OHNE VERMITTLER TREIBT DER IRAK AUF EINEN BÜRGERKRIEG ZU: Ehrlicher Makler dringend gesucht
Die Versöhnungskonferenz der Arabischen Liga, in der die zerstrittenen schiitischen, kurdischen und sunnitischen Delegierten aus dem Irak zusammen mit den Außenministern der Nachbarländer gegenwärtig nach einer Lösung suchen, steht unter keinem guten Stern. Es herrscht Uneinigkeit über die Aufteilung der Macht und eine Atmosphäre, die an den Vorabend eines Bürgerkriegs erinnert. Das Ganze ist mit der Präsenz ausländischer Besatzungstruppen gewürzt. Die Lage im Irak kann guten Gewissens als hoffnungslos verfahren beschrieben werden.
Von manchen als letzte Hoffnung, von anderen als vollkommen nutzlos bezeichnet, wirft das Treffen in Kairo auf jeden Fall die Frage auf, wer eigentlich noch im Irak als ehrlicher Makler auftreten kann. Der Gastgeber der Konferenz, die Arabische Liga, wird als „sunnitischer Club“ mit einer gehörigen Portion Misstrauen betrachtet. Für die Nachbarländer, allen voran Iran und Syrien, stehen zu viele eigene Interessen auf dem Spiel. Und die Supermacht Amerika stellt im Irak eher das Problem als dessen Lösung dar.
Das Dilemma ist: Nur mit Hilfe eines starken Vermittlers kann der irakische Karren aus dem Dreck gezogen werden. Wer aber kann noch vermitteln? Da sich kein einzelner Kandidat anbietet, bleibt nur noch das Kollektiv. Wenn überhaupt, dann kann dies nur in Kooperation zwischen den USA und den Nachbarländern geschehen. Dabei ist aber schwer vorstellbar, wie Washington, Damaskus und Teheran an einem Strang ziehen sollen. Zumindest solange der Iran und Syrien das sichere Gefühl haben, als Nächstes auf der US-Abschussliste zu stehen, werden sie den Teufel tun und das irakische Feuer ernsthaft löschen. Das kann sich aber zu einem Flächenbrand entwickeln, der sie am Ende alle verschlingt. Ein Bürgerkrieg im Irak würde sich kaum auf dessen Grenzen beschränken. Bisher ist das Feuer offensichtlich noch nicht heiß genug, um die Erkenntnis zu befördern, dass nur noch ungewöhnliche neue internationale Allianzen verhindern können, dass in der Region das totale Chaos ausbricht. KARIM EL-GAWHARY
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
