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"Unter den Linden Spezial - Integration"Aha-Erlebnisse auf St. Pauli

Phoenix startet seinen viertägigen Schwerpunkt zum Thema Integration. Dabei punktet der Sender bei den Zuschauern vor allem mit Aktualität.

In St. Pauli in Hamburg und Kreuzberg in Berlin treffen sich Migranten aller Art. Bild: ap

Im "Why not?" im Hamburger Stadtteil St. Pauli treffen sich Migranten aller Art - sowohl jene, die pragmatisch an ihrer Integration arbeiten, als auch Illegale, die wissen, dass es ihnen nicht vergönnt sein wird, integriert zu werden. Das Café, das Sprachkurse anbietet, ist Schauplatz einer Reportage, mit der der Ereigniskanal Phoenix am Montag dazu beizutragen will, Antworten auf die allgegenwärtige Frage zu finden: "Wie funktioniert Integration in unserem Land?"

Sie ist der Ausgangspunkt des viertägigen Programmschwerpunkts "Unter den Linden Spezial - Integration". Kernelemente sind eine Reportage und eine Talkrunde - so diskutiert etwa am Montag, nach dem Film aus St. Pauli, Bundesintegrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) mit Aydan Özuguz, Integrationsbeauftragter der SPD-Fraktion.

Bemerkenswert ist, dass sich die beiden Geschäftsführer des Senders, Michael Hirz und Christoph Minhoff, die Arbeit an den Reportagen teilen und auch die Talks moderieren. Sonst gehen hochrangige Sendermanager nicht an die Front, aber bei Phoenix ist das Budget knapp, da müssen auch mal die Chefs persönlich kochen.

Im "Why Not?" sei er mit Aspekten konfrontiert worden, "über die er sich früher nie Gedanken gemacht" habe, sagt Minhoff. Forderungen nach Sprachkursen etwa seien ja "leicht erhoben". Aber wie schwierig es sei, "eine fremde Sprache in einer Schrift zu lernen, in der man nicht alphabetisiert wurde", sei ihm vorher nicht bewusst gewesen. Als Beispiel nennt er einen 62-Jährigen aus Bangladesch, der die lateinische Schrift nicht kenne.

Außerdem drehte Minhoff beim Duisburger Fußballclub Rhenania Hamborn, einem Traditionsverein, der in den neunziger Jahren von türkischstämmigen Bürgern übernommen wurde. Ansässig ist der Klub im Ortsteil Marxloh, nur 100 Meter entfernt von Deutschlands größter Moschee. Die Gespräche, die Minhoff bei den Ortsterminen führte, empfand er als "erfrischend normal". Von "künstlich emotionalisierten Grundsatzfragen, wer wohin gehört", sei nichts zu spüren gewesen.

Quoten von Phönix steigen

Solche monothematischen Strecken "an vier Abenden hintereinander können nur wir machen", sagt Minhoff. Allerdings werden sie ziemlich spät ausgestrahlt. Der Geschäftsführer kontert: Wären die Ereignisse in Japan nicht dazwischengekommen, hätte man eine "Punktlandung" geschafft. Dann wäre der Schwerpunkt kurz nach dem migrationspolitischen Wirbel gelaufen, den Innenminister Hans-Peter Friedrich bei seinem Amtsantritt auslöste.

Damit weist Minhoff auf ein Dilemma seines Senders hin: Einerseits will sich Phoenix mit langfristig geplanten Schwerpunkten profilieren, andererseits schalten die Zuschauer vor allem bei Krisen und Katastrophen ein. 2010 war ein erfolgreiches Jahr für den Sender - mit einem Gesamtmarktanteil von 1,0 Prozent. Damit steht man unter den Nischenprogrammen besser da als etwa Arte, ein Sender, der eine größere Presseaufmerksamkeit genießt.

In diesem Jahr stiegen die Quoten von Phönix weiter. Im März kam man, dank 120 Stunden Berichterstattung aus Japan (höchste Einschaltquote: 4,5 Prozent) und 80 Stunden über Libyen (Höchste Quote: 3,7 Prozent) auf einen Marktanteil von 1,2 Prozent - das beste Monatsergebnis seit dem Sendestart vor 14 Jahren.

Eine noch größte Resonanz erreichte Phoenix 2010 durch die Übertragungen der Schlichtungsverhandlungen zu Stuttgart 21. Hoffnungen auf einen ähnlichen Erfolg sind nun verknüpft mit den Sitzungen der von Angela Merkel einberufenen Ethikkommission zur Energieversorgung, die ab dem 28. April über den Zeitplan für den Atomausstieg berät. Mindestens neun Stunden Live-Berichterstattung pro Sitzungstag seien geplant, sagt Minhoff.

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1 Kommentar

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  • BB
    Berthold B.

    Ein Bericht aus der Wirklichkeit: Ich arbeite seit vielen Jahren als Immobilienmakler im Großraum Frankfurt am Main. Als nun ein türkischer Kunde das Haus eines unserer Klienten abkaufen wollte, weigerte sich der Verkäufer unter einem Vorwand, gestand mir aber, daß er das Haus nicht an Türken verkaufen wolle, da "die ja bekanntermaßen" nach erfolgtem Verkauf, unangenehme Hausbesuche machen würden und Nach-, bzw. Rückforderungen geltendmachen würden: auf deutsch: Wegen irgendwelcher immer vorhandener Mängel kaufvertragswidrig agressiv Geld zurückfordern würden. Ehrlicherweise muß man wertfrei fesstellen, daß andere Kulturen teilweise auch völlig andere Vorgehensweisen haben. Ist so.