US-Truppen in Afghanistan: Uneinigkeit über Abzugstermin
US-Verteidigungsminister Gates hält den Juli 2011 als Abzugstermin für gesetzt. Doch Petraeus, Kommandeur vor Ort, will den Rückzug von den Bedingungen abhängig machen.
WASHINGTON/KABUL afd/dpa | Zwischen der US-Militärführung und dem Pentagon herrscht offenbar Uneinigkeit über den Termin für einen Abzug der Truppen aus Afghanistan. Während Verteidigungsminister Robert Gates am Montag auf den Juli 2011 als Datum für den Beginn des Abzugs pochte, sagte der Afghanistan-Kommandeur der Nato, David Petraeus, der Termin sei flexibel.
Die neue Afghanistan-Strategie von US-Präsident Barack Obama sieht den Beginn des Truppenabzugs für Juli 2011 vor. Petraeus sagte indes in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem TV-Sender NBC, der angekündigte Beginn des Rückzugs sei ein "Prozess und kein Ereignis" und zudem "an bestimmte Bedingungen gebunden".
Daher sei der von Obama genannte Abzugstermin nicht in Stein gemeißelt. "Ich glaube, der Präsident hat klargemacht, dass es sich um einen Prozess handeln wird, nicht um ein Ereignis, und dass dieser Prozess von den Rahmenbedingungen abhängen wird", sagte Petraeus im ersten Interview seit der Ernennung zum Oberbefehlshaber am Hindukusch. Dagegen sagte Gates der Los Angeles Times, niemand stelle den Beginn des Abzugs im Juli 2011 in Frage. Bereits im Frühjahr kommenden Jahres könne möglicherweise mit der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen begonnen werden. Diese könnten dann zunächst in "weniger gewaltsamen Gebieten" die Kontrolle übernehmen.
Nach Angaben der unabhängigen Website icasualties.org starben seit der US-geführten Invasion Ende 2001 insgesamt 2.002 Nato-Soldaten, darunter allein 1.226 US-Soldaten und 331 Soldaten des zweitgrößten Truppenstellers Großbritannien. Allein in diesem Jahr starben demnach bislang 434 Soldaten der internationalen Schutztruppe Isaf, im bislang blutigsten Jahr 2009 waren es insgesamt 521. Derzeit sind am Hindukusch mehr als 140.000 ausländische Soldaten im Einsatz.
Petraeus kündigte auf NBC auch eine neue Strategie für die Versöhnung mit Taliban und deren Wiedereingliederung an. Dieses stehe "unmittelbar bevor". Dagegen lehnte die Isaf ein Angebot der Taliban für eine gemeinsame Untersuchung zu zivilen Opfern ab. Die UNO hatte Aufständische für fast drei Viertel der getöteten und verletzten Zivilisten verantwortlich gemacht.
Bei einem Luftangriff in Nordafghanistan tötete die Nato nach eigenen Angaben einen Al-Qaida-Anführer. Abu Bakir, der auch Taliban-Kommandeur gewesen sei, sei bei dem Angriff auf sein Fahrzeug in der Provinz Kundus getötet worden, teilte die Isaf mit. Bei dem Luftangriff am Sonntag sei ein weiterer Aufständischer getötet worden. Die Aufständischen waren der Nato zufolge dabei, eine Polizeistation anzugreifen. Mehrere Aufständische, die verletzt worden seien, hätten festgenommen werden können, als sie sich in einem Krankenhaus behandeln lassen wollten.
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