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Fluglinie droht Rheinland-PfalzRyanair spart am Hahn

Wegen der Luftverkehrsabgabe will der irische Billigflieger Flüge ab dem Flughafen in Frankfurt-Hahn streichen. Wie schlimm das wäre, ist selbst beim Flughafenbetreiber strittig.

Werden künftig wohl seltener zu sehen sein: Ryanair-Flugzeuge in Hahn. Bild: dpa

Die irische Billigfluglinie Ryanair droht damit, mehr als ein Viertel ihrer bisherigen Flüge ab dem Flughafen Frankfurt-Hahn zu europäischen Zielen zu streichen. Damit ziehe Ryanair die Konsequenzen aus der "bislang nicht erhörten Forderung an die Bundesregierung", die angekündigte Luftverkehrsabgabe in Höhe von 8 Euro für Kurzstreckenflüge wieder zurückzunehmen, sagte Ryanair-Chef Michael Cawley am Mittwoch.

Die Iren wollen ihre auf dem Hahn stationierte Flotte von elf auf acht Maschinen reduzieren. Die Passagierzahlen am Hahn würden dann 2011 um rund eine Million auf 2,9 Millionen zurückgehen, sagte Cawley. Bei Ryanair stünden 150 Arbeitsplätze zur Disposition, und am Flughafen Hahn und bei Zulieferfirmen seien weitere 1.000 Jobs in Gefahr. In Irland und Großbritannien sei es zudem "nachweislich zu fallenden Verkehrszahlen und einem spürbaren Einbruch der Tourismusindustrie" gekommen, als die Regierung eine ähnliche Abgabe einführte.

Sauer auf die Bundesregierung sind nun auch die Manager der zu 82,5 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz gehörenden Betreibergesellschaft Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH. "Wir haben wiederholt und nachdrücklich auf die drohenden negativen Folgen der Luftverkehrssteuer hingewiesen", sagte Flughafenchef Jörg Schumacher.

Sein kaufmännischer Geschäftsführer Wolfgang Pollety glaubt allerdings nicht, dass die Reduzierung des Flugangebots durch Ryanair tatsächlich die Arbeitsplätze am Flughafen und bei den Partnerfirmen gefährdet. Der Wachstumsmotor für den Hahn seien die Frachtflüge vor allem von Air France in den Hunsrück. "In den ersten neun Monaten des Jahres haben wir 65 Prozent mehr Fracht umgeschlagen als im Vergleichszeitraum 2009", so Pollety. Auf dem Hahn werde "niemand entlassen".

Allerdings gingen die Passagierzahlen zuletzt schon drastisch zurück - und das noch ganz ohne dass Ryanair-Flüge gestrichen hätte. 95 Prozent der Passagierflüge am Hahn werden derzeit über die Iren abgewickelt. Das soll sich ändern. Für den immer noch rote Zahlen schreibenden Regionalflughafen, der das liebste Konversionsprojekt des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) ist, sollen jetzt zusätzliche Fluggesellschaften gewonnen werden.

Gerade erst hat Ryanair angekündigt, den Standort Marseille aufzugeben, weil sich das Unternehmen nicht dem französischen Arbeitsrecht unterwerfen werde. Auch auf dem Hahn gab es schon einmal Drohungen. Da wollte das Land die Passagierabgabe "Hahntaler" einführen, um die ehemalige US-Airbase endlich in die Gewinnzone zu bringen. Beck knickte rasch ein.

Jetzt erklärt Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) seine Solidarität mit Ryanair. Das Land sei schon immer gegen die Luftverkehrsabgabe gewesen. Auf mögliche Koalitionsgespräche zwischen SPD und Grünen nach den Landtagswahlen im März kann man gespannt sein.

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5 Kommentare

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  • L
    Lisa

    Ryanair ist ein unverschämtes und hochkapitalistisches Unternehmen. Zudem droht es gerne. Ich würde mich als Rheinland-Pfälzer freuen, wenn dieses Unternehmen weniger Ziele anfliegt. Es schießt sich damit doch in erster Linie ins eigene Bein. Für die armen Menschen im Hunsrück könnte dies weniger Fluglärm und weniger Abgase bedeuten, also eine bessere Gesundheit, weniger Stress und Ärger und eine höhere Lebensqualität.

  • M
    Marcus

    Ryanair wollte ohnehin Flüge streichen, da deren Auslastung unter 80% liegt. Die Luftverkehrsabgabe dient als willkommenes Argument.

    Ein Teil der so tollen Passagierzahlen auf dem Hahn resultieren aus Truppentransporten, da Soldaten bei Zwischenlandungen als An- und Abfliegende Gäste gezählt werden. Ein Großteil des Frachtaufkommens sind ebenfalls Militärgüter, die über den ehemaligen? Militärflughafen abgewickelt werden.

     

    Im Cargo-Bereich sieht es ähnlich aus. Egypt-Air (z.B. Bio?-Kartoffeln aus Ägypten und FedEx (u.A. Militärfracht) haben bzw. werden auch vom Hahn abziehen und nach Köln/Bonn ausweichen.

    Für genaue (ehrliche) Zahlen: http://www.fluglaerm.de/hahn/index.html

     

    Grüße, Marcus.

  • T
    Tom

    Ja, der Hahn... Zusammen mit dem 1. FC Kaiserslautern und dem Nürburgring eine der goldenen Kühe der Landesregierung.

     

    Diese Flughafen gibt mir immer wieder zu denken. Es ist mir ein Rätsel, wie man in einen so beschissen gelegenen (weder Autobahn- noch Bahnanbindung, fernab jeder Großstadt) Flughafen so viel Geld reinblasen kann.

    Das Szenario, welches sich jetzt scheinbar abzuspielen droht, existiert in meinem Kopf schon länger. Ryanair hat keinen Bock mehr, damit wird der Hahn nutzlos. Außer Ryanair ist da nämlich nichts.

    Es ist schon zweifelhaft, daß die SPD(!!!) Landesregierung mit einer knochenmühle wie Ryanair paktiert.

     

    Der Rückzug von Ryanair vom Hahn wäre – nach dem Abstieg des 1. FC Kaiserslautern in die Amateurliga – das schlimmste, was Rheinland-Pfalz passieren.

  • F
    Flipper

    Atemberaubend, wie dieser dubiose Chef einer dubiosen Flugesellschaft ganze Staaten erpresst. Gleichfalls atemberaubend, wie die RLP-Landesregierung diesen Leuten nachläuft, nur um einen defizitären Flugplatz im absoluten Niemandsland weiterbetreiben zu können, allerdings braucht einen da nach der Nürbrugring-Affäre eigentlich nichts mehr zu wundern.

    Und wie das Einknicken vor der Wirtschaftslobby beim Bund funktioniert haben wir ja Anfang der Woche bei der Energiesteuer gesehen: Also werden wohl statt der Einführung der Luftverkehrsabgabe mal wieder die Tabaksteuern (noch mehr) erhöht - Leute kauft Schmuggelware oder fahrt nach Luxemburg!

  • S
    SauBär

    8,00 € das sind am Flughafen Düsseldorf 2 Becher Kaffee, worüber wird hier eigentlich diskutiert.

    Solange es keine Steuern auf Kerosin gibt, solange

    werden doch alle anderen Verkehrsmittel weiterhin zu Gunsten der Flieger benachteiligt.