Studie zur Stromerzeugung in Deutschland: Ökostrom immer und für alle
Fossile Kraftwerke und Atomreaktoren sind nicht nötig, um Deutschland sicher mit Elektrizität zu versorgen, sagen Experten. Sie setzen lieber auf Methan und Wasserstoff.
Zu Beginn eine Empfehlung des Präsidenten an alle, die einen zukunftssicheren Job suchen: Mediatoren und Moderatoren würden in den kommenden Jahrzehnten gewiss in ganz Deutschland gebraucht, ist sich Jochen Flasbarth, Chef des Umweltbundesamtes (UBA), sicher. Denn der geplante Ausbau der Stromnetze und der Ökoenergien werde in vielen Kommunen und Regionen das Landschaftsbild verändern und den Protest der Bevölkerung hervorrufen. Dabei sei dies notwendige Konsequenz aus dem Umbau der Energieversorgung. Während bisher nur einige Regionen, wie zum Beispiel Bergbaugebiete, die Folgen der Stromerzeugung tragen mussten, werde diese Last künftig breiter verteilt: "Die Energieversorgung wird sichtbar für die Menschen", sagte Flasbarth am Mittwoch.
Eine dezentrale Stromerzeugung in Deutschland, die sich bis 2050 komplett aus erneuerbaren Quellen speist, ist Ausgangspunkt einer neuen UBA-Studie. Die Kernaussage: Technisch und ökologisch ist das machbar. Zu diesem Schluss kommt das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik, das im Auftrag der obersten Umweltbehörde gerechnet und dabei den Schwerpunkt auf eine Nutzung regionaler Energiepotenziale gelegt hat. Weitere Studien, die von internationalen großtechnischen Projekten wie Desertec oder kleinteiligen lokalen Konzepten ausgehen, sollen folgen.
Eine Besonderheit der jetzt vorgelegten Untersuchung ist die Datenbasis. Die Experten haben die Wetterdaten der Jahre 2006 bis 2009 ausgewertet, um zu untersuchen, ob die Abhängigkeit von Sonne und Wind zu einer unsicheren Stromversorgung führt, wie oft von der Stromwirtschaft behauptet.
Die Wissenschaftler kommen nun zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall ist. Wind- und sonnenarme Phasen nämlich könnten zum Beispiel durch Wasserstoff oder Methan aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. Das könnte unterirdisch gespeichert und bei Bedarf in Gaskraftwerken verbrannt werden. Die zur Herstellung des Gases notwendige Elektrolyse werde bereits im großtechnischen Maßstab in der chemischen Industrie angewendet, die technische Machbarkeit der Methanisierung zumindest in Pilotanlagen demonstriert.
Darüber hinaus geht die Studie aber von konservativen Annahmen aus. Grundlage ist am Markt verfügbare Technik, eine Veränderung des Konsumverhaltens wurde ebenso wenig eingeplant wie mögliche Technologiesprünge.
Keine detaillierten Aussagen macht die Studie zu möglichen Kosten. Denn ökonomische Faktoren, wie zum Beispiel der Ölpreis, ließen sich nur schwer für vier Jahrzehnte vorhersagen. Allerdings gehen die Autoren davon aus, dass 100-Prozent-Ökostrom in Deutschland billiger sei als die Kosten, "die bei einem ungebremsten Klimawandel auf uns und künftige Generationen zukommen würden".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen