Frankreich kritisiert Deutschland: Billiglöhne auf Kosten anderer Länder

Frankreichs Finanzministerin greift die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung an. Deutschland habe innerhalb Europas mit "Billiglöhnen" agiert - auf Kosten anderer.

Deutschland zahlt nicht nur am meisten - sondern profitiert auch. Bild: dpa

In der EU ist vor dem Hintergrund der Griechenlandkrise ein offener Streit über Deutschlands Wirtschaftspolitik ausgebrochen. Die französische Finanzministerin Christine Lagarde warf der Bundesregierung vor, zu sehr auf den Export und eine Senkung der Arbeitskosten zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit gesetzt zu haben. Die Deutschen seien in dieser Hinsicht sehr gut gewesen, sagte Lagarde der Financial Times. "Ich bin mir aber nicht sicher, ob das ein nachhaltiges Modell ist - langfristig und für die gesamte Gruppe. Wir brauchen offensichtlich eine bessere Angleichung", kritisierte sie kurz vor einem Treffen der Finanzminister der Euro-Gruppe in Brüssel.

Deutschland hat zwar seinen Status als "Exportweltmeister" an China verloren, aber im vergangenen Jahr noch immer Waren im Wert von gut 803 Milliarden Euro ins Ausland geliefert und gleichzeitig für 667 Milliarden in anderen Ländern eingekauft. Damit lag der Überschuss in der Außenhandelsbilanz bei gut 136 Milliarden Euro. Frankreich verzeichnete im gleichen Zeitraum ein Handelsdefizit von 43 Milliarden Euro.

Lagarde ist mit dieser Kritik nicht allein. Die Bild-Zeitung berichtete von einem "Frühwarnbericht" der deutschen EU-Vertretung in Brüssel. Demnach werde Berlin "von einigen Akteuren vorgeworfen, mit seinem exportorientierten Wirtschaftsmodell sein Wirtschaftswachstum auf Kosten anderer" Euro-Staaten zu erreichen. Deshalb könne Deutschland "stärker unter Druck geraten", seine "erreichten Wettbewerbsvorteile zu relativieren". Dies bedeutet eine Erhöhung der Löhne zur Stärkung der Binnenkonjunktur.

Linke Ökonomen fordern dies schon lange und fühlen sich durch die Griechenland-Krise bestätigt. Deutschland habe innerhalb Europas mit "Billiglöhnen" agiert, sagte zum Beispiel Gustav Adolf Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung. Durch diese reale Abwertung habe Deutschland "strukturelle Überschüsse angehäuft", denen Defizite in anderen Ländern gegenüberstünden. "Und irgendwann kommen diese Länder an ihre Grenzen". Konkreter wurde Dierk Hirschel, Chefvolkswirt des Deutschen Gewerkschaftsbundes. "Wir müssen unseren Binnenmarkt beleben, damit die südeuropäischen Exporteure einen größeren Absatzmarkt finden."

Ganz anders sehen dies die deutschen Exporteure. "Wir sind deshalb erfolgreich, weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben", erklärte der Außenhandelsverband BGA über seinen Pressesprecher. "Wir können nicht das Tempo herausnehmen, damit andere Länder mehr Zeit bekommen." Auch Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans wies die Kritik zurück. Andere Länder sollten ähnlich wettbewerbsfähig werden wie Deutschland. Es sei weniger gewinnbringend, wenn sich einzelne Länder künstlich zurückhielten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.