Ratespiele um "Wetten, dass...?": Das Orakel von Mallorca schweigt
Sicher ist, dass "Wetten, dass ..?" weitergehen wird - im 2. Halbjahr kommenden Jahres. Und mit einem neuen Moderator. Wer das sein wird, bleibt ein Wettthema.
Hier soll jetzt bitte nicht der Eindruck entstehen, die taz wäre Frank-Elstner-Fan, würde ihn sich gar als Moderator von "Wetten, dass ..?" zurückwünschen - nein, das bloß nicht (worin wir zum Glück mit Elstner einig sind), aber beeindruckend war es schon, wie der "Wetten, dass ..?"-Erfinder am Samstagabend in seiner kurzen Gastmoderation während der Sommersendung von Mallorca Moderator Thomas Gottschalk düpierte.
Elstner war zwar charismafrei wie immer, aber allem Anschein nach wirklich interessiert an seinen beiden Wettkandidaten und der schön-bescheuerten Idee, sich Bälle über ein Tennisnetz zuzuspielen - per Bagger. Wenn Elstner wirklich spontan von Gottschalk zu diesem Auftritt animiert wurde, war seine souveräne Performance sensationell - wenn nicht, hob sie sich immer noch wohltuend von Gottschalks routiniertem, von Michelle Hunziker ein Stück weit kompensierten Desinteresse an seinen Gästen ab.
Die Show bin ich - daran lässt Gottschalk seit der Ankündigung seines Abschieds von "Wetten, dass ..?" zum Jahresende erst recht keinen Zweifel mehr. Wie er sich am Ende der Sendung zu seinen Heroen von Status Quo auf die Bühne gesellte und mitrockte, war eine bizarre Grenzüberschreitung, die tief blicken lässt, was seinen Status quo angeht: Der Mann, dessen Verdienste um die deutsche Fernsehunterhaltung unbestritten sind, weiß nicht, wohin mit all dem plötzlichen und unerwarteten Rückenwind auf der Zielgeraden: der Ehren-Grimme-Preis im Frühjahr, Promis und Fans, die ihn nicht gehen lassen wollen, sowie am Samstag endlich mal wieder eine ordentliche Quote: 12,43 Millionen Zuschauer, Marktanteil 42,8 Prozent.
Doppelte Heimkehr
Sogar Journalisten entdecken derzeit den lange verschollenen Gottschalk-Fan in sich wieder. "Wetten, dass … es keinen ebenbürtigen Nachfolger für Thomas Gottschalk gibt", titelte der Berliner Tagesspiegel gestern und begründete das damit, dass man es sich besser nicht vorstellen will, wie Jörg Pilawa mit Kevin James über Komik plaudert.
Offenbar auch von dieser Vorstellung abgeschreckt, macht Bild in der Montagsausgabe Stimmung für Hape Kerkeling. Mehr als Wunschdenken ist das allerdings nicht. Der designierte ZDF-Intendant und amtierende Programmdirektor Thomas Bellut sagte dem Spiegel nur, "dass ich zurzeit mit zwei Moderatoren Gespräche führe". Und: Die Entscheidung falle im Herbst.
Schon früher wird klar sein, ob Gottschalk dem ZDF die Treue hält oder zur ARD zurückkehrt, wo - genauer: beim Jugendfunk des Bayerischen Rundfunks - Anfang der 1970er sein Aufstieg zum angeblich letzten großen deutschen Entertainer begann. Sein derzeitiger Arbeitgeber bietet eine wöchentliche Late-Night-Show und einzelne große Eventmoderationen, die alte Heimat versucht ihn mit einer werktäglichen Vorabendsendung (und mehr Geld) zu ködern. Dafür müsste Gottschalk allerdings wohl seinen Wohnsitz aus Malibu zurück nach Deutschland verlagern.
Es wäre also gleich eine doppelte Heimkehr - die nicht zuletzt den Charme eines richtigen Neuanfangs hätte, den Gottschalk gut gebrauchen könnte nach knapp 30 Jahren beim ZDF abzüglich der Ausflüge zu RTL und Sat.1. Entscheiden will Gottschalk sich in den nächsten zwei Wochen im Zwiegespräch mit seiner Familie und einem weiteren Giganten, dem Himalaja, im Bhutan-Urlaub. Gleich nach der Sendung von Mallorca ging es los. Deswegen trug Gottschalk am Samstagabend auch schon mal sein Urlaubsoutfit ein, das ihm etwas Jesushaftes gab - sicherlich ungewollt.
Nichts Genaues weiß man also noch nicht - weder ist Gottschalks berufliche Zukunft im deutschen Fernsehen geklärt noch dessen Nachfolge bei der größten europäischen Unterhaltungssendung. Sicher ist nur: "Wetten, dass ..?" wird weitergehen - mit einem anderen Moderator und erst im zweiten Halbjahr 2012, "damit Gottschalks Schatten nicht zu dunkel auf dem Neuen liegt", wie ZDF-Hierarch Thomas Bellut dem Spiegel sagte. Zudem denkt Bellut laut darüber nach, künftig weniger internationale Stars einzuladen, seien sie doch oft austauschbar: "Die Wetten bleiben das Herz der Sendung." Bellut hat verstanden, was Gottschalk im Rausch seiner Abschiedstour vergessen zu haben scheint: Der Star ist die Show.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump erneut gewählt
Why though?
Pro und Contra zum Ampel-Streit
Sollen wir jetzt auch wählen?
Harris-Niederlage bei den US-Wahlen
Die Lady muss warten
US-Präsidentschaftswahlen
Die neue Epoche
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut