Abschlussgottesdienst des Kirchentags: Segen im Regen
Beim Abschlussgottesdienst loben sich alle gegenseitig. Ein bisschen wird auch über Abendmahl und Missbrauch gesprochen. Dann gibt es Sacro-Pop und Alpenhörner.
MÜNCHEN taz/apn |So manche Hoffnung ist auf dem Kirchentag gestorben. Insbesondere die auf gutes Wetter. Auch beim Abschlussgottesdienst des 2. Ökumenischen Kirchentags am Sonntag ließ der liebe Gott seine Schäfchen im Regen stehen.
Trotzdem feierten 80.000 Menschen unter dem Motto „Meine Seele preist die Größe des Herrn“ auf der Münchener Theresienwiese. Es predigten Bischöfe aus vier christlichen Kirchen, darunter Erzbischof Zollitsch, Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz sowie der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Nikolaus Schneider.
Die beiden Präsidenten des Kirchentages, Alois Glück und Eckhard Nagel, zeigten sich rundum selbstzufrieden: „Die Ökumene in Deutschland ist wetterfest.“ Sie forderten einen neuen Aufbruch für ein gemeinsames Abendmahl der christlichen Kirchen gefordert. Viele Menschen litten daran, dass es keine Eucharistiegemeinschaft gebe, so der Katholik Glück. "Ich appelliere an alle, die in Theologie und Kirche Verantwortung tragen: Wir brauchen hier dringend eine Lösung!", sagte er unter dem Applaus der 80.000 Gläubigen beim Gottesdienst. Glück bedankte sich außerdem bei allen HelferInnen mit einem herzlichen „Vergelt's Gott!“.
Der Protestant Nagel sagte, durch den Kirchentag habe die Ökumene in Deutschland ein neues Gesicht bekommen. "Dazu gehört die Tischgemeinschaft." Am Freitagabend war als Signal für den Wunsch nach einem gemeinsamen Abendmahl in der Innenstadt an 1.000 Tischen gesegnetes Brot ausgeteilt worden, das sich Christen aller Konfessionen teilten.
"Das Bild der tausend Tische geht in die Welt und wird die weitere ökumenische Entwicklung entscheidend voranbringen, davon sind wir überzeugt", sagte Nagel. "Es sind nicht die Kirchen, die an den Tisch einladen, sondern Christus selbst." Die orthodoxe und die katholische Kirche lehnen eine Abendmahlsgemeinschaft mit den Protestanten bislang ab.
Glück ging auch auf die Missbrauchsfälle ein: Die katholische Kirche sei dadurch in einer schweren Vertrauenskrise. "Wir leiden an unserer Kirche, wir leiden mit unserer Kirche. Aber sie ist weiter unsere Kirche", sagte er. Er hoffe, dass die Krise zu einer neuen, "einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Laien, Priestern und Bischöfen führt".
Auch die methodistische Bischöfin Rosemarie Wenner griff das Thema Missbrauch auf. In der Vergangenheit hätten die Mächtigen - auch in der Kirche - den Armen, Schwachen und Frauen oft geraten, zu dulden, wo eigentlich Widerstand angebracht gewesen wäre. Frommer Trost habe Widerstand unterdrückt. "Mit Scham und Erschrecken hören wir von unzähligen Menschen, die in kirchlichen Einrichtungen missbraucht wurden", sagte die Bischöfin und fügte hinzu: "Gott sei Dank brechen heute viele Opfer ihr Schweigen."
Im Sinne des Projekts „ÖKT barrierefrei“ wurden die Wortbeiträge und Lieder in Gebärden übersetzt. Die evangelische Gebärdenkantorei Bayern war Teil des musikalischen Potpourris.
Überhaupt wurde musikalisch die ganze Bandbreite des Kirchentags aufgefahren. Ein musikalisches Ereignis reihte sich ans andere: Sacro-Pop, Bach-Magnificat, Jazz, Gospel, Alphörner und 3.000 sonstige Bläser. Dazu ein bisschen ausdrucksvolles Schenkelklopfen, für die Seele, für den Leib.
Die Verantwortlichen der nächsten Kirchentage warben zum Abschluss für Dresden und Mannheim: In Dresden wird im Juni 2011 der 33. Evangelische Kirchentag gefeiert. Im Mai 2012 findet in Mannheim der 98. Deutsche Katholikentag statt.
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