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Personalrochade in der FDPWesterwelle wieder unter Druck

Die FDP hat sich personell neu justiert, Rösler wird Parteichef. Guido Westerwelle hingegen schweigt beharrlich. Ob auch seine Zeit als Außenminister abgelaufen ist?

Endgültig ausrangiert? Guido Westerwelle (Abbild). Bild: dpa

BERLIN taz | Martin Lindner, der technologiepolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, hat bei den Liberalen keine Hausmacht. Als am Dienstag sechs Stellvertreter des neuen Fraktionschefs Rainer Brüderle gewählt wurden, bekam Lindner mit Abstand die wenigsten Stimmen und musste als einziger in den zweiten Wahlgang. Doch was dem Berliner an Verankerung in der Fraktion fehlt, besitzt er an medialer Präsenz. Lindner ist ein oft geladener Talkshowgast, weil er auch unbeliebte Positionen aggressiv vertritt.

In diese Linie passt, was Lindner Spiegel Online gestern kundtat: Der Parteitag in Rostock soll abstimmen, ob Westerwelle Außenminister bleibt. Es gebe "wabernden Unmut über Westerwelle", so Lindner. Um die Lage zu befrieden und zu verhindern, dass in "schmutziger Weise" über Westerwelle gesprochen wird, soll der Parteitag abstimmen. "Ich möchte, dass Ruhe einkehrt in der FDP", sagte Lindner. Westerwelle hatte sich nach seinem Verzicht auf den FDP-Chefposten in der Fraktion ohne Debatte und per Akklamation versichern lassen, dass die Fraktion ihn als Außenminister weiterhin will. Dieses Verfahren hatte für Unmut gesorgt. Lindners Vorschlag hat natürlich etwas Vergiftetes - ein Paradebeispiel für eine Attacke, die notdürftig in einer Loyalitätserklärung versteckt ist.

Ganz deutlich sagt hingegen Gerhart Baum, welche Karriere er Westerwelle wünscht: keine. "Ich kann nicht verstehen, dass Westerwelle Außenminister bleibt", so der Altliberale. Die FDP könne nicht mit dem verbrauchten Personal, mit Westerwelle und Niebel, in die Bundestagswahl 2013 gehen. Baum kritisiert auch, dass die geschasste Fraktionschefin Birgit Homburger mit einem Vizeparteichef-Posten entschädigt wird. Es sei falsch, "farblose oder gescheiterte Vizevorsitzende zu wählen".

Die nächsten Wahlen bedeuten Gefahr

Doch aussichtsreich ist diese Kritik nicht. Der neue Parteichef Philipp Rösler scheint die Personaldebatte mit dem Ringtausch beendet zu haben. Hinzu kommt, dass Kandidaten, denen das Außenministerium zugetraut wird und die 2013 attraktive Kandidaten sein könnten, nicht gerade Schlange stehen. In Gerüchten tauchen als Nachfolger die Namen von Staatsminister Werner Hoyer, dem Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff oder gar Exparteichef Wolfgang Gerhard auf - allesamt Zeichen, dass die FDP ein Problem hat, wenn sie das Außenministerium neu besetzen will.

Westerwelle schweigt seit geraumer Zeit zu innenpolitischen Themen und versucht offenbar so, seine katastrophalen Sympathiewerte zu korrigieren. Sein Job als Außenminister dürfte erst in Gefahr geraten, wenn die FDP auch bei den anstehenden Wahlen in Bremen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern versagt und in keins der drei Parlamente einzieht. Das ist allerdings ziemlich wahrscheinlich.

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5 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Banse

    Guido Westerwelle sollte sich zurück ziehen

    Guido Westerwelle gibt den Vorsitz der FDP auf,ist nicht mehr Vizekanzler,er nimmt nicht mehr am Koalitionsausschuß teil.Er bleibt Bundesaußenminister,aber auch dieser Aufgabe ist er nicht gewachsen.Er wird zurecht an seinen Vorgängern Steinmeier und Fischer gemessen.Diese gaben ein besseres Bild ab,als Guido Westerwelle.

    Guido Westerwelle sollte Konsequenzen ziehen,auch das Amt des Bundesaußenministers auf geben,um sich anderen Aufgaben zu widmen,außerhalb derParteienlandschaft.

  • V
    vic

    So lange die FDP mit Personen wie Westerwelle, Niebel, Brüderle, Homburger und ein paar Lausbuben besetzt ist, ist vermutlich gewährleistet, dass die Partei mit ihrer liebesdienerischen Wirtschaftspolitik nicht mehr in Landesparlamente oder Bundesregierung gewählt wird.

    Nenebei: Frau Koch Mehrin ist zurückgetreten.

  • S
    StefanMarc

    Also da hat die FDP bei den letzten Bundestagswahlen einen parteipolitisch historischen (!) Sieg abgeliefert und da sollte man meinen, dass sie diesen Sieg nun in Regierungsverantwortung nutzt und sich drüber freut.

     

    ABER was macht diese Partei und ihre Protagonisten ? Sie zettelt eine Personaldebatte und läßt sich von von linken und konservativen Journalisten gleichermassen zwei Jahre lang medial "an der Nase " herumführen, anstatt konsequent Ihre Parteipolitik umzusetzen und sich nicht von der Opposition und oppositionellen Journalisten gross beeindrucken zu lassen.

     

    Unter Westerwelles Vorsitz stieg die FDP aus der Bedeutungslosigkeit zu Zeiten Gerhardts und Kinkels wieder wie "Phoenix aus der Asche" hervor und gewann eine Landtagswahl nach der nächsten und kehrte in viele Landesregierungen zurück. Erst 2011 kamen die ersten grossen Landtagswahlniederlagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, die eine Folge der zwei Jahre lang anhaltenden Medienkampagne linker und konservativer Journalisten gegen Westerwelle war.

     

    Anstatt aber das die FDP geschlossen bleibt und sich nicht von der Kritik der Opposition gross beeindrucken läßt, begann seit den beiden Niederlagen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg das "grosse Personalkarusell" und "Stühlerücken". Die FDP wäre besser beraten gewesen, Ihrem Vorsitzenden Westerwelle den Rücken zu stärken, denn ihm verdanken sie die Regierungsmehrheit und Führungsstärke, die gerade liberale Wähler so sehr schätzen. Der ganze HickHack und das ganze gegenseitige "Beintreten" hingegen wird gerade liberale Wähler vergraulen und die wirklichen Niederlagen der FDP jetzt erst bringen.

     

    Rössler, Bahr und Lindner sowie Westerwelle-Kritiker wie Hahn, Kubicki und Baum sind der Untergang der FDP nun. Westerwelle hat die FDP auf den Berg geführt und nun schaffen es seine Nachfolger die FDP wieder in das "Tal der Tränen" zu führen.

     

    Bremen, Meck-Pomm, Berlin und Schleswig-Holst sowie die Bundestagswahlen werden alles Niederlagen, die Westerwelle aufgrund seiner Charismatik hätte abwenden können, was seine Nachfolger aber nicht schaffen werden. Die FDP wird nun stürzen, weil sie sich intern zerfleischt und weil sie ihren charismatischen Vorsitzenden nicht mehr an der Spitze hat.

  • C
    Celsus

    Hartnächkig werden da Posten und Pfründen verteidigt und verschafft. In den Parteien hat sich doch längst eingebürgert, dass die treuen Kampfgefährten sich gegenseitig auf die Posten verhelfen. Und da ist es egal, wie gut oder wie schlecht sie dort die Interessen der Allgemeinheit wahrnehmen, wie gut oder wie schlecht sie auf diesem Posten für die eigene Partei sind.

     

    Deswegen kann Westerwelle nicht abgesägt werden. Zu gefährlich ist so ein Vorgehen für seine Widersacher. Geradezu todesmutig zeigt sich da jemand, der es trotzdem versucht.

     

    Parallelen zur SPD gibt es, die konstant im Abwärtstrend ist und sich nicht von ihren Parasiten in der Parteiführung befreien kann. Die SPD kann sich das noch leisten. Die FDP wird hingegen bald aus der Parteienlandschaft verschwinden.

  • A
    aurorua

    Weg mit dem neoliberalen Lügenpack und zwar allen.

    Über zehn Jahre wurden Steuersenkungen versprochen und von einem "Sparbuch" gefaselt. Mehr vom Brutto gab es nur für Mövenpick.

    Der Rest, ROT, GRÜN, DIELINKE/SED, CDU, CSU auch alles bloß Lobbyistenknechte die gegen ihre Wähler arbeiten.

    Seit über zwanzig Jahren wird alles auf allen Ebenen immer schlechter und teurer bei stetigen Reallohnverlusten.

    Nur die Reichen und Superreichen werden immer reicher.