Handschlag: Rocker fressen Kreide

Kurz bevor sich die Innenministerkonferenz mit ihnen beschäftigt, schwören die verfeindeten Rockergangs Hells Angels und Bandidos in Hannover der Gewalt ab.

Zusammengeschlossen um illegale Geschäfte zu betreiben? Hells Angels und Bandidos sind jetzt Freunde. Bild: dpa

Rechtzeitig vor der heute in Hamburg beginnenden Innenministerkonferenz haben die verfeindeten Rockergangs Hells Angels und Bandidos am Mittwoch offiziell Frieden geschlossen. In der Kanzlei des hannoverschen Promi-Anwalts Götz von Fromberg reichten sich Vertreter beider Seiten die Hand - und beendeten damit einen Bandenkrieg, bei dem es Tote und Verletzte gegeben hatte.

Während der Europa-Vize-Präsident der Bandidos, Peter Maczollek, für den historischen Handschlag aus Gelsenkirchen anreisen musste, war die öffentlichkeitswirksame Geste für den starken Mann bei den Hells-Angels ein Heimspiel: Frank Hanebuth ist nicht nur Präsident des größten deutschen Hells Angels Charters Hannover, sondern auch Mandant und Freund des Anwalts von Fromberg, der die Kanzlei betreibt - zusammen mit Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Als "Medienspektakel" bezeichnet der Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums, Dirk Heillmann, den Handschlag der Rockerchefs. Ähnlich sieht es der Sprecher des schleswig-holsteinsichen Landeskriminalamtes, Stefan Jung: "Ich weiß nicht, ob sie beschließen, keine Straftaten mehr zu begehen." Schleswig-Holstein hatte im April die Ortsverbände der Hells Angels in Flensburg und der Bandidos in Neumünster verboten. Sie hätten sich "zusammengeschlossen, um kriminelle Geschäfte zu betreiben". Zu den Delikten zählten "Förderung der Prostitution, Schutzgelderpressung sowie Drogen- und Waffenhandel".

Mit dem Thema "Rockerkriminalität" befasst sich die heute in Hamburg beginnende Innenministerkonferenz.

Auslöser für die Diskussion war der tödliche Schuss eines Mitglieds der Hells Angels auf den Beamten eines Sondereinsatzkommandos in Rheinland-Pfalz im März.

In Hamburg sind die Hells Angels seit 1983 verboten. Ihren Treffpunkt im Schanzenviertel mussten sie daraufhin aufgeben, dennoch sind sie unter anderem Namen weiterhin im Rotlichtmilieu aktiv. Unter Prostituierten gelten sie als extrem gewalttätig.

Die Karriere von Hanebuth, einem ehemaligen Boxer, der es zum Herrscher über Hannovers Rotlichtviertel gebracht hat, könnte den Rockerkollegen zeigen, wie man es besser macht. Seitdem er 2001 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, weil er einem anderen Mitglied der Hells Angels das Gesicht mit bloßen Fäusten zertrümmert hatte, hat sich Hanebuth offiziell nichts mehr zuschulden kommen lassen. Jahrelang ermittelte das niedersächsische Landeskriminalamt, doch zur Anklageerhebung kam es nie - Hanebuth hat sich längst auf legale Geschäfte verlegt. "Die Drecksarbeit machen längst andere, den kriegen wir nicht mehr", zitierte der Weser Kurier einen resignierten Ermittler.

Dass die Innenminister bei ihrer Konferenz ein Verbot der Rockergangs beschließen, gilt als unwahrscheinlich. "Das erwarte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht", ließ der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) erklären. Für ein Verbot sei es notwendig, nachzuweisen, dass Straftaten von den Rockergruppen ausgehen. "Das ist nicht überall gegeben."

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