Schwabenstreiche in Berlin II.: Linke plötzlich kämpferisch
Kämpferisch und witzig: Diese Attribute hat man bei Wirtschaftssenator Harald Wolf bislang vermisst. Nun greift der Spitzenkandidat der Linken an.
Kämpferisch und witzig: Diese Attribute hat man bei Wirtschaftssenator Harald Wolf bislang vermisst. Bei einer Landesvertreterversammlung am Samstag zeigte der Frontmann der Linken plötzlich beides: "Es kann nicht sein, dass potenzielle Grünen-Wähler aus Böblingen nach Berlin ziehen, weil sie es hier so interessant finden, aber dann ihren Kiez mit hohen Mieten zu einem zweiten Böblingen umgestalten", attackierte Wolf bei einer vielumjubelten Rede die grüne Konkurrenz. "Wenn es dann einen Bio-Markt und einen Wochenmarkt gibt wie in Böblingen, dann ist das auch nicht mehr attraktiv."
Dass die 125 Delegierten ihren Spitzenkandidaten offiziell in Adlershof nominieren wollten, sollte Aufbruchstimmung verbreiten in einem Wahlkampf, in dem die Linke bislang im Schatten des Duells von Amtsinhaber Klaus Wowereit (SPD) und seiner grünen Herausforderin Renate Künast stand. "Adlershof steht für das, was wir für ganz Berlin wollen", sagte Wolf.
Dass heute 14.000 Menschen in der Wissenschaftsstadt arbeiteten, ist für Wolf ein Beweis dafür, dass die "Green economy" nicht nur ein Markenzeichen der Grünen ist. "Innovation statt Billiglohn", nennt Harald Wolf das - und verspricht weitere 150.000 Arbeitsplätze in der nächsten Legislaturperiode.
Doch nicht nur die Grünen bekommen in Adlershof ihr Fett weg, sondern auch der Koalitionspartner von der SPD. Die jüngste Attacke von Finanzsenator Ulrich Nussbaum, Wolf betreibe als Wirtschaftssenator und als Aufsichtsratschef bei den Wasserbetrieben eine widersprüchliche Politik, kontert der: "Ein öffentlicher Betrieb ist etwas anderes als ein privates Fischunternehmen." Der parteilose Nussbaum, der seit 2009 für die SPD Finanzsenator ist, hat es in Bremen mit einem Fischereibetrieb zum Millionär gebracht.
Auch das Thema soziale Gerechtigkeit nahm bei Wolf eine große Rolle ein. Die SPD attackierte er als die Partei von Hartz IV - unterstützt von den Grünen im rot-grünen Kabinett von Gerhard Schröder: "Die größte politische Leistung der Grünen besteht darin, dass sie den Eindruck erwecken konnten, Agenda 2010 war nur die SPD. Aber sie waren dabei. Auch Renate Künast." Harald Wolf wörtlich: "Eine solche Partei und eine solches Personal brauchen wir nicht an der Spitze der Regierung. Deshalb brauchen wir die Linke."
Wolfs kämpferische und witzige Rede zahlte sich aus - vorerst nicht bei den Wählerinnen und Wählern, wohl aber bei den Delegierten. Mit 89.6 Prozent für den Listenplatz eins bekam er das weitaus beste Ergebnis. Auf den Plätzen zwei bis sieben folgen die Senatorinnen Carola Bluhm (85,9 Prozent) und Katrin Lompscher (78,1), Landeschef Klaus Lederer (73,4), Abgeordnetenhausvizepräsidentin Martina Michels (71,1), Fraktionschef Udo Wolf (69,5) sowie, als Neuling, die Gewerkschafterin Katrin Möller (71,9).
Landeschef Lederer hatte zuvor betont, dass die neue Fraktion sowohl von den Themen her als auch altersmäßig gemischt sein soll. Tatsächlich aber wird sie nicht viel anders aussehen als die bisherige. Allerdings soll dei nächste Fraktion, so das erklärte Ziel von Lederer, größer werden als bisher. Die Linke hat derzeit 22 Abgeordnete.
Eine Überraschung brachte der Landesverband mit dem Vorschlag für Listenplatz 10. Dort kandidierte der stellvertretende Vorsitzende des Integrationsbeirats, Hakan Tas. Der bekennende Schwule setzte sich per Stichwahl gegen Figen Izgin durch.
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