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Migrationspolitik in den USAGesetz gegen Einwanderer

Die republikanische Gouverneurin von Arizona will Migranten ohne eine Aufenthaltsgenehmigung wie Verbrecher behandeln. Betroffen sind 400.000 Menschen.

Protest gegen das Anti-Einwanderer-Gesetz vor dem Capitol in Phoenix. Bild: ap

"SB 1070" ist der offizielle Titel des Gesetzes. Seit Gouverneurin Jan Brewer es am vergangenen Freitag in Phoenix unterschrieben hat, protestieren Tausende auf den Straßen der Hauptstadt von Arizona dagegen. Viele - längst nicht alle - stammen ursprünglich aus Mexiko und Mittelamerika. Manche leben seit Jahren ohne Aufenthaltspapiere in Arizona. "Wir sind auch Menschen" steht auf ihren Transparenten. Und: "Wir sind hier zu Hause. Wir bleiben."

Nicht nur die direkt Betroffenen protestieren. Auch bei verschiedenen Lobbys sowie bei PolitikerInnen in Washington und in den Hauptstädten der südlichen Nachbarländer hat das Gesetz Empörung ausgelöst. "Wenn dieses Gesetz in 90 Tagen in Kraft träte, bekäme Arizona einen Platz in der Geschichte wie Südafrika", sagt Salvador Reza, Sprecher der Bürgerinitiative "Puente". Arturo Venegas, Expolizeichef von Sacramento und heute Bürgerrechtsaktivist, sieht eine "Katastrophe für die Gemeindepolitik" auf Arizona zukommen. Und stellvertretend für die 30.000 evangelischen Kirchen in den USA, die um die Seelen der Latinos konkurrieren, kündigt William Sánchez eine Klage gegen den Bundesstaat Arizona an. "Millionen von Latinos im Land sind schockiert", sagt der Vorsitzende der "National Coalition of Latino Clergy and Christian Leaders Legal Defense Fund".

In Washington hat Präsident Barack Obama das Gesetz als "fehlgeleitet" bezeichnet und eine Überprüfung versprochen, die feststellen soll, ob es verfassungskonform ist. Das Gesetz aus Arizona hat in der Hauptstadt die ganze politische Tagesordnung durcheinandergebracht. Eigentlich stand als Nächstes ein Klimagesetz auf dem Programm. Zwei demokratische und ein republikanischer Politiker wollten den gemeinsamen Entwurf, den sie in den vergangenen Wochen erarbeitet haben, am Montag der Öffentlichkeit vorstellen. Doch vor dem Hintergrund der Entscheidung in Arizona machte ihnen Harry Reid, Chef der DemokratInnen im Senat, einen Strich durch die Rechnung. Reid, der den Bundesstaat Nevada mit 15 Prozent Latino-Stimmen vertritt, kündigte an, dass er die Einwanderungspolitik jetzt ganz oben auf die Agenda in Washington stellen will.

Die ebenfalls demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, gibt ihm recht. Auch sie möchte, dass die Reform der Einwanderungspolitik sofort in den Kongress kommt. Noch vor dem lang geplanten Klimagesetz. Als erste Reaktion darauf hat sich der republikanische Senator Lindsey Graham aus der Klimagesetzinitiative zurückgezogen. Graham sollte dem Klimagesetz die nötige Rückendeckung bei der Opposition verschaffen.

In Phoenix bestreitet Gouverneurin Brewer, dass ihr Gesetz rassistische Züge habe. "Wir in Arizona haben sehr lange und sehr geduldig auf Washington gewartet", sagt die republikanische Politikerin, "Jahrzehnte von Untätigkeit und fehlgeleiteter Politik haben für eine gefährliche und inakzeptable Situation gesorgt." Unter anderem zählt sie Drogen- und Menschenhandel auf.

Künftig sollen PolizistInnen in Arizona auch den Einwanderungsstatus kontrollieren. Wer keine Aufenthaltspapiere hat, riskiert Gefängnis, hohe Geldstrafen und eine Abschiebung. Auch die Beihilfe zur illegalen Einreise und die Beförderung und Beherbergung von "Illegalen" werden bestraft. Es ist das erste Mal in dem Einwanderungsland USA, dass "illegale" Einwanderung wie ein Verbrechen behandelt wird. In Arizona, wo geschätzte 400.000 Menschen ohne Papiere leben, fürchten sich viele vor "SB 1070". Seit vergangener Woche finden täglich Demonstrationen in Phoenix statt. Auf den Transparenten steht: "Stoppt das Gesetz".

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15 Kommentare

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  • KB
    karin bryant

    ..es mag ja den Gutmenschen nicht bekannt sein dass jeder, der in die USA legal eingewandert ist und eine sogenannte Gruene Karte hat sie auch bei sich tragen und auf Verlangen praesentieren muss. Wenn man umzieht dass muss man melden wo der neue Wohnort ist. Was Ausweise betrifft : Wenn die Polizei einen Autofahrer anhaelt dann verlangen die ueberall in der Welt den Fuehrerschein,Fahrzeug-Papiere und VersicherungsPapiere. Ist das rassistisch??????????????? Ich denke nicht. Arizona hat die Notbremse gezogen weil es der illegalen Einwanderung,derKriminalitaet durch Illegale nicht mehr Herr werden konnte und schon Janet Neapolitano hatte bevor Obama sie zum Chef der Homeland Security machte schon den Notstand ausgerufen und verlangt dass die National Guard an die Grenze kommandiert wird.

  • L
    Lukas

    Das kann man nicht mit unseren Illegalen vergleichen denn in der USA gibts nur 5 Jahre Arbeitslosengeld, die kommen also um zu arbeiten.

     

    Nur unser Sozialsystem lädt zu extrem zum Missbrauch ein...

  • K
    kad

    Die Mexikaner sind die lebenswichtigern Ader der US Wirthschaft.Die sind auch sehr religious und fleißig

  • B
    Bastian

    Das sich die Mexikaner mithilfe anderer Latinos die Ressourcenrecihen Gebiete durch Einwanderung wiederholen, die im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg durch die USA annektiert wurden, nachdem viele US-freundliche Siedler mit US-Unterstützung über die Grenze geschickt wurden, ist eine Ironie der Geschichte.

     

    Die USA haben damals halb Mexiko annektiert, die rassistischen weißen Neusiedler haben die meist mestitzischen Mexikaner (der spanische Vizekönig in Mexiko befahl seinen Soldaten dereinst, atzekische Frauen zu heiraten was zur besonderen eigenständigen mexikanischen Kultur führte) vertrieben oder umgebracht. Unbehelligt von der US-Führung fand, auch in Arizona, ein Vernichtungskrieg getragen durch den KKK und andere gegen Mexikaner statt.

  • F
    Fugu

    Es ist unglaublich wie hier wieder das Klischee vom schmarotzenden Ausländer/Arbeitslosen ausgepackt und die Situation in den USA sofort auf die Lage in Deutschland bezogen wird. Das ist der reinste Nützlichkeitsfaschismus á la "Wer staatliche Hilfe bekommt, ist ein Volksschädling und gehört nach Möglichkeit abgeschoben". Das ist zynisch und gelinde gesagt zum kotzen. Die Zahl derer, die Hartz hierzulande missbrauchen, ist den Zahlen nach gering.

    Wer alle, die Hilfe beziehen über da über einen Kamm schert, tut dem größten Teil dieser MENSCHEN unrecht.

     

    Die USA haben tatsächlich ein Problem mit der illegalen Einwanderung. Es ist einfach verhältnismäßig einfach, wenn auch gefährlich, die mexikanisch-us-amerikanische Grenze illegal zu überqueren und die südamerikanischen Währungen sind so lächerlich niedrig, dass es sich für die Betreffenden lohnt einen miesen Job anzunehmen. Die Bedinungen wären im Heimatland nicht besser; es ist zum Beispiel, in Mexiko nicht die Regel zu arbeiten und gleichzeitig versicherungstechnisch abgesichert zu sein. Es laufen zwar Kampangen gegen die Praktik sich über die Grenze schleusen zu lassen, aber so lange die USA ihr attraktives Image nicht verliert, wird sich daran auch nichts ändern. Da mag die Krise noch einmal kommen und da mögen die Gesetze noch so verschärft werden. Das Gesetz verhindert wahrscheinlich kaum, dass Abgeschobene wieder zurückkehren oder weitere Illegale anreisen. Das einzige, was es bewirkt, ist die Schaffung einer Atmosphäre der Angst und Repression. Auch den rassistischen Resentiments wird Auftrieb gegeben, wenn Minderheiten, die einer breiten Masse als Sündenböcke dienen, (noch mehr) wie kriminelle behandelt werden. Ich werde auch den Verdacht nicht los, dass es sich hierbei einfach um einen populistischen Schachzug handelt.

  • A
    Andreas

    @oberhart: Bitte vorsichtig mit der Rassismuskeule. Man muß sehen wie das gemacht wird. Aber es ist gute Polizeiarbeit (und nix mit Rassismus), sich auf die Personen zu konzentrieren, die auch in Frage kommen. Wenn ein Handtaschenraub gemeldet wird und die Beraubte sagt aus es wäre ein großer Mann gewesen, ist es kontraproduktiv, nach Frauen oder kleinen Männern zu schauen!

     

    @manni: Wortklauberei. Wenn jemand ein Visum hat oder sich sonst nach den Gesetzen des Landes zutreffend wo aufhält, ist sein Aufenthalt legal. Wenn er sich nicht an die geltenden Gesetze hält, ist sein Aufenthalt illegal. Schreibfaule schreiben dann eben Illegale und nicht "Personen deren Aufenthalt im Land X / am Ort Y illegal ist". Schlagworte und altbekannte Parolen helfen da auch nicht weiter. Und mit Arbeiten oder nicht hat das nichts zu tun. Wer als illegal Aufhältiger (ich kann das wenn ich mich anstrenge:) ) arbeitet, tut er das meistens schwarz. Neben der Tatsache, daß das auch illegal ist, schauen diejenigen, die eine Arbeit suchen, aber eine richtige mit Versicherung und Anmeldung, in die Röhre. Bekanntlich gibt es in den USA inzwischen fast 10 % Arbeitslose, und das auch nur bei der großzügigen Behördenzählung, in echt sind es noch eine ganze Menge mehr. Die Profiteure sind die Arbeitgeber. Billige Hausmädchen, Bauarbeiter und Gärtner...

  • S
    Shrike

    Wo ist das Problem ?

     

    Auch die USA haben als souveräner Staat ein ganz normales Recht darauf, die Einwanderung zu reglementieren und zu kontrollieren.

     

    Auch in den USA gibt es ILLEGALE Einwanderung, nicht etwa "illegale" Einwanderung, mich stört die dreiste Selbstverständlichkeit, mit der viele Linke hier die Souveränität von Gesellschaften in der Einwanderungsfrage leugnen.

     

    Wer illegal in die USA einwandert, macht sich eventuell strafbar, kann aber auf jeden Fall ausgewiesen bzw. abgeschoben werden, wie auch in den meisten anderen Ländern.

     

    Da hilft der billige Rassismus-Vorwurf auch nichts, ein illegaler weißer Einwanderer hat da zu Recht auch das Nachsehen.

     

    Wenn man in ein anderes Land einwandern will, sollte man schon vorher einen Antrag stellen und dann bei erfolgter Zusage legal ins Land kommen.

     

    Einwanderung ist ein wichtiger Prozess, der eine Gesellschaft dauerhaft verändert.

     

    Wenn dieser Prozess nicht kontrolliert und gesteuert werden kann, wie kann er dann demokratisch legitim sein ?

     

    Die Bevölkerung sollte die Einwanderung (von der sie ja betroffen ist) schon wollen, wo bleibt sonst die Demokratie ?

  • MB
    Mr. Burns

    Da ja sowieso von den USA alles übernommen wird, sollten wir uns überlegen auch die nützlichen und für das Gesellschafts- und Gemeinwohl relevanten Dinge einzuführen.

    Gesetz-Import nach Deutschland - sofort.

     

    Illegal bleibt illegal! Keine Duldung für Illegale!

  • K
    Kommentator

    @manni:

     

    "Und noch was: KEIN MENSCH IST ILLEGAL! NIRGENDWO!"

     

    Doch, wenn jemand Sozialhilfe bezieht die ihm nicht zusteht schon.

     

    Wenn das stimmt was Uwe schreibt dann denke ich auch dass die Latinos nicht illegal sind da sie den fremden Staat ja nicht ausnutzen.

     

    In Deutschland würde ich ähnlich argumentieren, wer herkommt um zu arbeiten ist "legal" hier, wer herkommt um sich vom Sozialsystem auffangen zu lassen gehört ausgewiesen.

  • M
    manni

    Ohne die billige Arbeitskraft der sogenannten "Illegalen" bricht die US-amerikanische Wirtschaft zusammen. Das weiß auch die Politik. Und deshalb werden die nie wirklich etwas ernsthaftes in dieser Richtung unternehmen.

     

    Und noch was: KEIN MENSCH IST ILLEGAL! NIRGENDWO!

  • U
    Uwe

    Tut mir leid um die Latinos, die kommen in die USA und arbeiten sehr hart weil sie ein besseres Leben wollen.

     

    Sozialschmarotzer sind es nicht denn es gibt nur 5 Jahre Arbeitslosengeld dann bekommt man nichts mehr.

  • V
    vantast

    Wenn man dachte, noch mieser könnten die Republikaner nicht werden, wird man wieder enttäuscht. Diese Leute kennen in ihrem Menschenhaß nichteinmal Scham für ihre Position. Haben die Vorfahren dieser Leute überhaupt eine Einwanderungsgenehmigung von den Indianern bekommen? Nein, sie sind illegal in einem Land, das den Indianern gehört.

  • A
    Andreas

    Das Gesetz ist doch gar nicht ungewöhnlich. Es wird - und zwar nur wenn sich ein Verdacht ergibt - überprüft, ob jemand legal oder illegal im Land ist. Arizona hat eine Vielzahl von sich illegal Aufhaltenden, so daß es eben auch eine Vielzahl von Problemen gibt: Personen, die ohne Führerschein und Versicherungsschutz Auto fahren, Schwarzarbeit, eben auch Drogenhandel usw. Bei den "Protesten" sollte man bedenken wer dort protestiert. Es sind einmal die Betroffenen selbst (verständlich), dann die Einwanderungslobby (Rechtsanwälte, Latino-Organisationen). Viele Bürger sind dafür, daß geltenden Einwanderungsbestimmungen erstmals Nachdruck verliehen wird, man lese z.B. die Kommentare und Leserbriefe zu Zeitungsartikeln.

  • H
    HamburgerX

    Was die einheimische Bevölkerung in den USA als auch in Deutschland schon alles durch illegale Migration ertragen musste, ist zum Himmel schreiend. Es muss endlich dagegen härter vorgegangen werden - Gesetzesverstoß ist Gesetzesverstoß, da darf es keine Schutzräume geben. "Verbrecherstatus" ist wohl etwas übertrieben, aber mehr Kontrollen sind richtig. Niemand wird gezwungen, in die USA einzuwandern oder nach Deutschland.

  • O
    Oberhart

    Prinzipiell ist ja nichts dagegen einzusetzen, dass schärfer gegen Menschenhandel vorgegangen werden soll. Was allerdings in diesem Artikel nicht richtig klar wird, ist wie dies in der Praxis aussehen wird. Die Polizei ist dann nämlich angehalten, Verdächtige an Ort und Stelle zu überprüfen. Und wer ist der illegalen Einreise verdächtig?! Genau: Latinos und -as. Hier wird ganz massiv ein ethische Gruppe diskriminiert. Das geplante Gesetz ist klar rassistisch.

     

    Wer meinte, dass die republikanische Partei nach den desaströsen Bush-Jahren nicht mehr tiefer sinken kann, der sieht sich getäuscht.

     

    Eine Teilschuld am immer noch dreisten Auftreten der Republikaner trägt meiner Meinung nach übrigens Obama. Dessen Verzicht auf eine sofortige und knallharte Aufarbeitung der Verbrechen der Regierung seines Vorgängers hat einer Menge rechter Politverbrechern den Hals gerettet. Jetzt muß er sich mit ihnen rumschlagen und - schlimmer noch - die entsprechenden Damen und Herren kommen ungeschoren davon, was ein ganz falsches Signal setzt.