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Als ich im Vatikan sang

Diese prachtvolle Treppe, hinauf zum Vorraum der Sixtina, die hell erleuchtete Sixtina selbst mit den großartigen Werken Michelangelos, die Erschaffung Adams, das weltberühmte Deckengemälde, der Gottvater, der den Finger ausstreckt, um Adam zum Leben zu erwecken – die Atmosphäre des Vatikans beeindruckte uns Regensburger Domspatzen mächtig. Und schließlich wurden wir zum Umkleideraum geleitet, der nicht nur uns zu diesem Zweck diente. Es ist auch der Raum, wo der neue Papst sein weißes Gewand umgehangen bekommt, bevor er das erste Mal den Balkon betritt.

Es war das Jahr 2009, wir waren nach Rom gereist, weil der Bruder des Papstes – und langjähriger Leiter des Regensburger Domchors – Geburtstag hatte. Es war selbstverständlich, dass wir also zum 85. Geburtstag von Georg Ratzinger ein Konzert im Vatikan sangen: die c-Moll-Messe von Wolfgang Amadeus Mozart.

Papst Benedikt XVI. hatte die Räumlichkeiten dafür zur Verfügung gestellt, wir sollten in der Sixtinischen Kapelle auftreten. Doch erst mussten wir uns umziehen. Wir trugen damals rote Gewänder, genau wie die Kardinäle auch, deshalb machte uns unser Chortheologe darauf aufmerksam, dass wir auf keinen Fall zu nah am Fenster zu ebenjenem Balkon stehen sollten. Das könnte, vom Petersplatz aus gesehen, wie ein Treffen von Kardinälen aussehen und zu Gerüchten führen. Die Gläubigen könnten sich fragen: Ist dem Papst etwa was zugestoßen? Ist er krank?

Wir sangen also das Konzert in dieser großartigen Kulisse, das auch vom Bayrischen Rundfunk übertragen wurde. Am Ende hielt Papst Benedikt eine Geburtstagsansprache für seinen Bruder, die wir von Nahem hören durften. Dann postierten sich beide für ein Foto neben uns.

Da richtete plötzlich der Heilige Vater eine Frage an uns: Er fragte liebenswert, ob wir am Montag schon wieder in die Schule gehen müssten oder ob wir denn nicht einen Tag frei bekämen. Nachdem wir dem leidvoll widersprachen, drückte er noch sein Bedauern um diesen Umstand aus – und blieb uns so fürsorglich und freundlich in Erinnerung. Wie ein Vater eben.

Letzten Endes hatten wir durch den Zuspruch des Papstes doch etwas erreicht: Beim Schuldirektor, der mit in Rom war, handelten wir heraus, dass die ersten beiden Schulstunden am Montag ausfielen.

Maximilian Wellnhofer, 16, ist ein Regensburger Domspatz

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