Drohende Kürzung der Städtebauförderung II: "Sozialer Frieden ist gefährdet"
Die Kürzung der Städtebauförderung führt zu mehr Verdrängung, warnt Michael Arndt (SPD).
taz: Herr Arndt, die Bundesregierung will die Städtebauförderung halbieren. Was hätte das für Auswirkungen für Berlin?
Michael Arndt: Das hätte gravierende Folgen. Die staatlichen Möglichkeiten, Altbauquartiere zu sanieren und die Innenstadtentwicklung zu beeinflussen, würden eingeschränkt. Vor allem aber wäre der soziale Frieden in Problemkiezen gefährdet.
Michael Arndt Der 59-jährige ist bau- und wohnungspolitischer Sprecher der SPD im Abgeordnetenhaus
Inwiefern?
Wenn das Programm "Soziale Stadt" gekürzt wird, wäre auch das Quartiersmanagement betroffen. Das sorgt für Kommunikation zwischen den einzelnen Gruppen in den Stadtteilen. Die Einsparungen wären totaler Wahnsinn gerade angesichts der derzeitigen Debatte über Integration. Man beklagt Versäumnisse der Vergangenheit - und streicht gleichzeitig das Geld für eben jene Programme, die den Zusammenhalt in der Stadt herstellen sollen.
Für was wird die Städtebauförderung noch verwendet?
Etwa für die Sanierungsgebiete. Städtebauförderung dient auch dazu, Wohngegenden wiederherzustellen und aufzuwerten, gleichzeitig aber die ansässigen Milieus zu erhalten. Die Menschen sollen nicht allein dem Markt und dem Investorenverhalten überlassen werden. Gerade in den Ostbezirken haben wir noch einige Gebiete im Programm, wo immer noch Nachholbedarf besteht.
Wenn der Bund weniger zahlt, bleiben die Häuser unsaniert?
Manche sicherlich schon. Bei anderen kämen die Investitionen nur von Privaten. Die schlagen die Kosten einfach auf die Miete oben drauf. Wenn man Sanierungen alleine dem Markt überlasst, können Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen nur noch dort leben, wo überhaupt nichts mehr investiert wird. Verdrängung und Gentrifizierungsprozesse würden sich deutlich verstärken. Das ist nur eine Frage der Zeit. Man muss sich nicht wundern, wenn die Polarisierung in einzelnen Vierteln neuen Sprengstoff produziert.
Wie kann sich Berlin gegen die Kürzungen wehren?
Berlin wird im Bundesrat einen Konsens mit den CDU-Ländern anstreben, die ebenfalls beklagen, dass die Städte zukünftig weniger Geld haben. Die Länder können die Städtebauförderung schließlich nicht aus der eigenen Haushaltskasse zahlen. Dazu ist das Programm viel zu groß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!