauer aber ist, Gas-Schröder, Strom-Clement, Müntefering, Steinmeier und „Genossen“ wollten die arbeitnehmenrfeindliche Politik von „C“DU und F…DP noch übertreffen, den Unternehmen das Einstellen und Feuern leichter machen, ohne den Gewerkschaften mit einer Schwächung des Kündigungsschutzes in die Quere zu kommen.

    Das hätte ja vielleicht klappen können.

    Aber: man hat gewollt – oder wie immer häufiger auch festgestellt wird – schlampig gearbeitet und empört sich nun darüber, was man selbst angerichtet hat.

    Da ist für Empörung gegenüber Schlecker und vielen anderen Firmen kein Platz, auch wenn die jegliche – bei Einstellungsgesprächen so bedeutsame – soziale Kompetenz vermissen lassen.

    Da sollten auch einmal die Tollköpfe einmal hinschauen, die ständig über Fleiß und Einsatz der kleinen Leute Unerträglichkeiten faseln, denn diese Leute sind so fleißig, daß sie inzwischen zwei oder drei Arbeitsstellen haben ( müssen ) um über die Runden zu kommen.

    Pfui Deibel, welch ein Pack…