FREIE WOHLFAHRTSPFLEGE: AWO schaffte Sanierung nicht
Die AWO hat laut Verdi nach der Ausgründung der Tochterfirma asc keine kostendeckenden Preise für deren Leistungen gezahlt. Nun ist die asc insolvent.
Bis Ende Juni hat der Insolvenzverwalter Detlef Stürmann Zeit, dann muss er eine Lösung finden für die Firma ASC GmbH. Die 100-prozentige Tochter der Arbeiterwohlfahrt (AWO) beschäftigt 221 Menschen, die meisten beim Catering, einige bei Hausmeisterdiensten im Asylbereich oder im IT-Bereich für die AWO. Vor einem Jahr wurde die Firma aus der AWO ausgegliedert, im April meldete sie Insolvenz an. "Abnehmer" der Leistungen ist fast ausschließlich die AWO, Küchengeräte und Immobilien gehören der AWO, der Geschäftsführer der ASC GmbH ist der der AWO. Ein klassischer Fall so genannter Scheinselbständigkeit.
Gebildet wurde die ASC GmbH im Rahmen einer Sanierungsstrategie für die AWO. Bei solch einer Ausgründung haben die Beschäftigten ein Jahr lang das Anrecht, im Insolvenz-Fall in ihren alten Arbeitsvertrag zurückzukehren. Die Geschäftsführung der AWO wartete nach dieser Jahresfrist genau zwei Wochen - und meldete dann Insolvenz an. "Bewusste Strategie?", fragt die Gewerkschaft Ver.di. Eigentlich kannten nur die Geschäftsführer der AWO in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der ASC die Finanzlage. Und die war überschaubar: Es gab die Lohnzahlungen und die Lebensmittel-Einkäufe, es gab die Einnahmen von der Sozialbehörde und aus dem Catering-Verkauf an die AWO-Einrichtungen. Jeden Monat eigentlich dasselbe.
Den Eindruck, dass die Insolvenz von langer Hand geplant war, weist Doppel-Geschäftsführer Burghard Schiller als "vollkommen falsch" zurück. Klar, bei den Finanzen gab es zum April keine großen Veränderungen. Insolvenz habe er anmelden müssen, weil der Kreisverband der AWO keine Zuschüsse mehr zahlen will. Für das erste Jahr nach der ASC-Gründung - die Zeit, in der die Arbeitnehmer einen Rückkehr-Anspruch hatten - hatte der Kreisverband eine "dreistellige Summe" zugeschossen, sagt die AWO-Vorsitzende Eva-Marie Lemke-Schulte (SPD). Die Insolvenz danach sei "alternativlos, auch wenn das bitter ist", weitere Zuschüsse würden die gesamte AWO gefährden. Man habe in dem Jahr auf "Restrukturierung" gehofft, neue Arbeitsverträge, rationellere Strukturen. Betriebsrat Jens Riegow hat davon nichts gemerkt. Gespräche mit Betriebsrat oder Gewerkschaft über die Tarife habe es nicht gegeben - bei der ASC-Ausgründung sei ein "Kuddelmuddel" übernommen worden. Einige Mitarbeiter bekommen 7,80 Euro, andere BAT. Der Betriebsrat hatte keinerlei Einblick in die Finanzlage, über rationellere Arbeitsabläufe konnte also nicht geredet werden.
Warum die ASC insolvent ist, liegt für den Betriebsrat dennoch auf der Hand: Die AWO zahle miserabel für die Leistungen. Für Frühstück, Mittagessen und Abendessen in einem Pflegeheim bekomme die ASC sechs Euro. Bei drei Euro Kosten für die Nahrungsmittel sei das kein Preis, mit dem man die Arbeit finanzieren könne. Andere Preise aushandeln geht aber nicht: Auf beiden Seiten des Tisches sitze AWO-Geschäftsführer Schiller.
"Ich weiß nicht, ob das zu wenig ist", sagt der zu den sechs Euro. "Hören Sie sich mal um im Markt." Andere zahlen zehn, sagt Ver.di. Und geringere Löhne.
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