Kommentar Schlecker: Arbeiten und arm bleiben
Leiharbeiter fangen längst nicht mehr nur Auftragsspitzen ab, sie werden zeitlich unbegrenzt – den rot-grünen Reformen "sei Dank" – neben Stammbeschäftigten eingesetzt.
S chlecker, die für ihre katastrophalen Arbeitsverhältnisse berühmt gewordene Drogeriemarktkette, will sein Image aufbessern und zukünftig auf Leiharbeiter verzichten - ein gute Nachricht. Tatsächlich heißt das aber nur, dass keine neue Lohndumpingverträge abgeschlossen werden sollen. Die bereits in die Leiharbeit abgeschobenen Mitarbeiter haben keine Aussicht auf eine Rückkehr zu alten Vergütungen.
Bislang ist der gesellschaftliche Umgang mit Leiharbeit unangemessen. So wird Schlecker als Einzelfall skandalisiert. Dabei ist die Lohndumpingpraxis mit Hilfe von einfach zu gründenden und juristisch nicht zu beanstandenden Leiharbeitsfirmen mittlerweile gang und gäbe: in Krankenhäusern, im Handwerk und in Industriebetrieben.
Man werde gegen die schlimmsten Auswüchse vorgehen, tönt es derzeit aus CDU und FDP. Doch sind wirklich die schlimmsten Auswüchse das Problem oder der Umstand, dass Leiharbeit zu einem konstitutiven Bestandteil des Arbeitsmarktes geworden ist? Leiharbeiter fangen längst nicht mehr nur Auftragsspitzen ab, sie werden zeitlich unbegrenzt - den rot-grünen Reformen "sei Dank" – neben Stammbeschäftigten eingesetzt. Dort arbeiten sie für einen Bruchteil des Lohnes ihrer Kollegen und führen diesen tagtäglich vor Augen, wie schnell man selber zum Leiharbeiter werden kann.
ist Arbeitsmarkt-Redakteurin im Inlandsressort der taz.
Wollte man dem Lohndumping Grenzen setzen, müsste Schwarz-Gelb etwa die unter Rot-Grün legalisierte unbeschränkte Höchstverleihdauer und die Möglichkeit zum systematischen Aushebeln des Prinzips "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" reformieren. Das aber setzt voraus, dass wir uns weder mit der Beschwichtigungspolitik à la Schlecker noch mit halbseidenen Reformen zufrieden geben.
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