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Proteste gegen Castor-Transport1.100 Schotter-Verfahren

Die Schotter-Kampagne hat weiter großen Zulauf, obwohl die Staatsanwaltschaft Lüneburg gegen alle Unterzeichner der Erklärung zur Gleisbettbeschädigung ermitteln will.

Die Staatsanwalt gibt rotes Licht, doch das stört die Schottersammler nicht. Bild: michi müller/photocase.com

BERLIN taz | Die Ankündigung der Staatsanwaltschaft Lüneburg, gegen sämtliche Unterzeichner der Absichtserklärung "Castor? Schottern!" Ermittlungsverfahren einzuleiten, schreckt die Atomkraftgegner offenbar nicht ab: Bis Montag hatte sich die Zahl der im Internet eingetragenen Unterstützer auf über 1.100 Einzelpersonen und 240 Gruppen erhöht. "Die Drohgebärden von Staatsanwaltschaft und Polizei zeigen keinerlei Wirkung", sagte Tadzio Müller, Sprecher der Kampagne, die zum Ziel hat, in einer Aktion von massenhaftem zivilem Ungehorsam das Gleisbett an der Castor-Transportstrecke im Wendland durch Entfernen des Schotters unpassierbar zu machen.

Aufruf oder Ankündigung?

Die Staatsanwaltschaft erklärte am Montag, dass sie ihre Ermittlungen auf sämtliche 1.104 Unterzeichner ausgedehnt hat. "Wir ermitteln gegen jeden, der daruntersteht", sagte Staatsanwältin Angelika Klee der taz. Sie sieht in der Erklärung von "Castor? Schottern!" eine Aufforderung zu einer Straftat, nämlich zur "Störung öffentlicher Betriebe" sowie möglicherweise zur Sachbeschädigung. Die Darstellung der Initiatoren, dass es sich bei der Erklärung nicht um einen Aufruf, sondern nur um die Ankündigung eigener Taten handele, wies Klee zurück. Formulierungen wie "Was können alle tun? Ihr macht euch die Idee zu eigen" hätten eindeutig Aufrufcharakter, sagte die Staatsanwältin. Die öffentliche Aufforderung zu Straftaten könne, selbst wenn sie ohne Erfolg bleibe, mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Bisher ist aber unklar, ob es überhaupt zu Anklagen oder gar zu Verurteilungen kommt. In jedem Fall würde zwischen Initiatioren und einfachen Unterzeichnern unterschieden, sagte Klee; auch Alter und Vorstrafen würden berücksichtigt.

"Schottern"-Sprecher Kleine wies die Vorwürfe zurück. "Wir bleiben dabei: Es handelt sich um eine Ankündigung und eine Information, was andere tun können", sagte er der taz. Die Bewertung der Aktion sei "keine juristische, sondern eine politische Frage". MKR

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21 Kommentare

 / 
  • MC
    Manfred Corte

    ... es ist keineswegs so, daß die angekündigte Strafverfolgung keine Reaktion hervorgerufen hat - ich jedenfalls habe das zum Anlaß genommen, sofort zu unterzeichnen! Ich will auch zu einer verfolgten Minderherheit gehören! Nachweislich! Das kann später einmal sehr nützlich sein, wenn wieder einmal so etwas wie eine "Entnazhifizierung" stattfindet. Dann will ich einen Nachweis haben, daß ich versucht habe, die Demokratie zu bewahren, bzw. wieder herzustellen ...

  • Y
    Yamazaki

    "...eine Aufforderung zu einer Straftat, nämlich zur "Störung öffentlicher Betriebe" sowie möglicherweise zur Sachbeschädigung..." wie es die Staatsanwaltschaft nennt, sehe ich in erster Linie in der praktizierten Atommüllentsorgung und -Politik.

    Man könnte auch durchaus darüber nachdenken "Körperverletzung, versuchten Totschlag, Mordversuch" und weitere Straftatbestände zu dieser Liste hinzuzufügen, die den staatl. Organen zur Last gelegt werden sollten...

  • AG
    André Gaida

    Diese Regierung bricht die Verfassung,stempelt Bürger zu Kriminellen und findet das noch demokratisch.Diese Regierung regiert bei den meisten Gesetzen gegen ihr eigenes Volk.Heute hat sie gegen den willen von 70% der Deutschen die Atommafia bedient.Mit dem heutigen Tage ist der Aufruf zum Generalstreik Verfassungskonform eine Regierung die gegen den Willen von fast 2/3 des Deutschen Volkes POLITIK MACHT ist nicht mehr auf dem Boden unserer Bundesverfassung und führt die Demokratie ad absurdum.

    Wann Frau Merkel setzen sie die Verfassung außer Kraft.Wir das lästige Volk behindert sie doch nur an der Ausbeutung der Menschen in Deutschland.

  • S
    Schrbtschtaeter

    Auch mein Name steht seit kurzem unter dem Aufruf zum Schottern. Ich habe aber in erster Linie nicht als Schotterer unterschrieben, sondern als Demokrat. Es ekelt mich an, wenn Menschen in einem sogenannten Rechtsstaat bedroht und verfolgt werden, nur weil sie ihren Namen in eine Liste eintragen. Ich rufe hiermit alle Demokraten im Lande auf, auch zu unterschreiben, damit den Herrschenden die Lächerlichkeit ihrer erbärmlichen und demokratiefeindlichen Einschüchterungsversuche bewusst wird.

  • T
    Toby

    Was ist das Verbrechen, einen Atomtransport zu verhindern, gegen das Verbrechen, ein Kernkraftwerk zu bauen.

  • D
    dietah

    Es wird langsam mal Zeit die Staatsanwaltschaft aus dem Würgegriff der Executive zu befreien.

     

    Es zeigt sich wieder verstärkt der Hang zur Gesinnungsjuristerei und Politkader Karriererisierung.

  • V
    vantast

    Erinnert an die hartnäckigen Versuche der überforderten Staatsanwaltschaft, die Karikatur einer Torte als Aufforderung zum Bombenattentat zu begründen. Diese Beamten sind insofern zu bedauern, daß sie aus Feigheit es vorziehen, harmlose Bürger zu verfolgen, anstatt sich der Organisierten Kriminalität zu stellen, die auch in Bochum wie auch anderswo regiert. DAS ist die Bedrohung der Gesellschaft! Sie haben die Hosen voll, müssen aber einen Arbeitsnachweis erbringen, die Armen!

  • G
    Gabriele

    Das ist wieder typisch. Keine Lösung, also Angstmachen, drohen bla bla. Der Staat macht sich von Tag zu Tag mehr lächerlich.

     

    Seht lieber zu, dass nicht nur die Finanzinteressen der Konzerne auf Kosten aller befriedigt werden - dann habt ihr auch eure heile Staatswelt wieder.

  • V
    vic

    Sind das dieselben Demokraten, die totalitäre Staaten kritisieren?

  • AE
    Alexander Eichholtz

    Okay, ich bin gegen Solaranlagen, weil sie die alleinerziehende Mutter finanziell ausbeutet zu Gunsten von vermögenderen Investoren. Ich beschließe ab heute, Steine auf Solaranlagen zu schmeißen. Ist das jetzt nicht mehr rechtsstaatlich,weil ich die falsche Ideologie verfolge oder geht das jetzt okay, weil es auf Methoden ankommt, nicht auf Intention? Mhhmmmm...

  • S
    Scharfrichter

    Wer auf so was wie "Schottern" hinweist sollte mal darüber nachdenken ob es nicht irgendwelche Vollpfosten auf Strecken machen die 0,00% mit den Castortransporten zu tun haben nur um zu sehen was passiert. Die Auswirkungen wären unter Umständen ein zweites Eschede. Und wer eine Straftat wie gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr ankündigt sollte doch sicher verwahrt bleiben. Ich hoffe nur das ich mal so eine Knalltüte vorm Zug habe.

  • MT
    Mit Tropa

    Spätestens, wenn der erste Zug wegen abgerutschter Gleise aus den Schienen springt und Menschen zu Schaden kommen, werden einige "Schotterer" den Unsinn dieser "Ankündigung und Information, was andere tun können" hoffentlich begreifen. Es gibt nun einmal keine Gleichheit im Unrecht, schon gar nicht, wenn es gegen Menschenleben geht. Und vielleicht begreifen die "Schotterer" dann auch, dass sie mit ihrer Aktion der gesamten Anti-Castor-Bewegung einen Bärendienst erwiesen haben.

    Schade, dass sich die Staatsanwaltschaft mit solchen verantwortungslosen Schwachköpfen beschäftigen muss.

  • P
    Peter

    soeben unterzeichnet :-)

  • F
    Frank

    Die Staatsanwaltschaft beginnt bereits im Vorfeld einer angekuendigten Demonstration gegen Sympathisanten der Anti-Atomkraft-Demo vorzugehen.

    Ob das juristisch "lächerlich" ist, oder Steuergeld kostet ist vollkommen nebensaechlich. Und vor allem, ueberheblich in Bezug auf die eigenen Mittel zum Widerstand und verharmlosend in Bezug auf die Folgen fuer die Opfer der politischen Verfolgung.

    Allein diese Drohung ist fuer die Unterzeichner ernst zu nehmen. Und das zur Bekaempfung von Kriminalitaet Steuergelder draufgehen..?! Umsonst ist der Tod.

     

    Was hier, und warum, als kriminell -definiert- werden soll ist schon eher einen Gedanken wert.

     

    Mal eine Frage. Wo soll das Zeugs denn hin?

     

    Die Proteste gibt es seit Beginn der Planung vor ca. 40 Jahren. Waehrend dieser Zeit wurde munter Atommuell produziert (und die gesamte Konstruktion Kraftwerk selbst kommt noch dazu). Heute ist man so dreist und beruft sich auf die auch damals gegen erhebliche Teile der Bevoelkerung durchgesetzte Nutzung der Atomenergie. Heute muss man sich von den aktuellen Amtsnachfolgern als "unrealistisch" diffamieren lassen, denn der Atommuell sei nun einmal da...

     

    Ich denke man sollte solcherlei Dreistigkeit, und die strafrechtliche Verfolgung gehoert dazu wie die 2. Seite einer Medaille, verdammt ernst nehmen! Weder die Politik noch ihre Mittel geben Anlass zu lachen.

    Spaetestens am 7. November liegt der naechste Behaelter dort, wo ihn die Politik haben will.

  • CG
    Cosmo Groove

    ...und ich dachte, in einer Demokratie herrscht Gewaltenteilung. Das sieht in diesem Fall für mich aber nach einer politischen Parteinahme der Justiz aus.

  • S
    Sebas

    Das hat nichts mit schlimm zu tun, das ist nun einmal ein Aufruf zu einer Straftat: Sachbeschädigung und gefährlicher eingriff in den Bahnverkehr.

     

    Übrigens ist das ganze zu reparieren sicher nicht ganz billig, schließlich kann man den Schotter nicht einfach wieder reinstopfen, sondern muss sicher die Schienen ausbauen und das Gleisbett neu aufschütten.

  • S
    soso

    @tosh: ...die wir auch noch gezahlt haben!! (Und es wird kein s21 Baustopp verhängt, weil das zu viel kostet...) SHAME!!!

  • WL
    W. Lorenzen-Pranger

    Seltsam. Als ich bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart darauf hinwies, daß MP Mappus und Innenminister Rech dort Nötigungen und zum Teil gefährliche und schwere Körperverletzungen an friedlichen Demonstranten veranlasst haben, bekam ich zur Antwort, ich hätte nichts weiter als eine "Unmutsäußerung" getan. Als Anzeige wollte man das nicht sehen.

    Weso wird denn dann hier ermittelt, obwohl bisher meines Wissens überhaupt kein nachvollziehbarer Schaden entstanden ist - anders als in Stuttgart?

  • G
    Glaubnix

    Nicht das die Kampagne von AKW Freunden organisiert worden ist um die Liste mit den Namen der Aktivisten zu erhalten ;)

  • T
    tosh1980

    Schlimm ist, dass für solche "Ermittlungsverfahren" auch noch Steuergelder draufgehen...

  • M
    Mario

    Lächerlich, was die Staatsanwaltschaft da macht. Die Kampagne muss man schon allein aus Protest unterstützen!