piwik no script img

Petra Peterich über ihren taz Panter Preis"Ich muss die Menschen ziehen lassen"

Die Jury ehrte Petra Peterich, weil sie sich zu Hause um jugendliche Straftäter kümmert. Muttergefühle hat sie trotzdem nicht.

Preisträgerin Petra Peterich mit Ehemann. : rolf zöllner
Emilia Smechowski
Interview von Emilia Smechowski

taz: Frau Peterich, bei der Verleihung sah es aus, als würden Sie den Preis gar nicht haben wollen. Haben Sie sich mittlerweile mit dem Panter versöhnt?

Petra Peterich: Ja, schon. Ich konnte das alles in dem Moment einfach nicht glauben. Auch nicht, dass so viele Menschen gekommen sind, um ehrenamtliches Engagement zu feiern. Normalerweise erfahre ich nur Schulterzucken gegenüber den Problemen in Deutschland. Außerdem war Barbara Gladysch meine Favoritin. Dass sie mit ihren 70 Jahren immer wieder nach Tschetschenien reist und ihr Leben riskiert, finde ich unglaublich.

Wofür werden Sie die 5.000 Euro ausgeben?

Bei meiner Arbeit mit den Jungs fehlt immer Geld für Fitnessstudio, Kinogänge oder Theater. Außerdem würde ich gern ein paar Musikinstrumente kaufen und die Garage zum Übungsraum umbauen. So müsste ich ihre Rapgesänge nicht den ganzen Tag hören. Da kommen manchmal Wörter vor, die ich nicht gut finde. Aber in der Musik können sie Gefühle ausdrücken, die sie einer alten Frau wie mir vielleicht nicht anvertrauen wollen.

Petra Peterich

66, kommt aus Lüneburg und betreut seit 30 Jahren jugendliche Straftäter bei sich zu Hause.

Sie betreuen die Straftäter im eigenen Haus. Haben Sie manchmal Angst, Berufliches und Privates nicht klar genug voneinander zu trennen?

Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt will. Das Zusammenleben funktioniert bei uns wie in einer Wohngemeinschaft, das ist es ja, was den Jugendlichen hilft. Muttergefühle habe ich nicht, ich weiß ja immer, dass sie früher oder später gehen. Das ist auch gut so. Eine Sozialpädagogin soll nicht klebrig sein. Sie soll die Menschen ziehen lassen.

Wann hören Sie auf?

Das mache ich von meinem Mann abhängig, der ja 81 ist. Und natürlich davon, ob die Jungs irgendwann denken: Was soll ich mit dieser komischen Alten?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen