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die wahrheitIm Jahr des Hasen: Zeitwende

Sollten mich meine immer noch nur ausgedachten Enkel einmal fragen, an welchem Datum denn nun ganz genau China die USA als weltweite Supermacht abgelöst habe, ...

... würde ich ihnen mit zittriger Stimme antworten: "Am 22. Januar des Jahres 2011."

An diesem Samstag kam unser Präsident Hu Jintao gerade von einem historischen Staatsbesuch aus den USA zurück. Hier war er aufs Prächtigste empfangen worden, anders als noch vor vier Jahren von George W. Bush. Zu einem eigens anberaumten Staatsbankett kamen neben denen, die sowieso kommen mussten, auch die Ex-Präsidenten Carter und Clinton; außerdem machten Promis wie Barbra Streisand, Microsoft-Boss Steve Ballmer, Vogue-Chefredakteurin Anna Wintour oder Cellist Yo Yo Ma dem Chinesen ihre Aufwartung.

Zum Essen gab es pochierten Hummer, dazu spielten Lang Lang und Herbie Hancock. Weshalb man in den USA neuerdings chinesische Präsidenten so hofiert, hatte - wie Wikileaks kürzlich enthüllte - die amtierende Außenministerin Hillary Clinton bereits am 24. März 2009 dem ehemaligen australischen Premier Kevin Rudd anvertraut: "Wie kann man mit seinem Bankier rüde umspringen?"

Zum Schluss seines Besuchs kaufte der so umschmeichelte chinesische Bankier seinen besten Schuldnern noch ein paar Sachen ab, im Gesamtwert von 45 Milliarden US-Dollar, darunter 200 Passagierflugzeuge. Gleichzeitig erwarb die staatliche chinesische ICBC-Bank 80 Prozent der amerikanischen "Bank of East Asia". Wenn die Finanzregulierungsbehörden dem Deal nicht in letzter Minute widersprechen, wäre China damit erstmals im Besitz einer amerikanischen Bank, die auch Geschäfte mit Privatkunden machen kann.

"Allerdings", so würde ich den Enkeln sagen, "war es gar nicht dieser Besuch, der mich erkennen ließ, dass sich nunmehr die Zeiten endgültig gewandelt hatten. Viel wichtiger war eine Party, die am Abend des 22. Januar im Neubau des Central Academy of Fine Arts Museum in Peking stattfand und zu der ich gar nicht eingeladen war." Veranstaltet wurde sie von Prada China, und zwar zur Feier der Tatsache, dass sich im vergangenen Jahr der Verkauf von Prada-Produkten in China um sensationelle 51 Prozent gesteigert hatte.

Auf diese Party schlich ich mich durch einen Seiteneingang. So war ich mit einem Male einer unter zweitausend Reichen und Nichtganzsoschönen, die sich auf Pradas Kosten ein Glas G.-H.-Mumm-Champagner nach dem anderen einverleibten. Und dann stand plötzlich ER vor mir, nur drei Meter entfernt auf einer gar nicht mal so großen Bühne, und sang "Westend Girls".

Ich war fassungslos, als ich begriff, dass man hier als kleines Party-Schmankerl den wirklichen und leibhaftigen Neil Tennant eingekauft hatte, Sänger des erfolgreichsten Pop-Duos aller Zeiten, der Pet Shop Boys. "Im selben Moment, meine lieben Enkelchen, wusste ich, was die historische Sekunde geschlagen hatte. Ich fragte mich nur ein wenig bang: Wen oder was kauft China als Nächstes? Den Papst? Stephen Hawking? Nabokovs Gebeine? Oder am Ende sogar mich?"

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6 Kommentare

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  • HZ
    HU Zei

    @CYS

    Danke für Ihre Antwort. Ich bin mir sicher, daß Sie wissen: ich hab mit Ihnen kein Gespräch über Knopflochnähte getan.

    Miuccia Prada? Klingt teuer..

    Schaut die gut aus? Werd ich mal googeln.

  • H
    hopfen

    @CYS:

     

    Das bezog sich eigentlich auf das im Text genannte Datum, welches als das "Datum der Wende" dargestellt wird und somit müsste das "Im Jahr des..." eben dieses Datum wiederspiegeln. Ich habe mich natürlich über das genaue Datum informiert, bevor ich meinen Kommentar geschrieben habe.

  • C
    CYS

    @Hu Zei: Das waren selbstverstaenlich nur verkaufte echte Prada-Artikel. Sonst waere Miuccia Prada wohl kaum selbst auf die Party gekommen. Und ob ein Produkt echt oder nachgebaut ist, kann selbst ich erkennen. Die Naehte, die Knopfloecher, die Reissverschluesse, der Stoff, das alles ist bei den Imitaten einfach nicht so gut.

    @hopfen: Das Jahr des Tigers - nach dem diese Kolumne ein ganzes Jahr geheissen hat - ist exakt gestern zu Ende gegangen. Wenn Sie, wie ich, in Peking leben wuerden, wuerden Sie das auch bis diese Minuten hinein deutlich hoeren.

  • HZ
    HU Zei

    Waren das jetzt chinaweit 51% mehr verkaufte echte Prada-Artikel oder wurden die Panda-Prada Artikel lokaler Produktion einfach mit dazugerechnet? Und kann man die außer am Preischild überhaupt noch auseinanderhalten? Made in China sind die Modelabels allesamt; dank der fleißigen, in Höhe deutscher Schlecker-Verkäuferinnen entlohnten chinesischen Näherinnen muß die Diskount-versorgte Menschheit noch nicht in Lumpen barfuß gehen. Sie leben dreimal hoch!

  • H
    hopfen

    Es müsste im Jahr des Tiegers heißen, da das chinesische Jahr immer bis Februar oder Ende Januar geht.

  • SL
    Sam Lowry

    ...ist doch bereits alles beim Verkauf der taz-Journalisten im Jahre des Herrn 1997 geschehen. Für umgerechnet lächerliche 9.876 Euro und wenn ich nicht irre 50 Cent an die Mei-Lin-Gruppe. Diese wiederum gehört der Retsem-Rub-Gruppe an, die auch meine Existenz zwischenzeitlich von der Deutschen-Bank-Gruppe neulich in einer feindlichen Übernahme erworben hat.

    Daraufhin erhielt ich eine Mail von einer gewissen Ek Lis, mich mal ganz schön bedeckt zu halten, da ich sonst mittels Haldol in einer nahegelegenen von der Mei-Lin-Gruppe geführten Psychiatrie zwangsneutralisiert würde und man einen entsprechenden Clown (Klon natürlich) hier an den PC setzen wolle. Dieser Aufforderung folgten dann mehrere Mails mit zwischenzeitlichen Übernahmen noch größerer Gruppen, die dann auch die anderen von Ihnen genannten besitzen (Hawking, Papst pp.). Verwunderlich waren dazwischen nur die SEB und die Banco Santander, allerdings waren die ja ebenfalls übernommen worden von irgendsoeinem chinesischen Unterkonzern der Mei-Lin-Gruppe.

    Leider erfolglos wehrte sich jetzt die Liebig14-Gruppe gegen die feindliche Übernahme, so dass nun praktisch alle Lebewesen des deutschsprachigen Raumes (inkl. Hunde und Katzen)...