Protest gegen Stuttgart 21: Baumverpflanzungen blockiert
Abermals Proteste in Stuttgart: In der Nacht gab es zahlreiche Aktionen gegen die Umpflanzung von Bäumen. Am Montagabend demonstrierten Tausende.
STUTTGART taz | Um 3.34 Uhr am Dienstagmorgen war es in Stuttgart wieder so weit: Parkschützeralarm. Mehr als 32.000 Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 wurden via SMS und E-Mail alarmiert, denn am Nordausgang des Hauptbahnhofs standen neue Baumaßnahmen an.
Wie das Kommunikationsbüro für Stuttgart 21 bereits am Montag angekündigt hatte, wurde am Dienstag damit begonnen, die ersten von 16 Bäumen auszugraben, um sie in anderen Stadtteilen in Stuttgart wieder einzupflanzen. Mehrere hundert Demonstranten versuchten dies in den frühen Morgenstunden zu verhindern.
Mit Sitzblockaden hinderten sie die Spezialfahrzeuge an der Zufahrt zum Hauptbahnhof. Nach Polizeiangaben blockierten etwa 50 Menschen eine Straße. Einige S-21-Gegner besetzten Bäume. Ein Sprecher der Parkschützer sagte, dass insgesamt mehr als 1.000 Demonstranten vor Ort gewesen seien. Die Polizei sprach von 300 bis 500 Teilnehmern an der Protestaktion. Nachdem die Polizei die Blockaden aufgelöst hatte, wurden gegen 7.20 Uhr die ersten Bäume unter einem Pfeifkonzert abtransportiert.
Am Montagabend hatten bereits mehrere tausend Gegner auf der traditionellen Montagsdemonstration gegen das Milliardenprojekt protestiert. Im Anschluss waren zahlreiche Demonstranten gleich die ganze Nacht über am Bahnhof geblieben. Denn die Uhrzeit, wann die Baumverpflanzungen beginnen sollten, hatten die Projektsprecher Udo Andriof und Wolfgang Dietrich am Montag wegen der zu erwartenden Proteste nicht verraten.
Dieser Morgen erreichte jedoch längst nicht die Dimensionen des vergangenen Herbstes. Bei der ersten Baumfällaktion Ende September war es zu massiven Ausschreitungen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen, bei denen offiziell mehr als hundert Verletzte gezählt worden waren.
Allerdings handelte es sich bei den Bäumen auch nicht um die 200 Jahre alten Bäume im Stuttgarter Schlossgarten, sondern um wesentlich jüngere Bäume vor dem Nordausgang des Bahnhofs. Die Bäume im Schlossgarten sollen frühestens im Herbst dieses Jahr umgepflanzt werden. Nicht nur weil die S-21-Gegner an der Machbarkeit zweifeln, lehnen sie die Umpflanzungen ab. Auch hätten die Bäume am Nordausgang des Bahnhofs eine wichtige Funktion als Abgasfilter an einer vielbefahrenen Kreuzung.
Hannes Rockenbauch, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, erklärte am Dienstag, dass die vielen Demonstranten in der Nacht gezeigt hätten, dass der Widerstand lebt. Aufgrund dieser Hartnäckigkeit könne das Projekt nicht durchgehalten werden, sagte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“