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Kommentar FinanzpolitikDas sinnlose Sparen der Griechen

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Das radikale Sparpaket der Griechen? Das Drama könnte sein, dass es überhaupt niemandem nutzt, sondern nur allseits schadet.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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18 Kommentare

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  • HA
    Helene Amberger

    Schulden mit Schulden bekämpfen usw.? Was soll das werden? Wer zahlt die Zinsen? Wer kassiert die Zinsen?

     

    Liebe Frau Hermann, besuchen Sie mal ein paar Vorträge vom Professor Senf in Berlin oder online bei www.berndsenf.de, damit Sie wissen, wohin die Schuldenmacherei führt. Selbst scharfe akademische Gegner des eher linken Bernd Senf, wie Milton Friedman, bestätigen mit ganz anderen Theorien zum Schuldenmacherwahn im Grunde nichts anderes, als dass man nicht kaufen kann, was nicht produziert ist.

  • KK
    klaus keller

    @von Dr. Ludwig Paul Häußner

     

    sie brauchen aber schon ein gut bezahlten Arbeitsplatz um sich solche Steuersätze leisten zu können.

     

    Es könnte auch sein das man Regierugen mit den von Ihnen vorgeschlagenen Steuerplänen erst gar nicht wählt oder später in die Wüste schickt.

  • J
    joHnny

    werte frau HERRMANN,

    schöne grüße an ihren kollegen KNOTT, der in seinem seite-1-tazkommentar vom 09.02.10 genau das gegenteil behauptete und ig metall-affin meinte, daß ver.di aus seinen fehlern nichts gelernt hat,da ver.di bei den tarifverhandlungen überfordert und n i c h t genug s p a r t. am samstag, den 27.02.10, wurde im öffentlichen dienst ein tarifabschluß erzielt - bis heute nicht e i n e zeile in der taz!?!

    hat herr KNOTT etwas gelernt?

  • R
    reblek

    "Denn die Griechen haben ihre Schulden ja nicht bei sich selbst aufgenommen, sondern bei Banken in Frankreich oder Deutschland."

     

    Mit Verlaub, die Griechen haben überhaupt keine "Schulden aufgenommen", sondern Kredite, wie es jeder vernünftige Mensch macht, der nicht nur Verpflichtungen eingehen will. Aber die Sprache kann sich gegen einen solchen Unfug nicht wehren.

  • NN
    Nicolas Neuss

    Ein Irrsinn erster Klasse: Unsere Banken bekommen zu praktisch 0% Geld von der Zentralbank und verleihen es dann zu 6% an einen höchst problematischen Schuldner wie Griechenland. Und laut Ihrem Artikel muss das ganze auch noch vom europäischen Steuerzahler abgesichert werden.

     

    Hoffentlich nicht!

  • N
    Nikos

    Ein Vorschlag

     

    Deutschland zahlt die Kriegsentschaediung (um die 500 Milliarden Dollar gemaess der UNO) an Griechenaland zurueck und Griechenland tritt fuer immer aus der EU-Zone.

     

    Wir VERSCHENKEN EUCH sehr gern dieses Europa.

     

    Nikos Asteriades,

    Thessaloniki, Makedonia, Griechenland.

  • A
    A.Grech

    " Mit den Mehreinnahmen könnten nicht nur die deutschen und französischen Haushaltslöcher ausgeglichen werden, sondern auch mehr für Bildung und Infrastruktur ausgegeben werden, um die EU zu einem wirklich dynamischen Wirtschaftsraum zu machen, damit der Wandel von der Industriegesellschaft in eine nachindustrielle Wissens- und Kulturgesellschaft sozial und ökologisch nachhaltig gemeistert werden kann."

     

    Also das kann man vielleicht seiner Großmutter erzählen, aber wer glaubt diesen Schmarrn sonst noch?

  • D
    Dettelsauer

    Die Rechnung, 7 Prozent weniger Einkommen bedeutet 7 Prozent weniger Konsum, ist eine vergröberte Darstellung. Aber die Schlussfolgerung stimmt: Die staatlichen Finanzprobleme lassen sich mit Einkommenskürzungen bei Klein- und Normalverdienern sowie bei Rentnern nicht beheben. Zunächst sollte die griechische Regierung ihr Großkapital zur Kasse bitten. Das hilft der Staatskasse und dem Klima in der Gesellschaft.

  • UR
    Udo Radert

    Zitat aus dem Artikel:

     

    "Zudem haben sich die Griechen das Geld ja nicht geborgt, um es zu Hause im Tresor verschimmeln zu lassen. Stattdessen haben sie munter bei ihren europäischen Nachbarn eingekauft, nicht zuletzt bei den Deutschen."

     

    Wofür und bei wem "die Griechen" (nicht mein Wortlaut, sondern ihrer, Frau Herrmann) die ergaunerten Milliarden [denn es war nun mal ganz klar Lug und (Be-)trug von Seiten der griechischen Regierungen seit 2001] dann ausgegeben haben, also das kann ja wohl kaum als eine Entschuldigung fungieren.

     

    Ja, natürlich: Dass sollte aus ihrer Sicht vermutlich ja auch keine sein, um Himmels Willen.

     

    Nur warum erwähnen sie es dann so ausführlich?

     

    Weiter:

     

    "Die Euroländer wiederum fordern den sinnlosen Sparkurs ein, weil sie ein politisches Symbol dafür benötigen, dass die Griechen Reue zeigen."

     

    Ich frage mich (und Sie, Frau Herrmann):

     

    Wo *spart* denn Griechenland bitte, d.h., wo werden denn wirklich mal ganz konkret Ausgaben gekürzt?

     

    Was Griechenland bisher macht, ist die Steuern kräftig anzuheben: auf Tabak, Benzin, die Mehrwertsteuer und so weiter.

     

    Es versucht also sein Einnahmeseite zu verbessern, auf Kosten des kleinen Mannes, wie immer.

     

    An die (zu hohen) Ausgaben aber, da geht auch diese griechische Regierung eben nicht ran - und macht auch keine Anstalten das in Zukunft zu tun.

     

    Nix mit "Sparen" also.

  • S
    Schmidt

    Sehr geehrte Frau Herrmann,

     

    wo soll das Geld denn herkommen, um die griechische Dekadenz zu finanzieren? Sicherlich wird der Sparkurs alleine Griechenland nicht retten. Um das Land wirtschaftlich voranzubringen, muß die Anzahl der Mitarbeiter im Staatsdienst dramatisch reduziert werden, einhergehend mit einer Reform der öffentlichen Verwaltungen. Das dämmt Korruption, Steuerbetrug und Schattenwirtschaft ein und ermöglicht wirtschaftliches Wachstum. Alles andere ist rausgeschmissenes (verbranntes) Geld.

  • DL
    Dr. Ludwig Paul Häußner

    Mehrwertsteuerharmonisierung ist notwendig und sinnvoll

     

    ---------------------------------------

     

    Es waren ja auch militärische Überlegungen dabei, dass das NATO-Mitgliedsland Griechenland in den Euro erhalten hat.

     

    Offensichtlich wird Griechenland aber schlecht verwaltet - und dafür erhalten griechische Beamte sogar noch 14 Monatsgehälter! Doch die politische Klasse Griechenlands sollte nicht alleine den "schwarzen Peter" für das Doppeldefizit in Haushalt und Handelsbilanz erhalten

     

    Die EU wie auch die europäische Zentralbank (EZB)haben einen erheblichen Anteil an der "griechischen Tragödie".

     

    Eine gemeinsame Währung erfordert auch ein Mindestmaß an Steuerharmonisierung. So sieht die EU einen MwSt-Höchstsatz von 25% vor. Griechenland hat bislang nur 19% oder Spanien gar nur 16%.

     

    Die sogenannten PIIGS-Staaten müssen vor allem die MwSt erhöhen, um die Löcher in deren öffentlichen Haushalten auszugleichen.

     

    Die EZB-Geld- und Zinspolitik ist zu einseitig auf die Stabilität des Euro ausgerichtet. Was nutzt ein Inflationsziel von zwei Prozent oder weniger, wenn andererseits die wirtschaftliche Dynamik erlahmt und in Folge die Arbeitslosigkeit im Euro-Raum bei rund 10% liegt? Kurz: Die EZB betreibt eine tendenziell deflationäre Politik.

     

    Deshalb muss in den nächsten drei bis fünf Jahren die Mehrwertsteuer EU-weit auf 25% harmonisiert werden So hat Ungarn die MwSt zum 01. 07. 2009 von 20% auf 25% erhöht, um die dortige Haushaltskrise zu meistern.

     

    Die EZB sollte ihr Inflationsziel auf vier Prozent verdoppeln. Hierzu ein Auszug aus dem Handelsblatt:

     

    ttp://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur-nachrichten/grob-fahrlaessig-bundesbank-und-ezb-geisseln-iwf-vorschlag-zu-inflation;2536335

     

    "IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard hatte den Notenbanken unlängst nahegelegt, statt rund zwei Prozent künftig etwa vier Prozent Inflation zuzulassen. Er begründete seinen Vorschlag vor allem damit, dass bei einer höheren Inflationsrate der nominale Leitzins höher wäre und die Notenbanken so in Krisen mehr Spielraum hätten, die Geldpolitik zu lockern."

     

    Doch gerade Deutschland sollte nicht sinnlos sparen, sondern die MwSt in den kommenden sechs Jahren ebenfalls auf 25% erhöhen, im Nachgang zu den PIIGS-Staaten und in Konkordanz mit Frankreich.

     

    Mit den Mehreinnahmen könnten nicht nur die deutschen und französischen Haushaltslöcher ausgeglichen werden, sondern auch mehr für Bildung und Infrastruktur ausgegeben werden, um die EU zu einem wirklich dynamischen Wirtschaftsraum zu machen, damit der Wandel von der Industriegesellschaft in eine nachindustrielle Wissens- und Kulturgesellschaft sozial und ökologisch nachhaltig gemeistert werden kann.

     

     

    L.P. Häußner, Karlsruhe

  • T
    tazitus

    (Schlar)Mann wird jetzt griechisches Staatsvermögen ("unbewohnte Inseln" usw.) günstiger kaufen können.

  • F
    Frank

    "Wer 7 Prozent weniger Lohn erhält, wird notgedrungen 7 Prozent weniger ausgeben"

     

    Das ist doch albern. Wenn ich 7 Prozent weniger verdiene, gebe ich weiterhin genau so viel aus wie jetzt. Die Aussage mag bei den unteren Lohngruppen stimmen, bei vielen jedoch nicht.

     

    Die Gleiche Argumentation wird von populistischen Politikern in Deutschland herangezogen: Wenn wir die Steuern um x Milliarden senken, werden x Milliarden mehr ausgegeben. Das stimmt nicht: Ich kann mir jetzt alles Kaufen was ich für sinnvoll halte und werde nicht sinnlos Geld ausgeben, nur weil mir der Staat unnötige Geschenke macht, anstatt seine Schulden abzubauen.

  • DE
    Die Ente vom Nil

    Wieso geben die Griechen 7% weniger aus? Viellecht sparen sie auch 7% weniger...

  • L
    Leporello

    Vielleicht geht es um das sechzehnte Monatsgehalt?

  • N
    Nicht-Spekulant

    Man sollte die griechische Regierung (und, nach allem, was man hört, auch die Mehrheit der Bevölkerung) für die Sparbemühungen erst mal loben (falls sie Realität werden). Unbefriedigend ist, dass die Großgewinnler des bisherigen korrupten Systems - und die sind nun wirklich unvorstellbar reich - wie immer ungeschoren davonkommen werden. Und noch ärgerlicher ist, dass auch die aktuellen Kniefälle vor den "Finanzmärkten" offenbar noch immer nicht, weder in der Politik noch in der Journaille, zu der Einsicht führen, dass die Bekämpfung des internationalen Spekulantengesindels damit beginnen muss, dass man es beim Namen nennt und nicht als "Anleger", "Investoren", "Investment-Banker" oder "Internationele Finanzmärkte" verklärt.

  • F
    Felix

    und was sollte man ausser sparen sonst machen? weiter verschulden?!

    natürlich sollte man an den richtigen stellen sparen und keinen pauschalschlag bei dem überall was weggenommen wird. aber verschulden tut man sich wenn man mehr ausgibt als einnimmt. also muss man an den einnahmen drehen und/oder an den ausgaben. aber ich hab meine zweifel dass griechenland jetzt plötzlich irgendwo unerschlossene geldquellen auftut (mal abgesehen von den steuersündern vllt ;) )

  • FP
    Fritz Preuss

    Großartig. Es fehlt nur noch Schlußfolgerung, endlich einen Mindestlohn von 12€ in Deutschland einzuführen, weil letztlich der deutsche Niedriglohnsektor die Kredite an Griechenland erarbeitet hat.