Kriegsreporterin: Leise Servus nach Berlin und Wien
Journalisten machen keine PR – sie werben nur für sich. Die Kriegsreporterin unterwegs beim Netzwerk Recherche (NR), beim ZDF und beim "Focus".
H allo, taz-Medienredaktion, nach dem Tod von Peter Alexander gibt es beim ZDF eine Menge neu zu justieren. Für die Moderation der Großfamiliensendung "Wetten, dass . ." soll tatsächlich Jörg Pilawa im Gespräch sein, womit das neu zu entstehende Schwiegermutterformat auch gleich einen neuen Sendeplatz beantragen könnte: im Nachmittagsprogramm.
Aber auch die Kultursendung "Aspekte", die gefühlt mit Peter Alexanders Darbietung des "Badewannentango" auf Sendung ging, wird umgekrempelt. Volker Herles verlässt das Malen nach Zahlen, um fortan eine Büchersendung zu moderieren. Nicht nur dass der Anlass günstig ist, die Sendung in ihrer Gänze von den Spinnweben zu befreien, den die Kulturgutmenschen über die Jahre um den Kulturbegriff gesponnen haben, und gleich ein neues Konzept samt neuer Moderation ins Rennen zu schicken, auch für die Büchersendung wird noch ein Titel gesucht. "Das Traumbuch" soll ebenso im Gespräch sein wie "Buch 21" und "Der kleine Bücherwurm". Lediglich "Volkers Bücherkiste" ist bereits ausgeschieden.
Sie erinnern sich, Focus-Chefredakteur Wolfram Weimer wollte sein Heft zum "Relevanzmagazin" umgestalten und es dafür kurzerhand "neu erfinden". Ein "Nachrichten- und Orientierungsmagazin" sollte es werden. Und weil das Themenfeld "Augen auf beim Autokauf" bereits durch andere Magazine besetzt ist, gibt Weimer dort Orientierung, wo der Deutsche auch stark dümpelt, beim Sex. "Schluss mit Legenden." heißt es in der Focus-Werbung. Und als Hommage an den Fakten-Erfinder Markwort wird auch nicht länger Relevanz versprochen, sondern: "Focus bringt Fakten."
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Dass ich zunächst "Schluss mit Lenden. Focus bringt Fakten." gelesen habe, möchte ich dem Blatt nicht zum Vorwurf machen. Neben dem "Sex Report 2011" - Sie erinnern sich: Sex bringt neben Relevanz die Auflage hoch - verspricht der Titel noch ein zweites Thema: "Der Trend dreht - Die Parteien vor der Landtagswahl - Exklusive Zahlen" Abgesehen davon, dass ich es recht schön fände, der Artikel wäre inklusive Zahlen, frage ich mich doch, welcher Trend dreht? Und wohin?
Ganz schummrig vom vielen Drehen ist mir auch noch von Sonnabend. Da tagte das Netzwerk Recherche (NR), das sich fünf Jahre nach der Postulierung des Satzungsatzes "Journalisten machen keine PR" mittels einer Podiumsveranstaltung der Frage nach der Berechtigung und der Aktualität des apodiktischen, an der Realität vieler Journalisten vorbeigehenden Satzes gestellt.
So weit, so löblich. Eine gute Stunde dauerte die hitzige Diskussion, in der Ulrike Maercks-Franzen von Ver.di einen tatsächlich sehr geeigneten Erstentwurf zum Thema verlas, auf den sich sicherlich 98,2 Prozent aller Journalisten verständigen könnten. Diese inhaltlich fundierte, weitaus weniger plakative Formulierung hätte allerdings niemals dazu geführt, dass das NR so schnell so bekannt geworden wäre. Dass überhaupt jemand über das NR hätte sprechen wollen. In diesem Sinne muss man den Journalisten, die keine PR machen, zu dieser grandiosen Eigen-PR die vollste Anerkennung aussprechen! Einen besseren PR-Coup hättet Ihr für Euer Unternehmen nicht finden können! (Und nein, Herr Leif, ich möchte jetzt keinen Anruf bekommen, nur weil Sie das wohlmöglich anders sehen.)
Womit nur noch zu vermelden bleibt, wie schade es ist, dass die SZ am Montag "Adieu, Peter Alexander" titelte. Das Lied, das er stets zum Abschluss seiner Show sang, war Peter Kreuders: "Sag beim Abschied leise Servus". In diesem Sinne ein leises Servus nach Berlin und ein noch leiseres nach Wien!
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