Kultbuch der Öko-Guerilla: "Scheiße, da gehts ab"
In den Siebzigern inspirierte Edward Abbeys trashiger Roman radikale US-Umweltschützer. Jetzt ist "Die Monkey Wrench Gang" auch auf deutsch erschienen.
Mit einem "Engländer" kann man ziemlich viel kaputt machen. Dieser Meinung sind jedenfalls der Chirurg Doc Sarvis, der Outdoorexperte Seldom Seen Smith, die diplomierte Romanistin Bonnie Abbzug und der Vietnamveteran George Washington Hayduke.
Das Quartett aus Edward Abbeys 1975 erschienenem Roman "Die Monkey Wrench Gang" nutzt den kantigen Schraubenschlüssel - englisch monkey wrench - unter der Motorhaube von allem, was man auf einer Großbaustelle so braucht: "Muldenkipper, Raupen, Schlepper, Planierpflüge, Schaufellader, Baggerlader, Bohrer, Tankwagen. Verdammte Scheiße, da gehts ab."
Im ausladenden Mondschein werden Hydraulikkabel durchschnitten, Zündkerzen gezogen und die Treibstofftanks von Technikgiganten mit Sand oder Sirup gefüllt. Auch Vermessungspfähle von Bauarealen werden von den vier umweltfreundlichen Saboteuren mikadogerecht zusammengewürfelt.
Edward Abbey: Die Monkey Wrench Gang (deutsche Übersetzung). Verlag Walde und Graf, Zürich 2010, ISBN-10 3037740159, ISBN-13 9783037740156
Der Auftrag ist klar: Die landschaftmordende Industrie, ganz gleich ob Straßenbauunternehmen, Energieversorger oder maschinelle Forstwirtschaft, muss in die Schranken gewiesen werden. Die Kampfzone vom Team um Doc Sarvis ist das äußerst rohstoffreiche, aber eben auch mit üppiger Flora und Fauna ausgestattete Grenzgebiet zwischen Utah, Arizona, Colorado und New Mexico.
Dort fühlte sich auch der 1927 geborene Edward Abbey heimisch. Dem rauen US-amerikanischen Südwesten widmete der studierte Philosoph einen erheblichen Teil seines schriftstellerischen Werks. Die späten 50er Jahre hatte Abbey als Ranger zwischen den monumentalen Sandsteinbögen im heutigen Arches National Park in Utah verbracht und in Form des in den USA viel beachteten Erfahrungsberichts "Desert solitaire" 1968 veröffentlicht.
Romane schrieb er allerdings schon seit 1954, aber erst "Monkey Wrench Gang" verhalf ihm zu durchschlagender landesweiter Popularität. Denn das Buch landete wegen den äußerst anschaulich dargestellten Sabotageakten in einigen Bundesstaaten prompt auf dem Index und diente als Inspirationsquelle der 1979 gegründeten radikalen Umweltschutzorganisation Earth First!. Die New York Times nannte den 1989 verstorbenen Schriftsteller schließlich "Held des Underground".
Der 2009 gegründete Schweizer Verlag Walde + Graf hat Abbeys "Monkey Wrench Gang" nun auf Deutsch vorgelegt, wie in der amerikanischen Ausgabe von Robert Crump bebildert. Die herrlich verschrobenen Karikaturen führen von Anschlag zu Anschlag der Öko-Guerillas, die als Meisterstück von der Sprengung des Glen-Canyon-Staudamms in Arizona träumen.
Geübt wird vorerst an Eisenbahnstrecken und Brücken - der Schraubenschlüssel weicht Dynamit. Zu Personenschäden kommt es dennoch nie, so weit reicht die Nächstenliebe der Umweltpatrioten ("Gott schütze Amerika. Lasst uns versuchen, etwas davon zu retten") dann doch.
Edward Abbeys "Monkey Wrench Gang" bemüht, gebrochen durch beißenden Humor, vor allem die archaischen Gesellschaftsmythen der USA: Landnahme, Pioniergeist und Patriotismus. All seinen Charakteren, die von einem wild gewordenen Mormonenbischof über einen selten dämlichen Parkranger bis hin zu den vier Saboteuren reichen, bleiben diese Motive eingeschrieben. Auch die in die Reservate gezwängten Indianer der Region dürfen lautstark am ökologischen Freiheitsdrang der Störaktionen teilnehmen.
Gekonnt pendelt die an Spannungsmomenten reiche Erzählung zwischen Western, Heimattrash und poetisch angehauchtem Reiseführer hin und her. Dabei sind Abbeys Naturbeschreibungen ebenso detailliert wie verklärt: "Das mit Tröpfchen gesprenkelte Licht des Nachmittags fiel schräg über die Canyonwände, ein whiskeygoldener Schimmer legte sich auf Fels und Baum, ein stiller Segen aus dem von keinem Wölkchen getrübten Himmel, ein kostenloser Service ihres Solarsystems, stets zu Diensten."
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen