piwik no script img

Oligarch Michail ProchorowWladimir Putins Pseudogegner

Der "begehrteste Junggeselle" Russlands will Wladimir Putins Partei Konkurrenz machen und bei den Wahlen im Dezember in die Duma einziehen.

Will Wladimir Putins Partei Konkurrenz machen: Oligarch Michail Prochorow. Bild: ap

MOSKAU taz | Er ist ein großer Fan des körperlosen Spiels. Selbst ein 2-Meter-Mann und mindestens 12 Milliarden Euro schwer kaufte sich der 46-jährige Michail Prochorow als erster Europäer mit den New Jersey Jets 2009 in die nordamerikanische Basketball-Profiliga ein. Nun steigt der Oligarch, der sein Vermögen als Anteilseigner des weltgrößten Nickelherstellers, Norilsk Nickel, verdiente, auch in die russische Politik ein.

Dort geht es keineswegs sportlich zu. Beobachter wundern sich daher, was den bekennenden Dandy dazu bewogen haben mag, den Vorsitz der wirtschaftsliberalen Partei Prawoe Delo (Rechte Sache) zu übernehmen, zudem mit dem deklarierten Ziel, bei den Wahlen im Dezember in die Duma einzuziehen und der Partei Wladimir Putins Vereinigtes Russland (VR) auch noch Konkurrenz zu machen.

Seit der Verhaftung des Ölmagnaten Chodorkowski befolgten alle anderen Kooligarchen das ungeschriebene Gesetz: im Interesse von Freiheit und Vermögen von der Politik die Finger zu lassen. Prochorow ist nicht nur Basketballer, als Biathlonist hat er Ausdauer, versteht sich aufs Schießen. Als Kickboxer beherrscht er auch unkonventionellere Kampftechniken.

All das reicht aber nicht, um sich den Chargen des Kreml zu widersetzen, sollten diese es auf ihn abgesehen haben. Durch Zivilcourage, Mut und Dissidenz ist der "begehrteste Junggeselle" Russlands bislang nicht aufgefallen. Von sich reden machte er als Gönner schöner Frauen, die er in Divisionsstärke zur Erholung ins französische Courchevel einfliegen ließ. Vier Tage U-Haft brachte ihm 2007 der Verdacht auf Zuhälterei in Frankreich ein. "Wenn wir Russen richtig feiern, heißt es, es wäre eine Orgie", empörte sich der Magnat über die mangelnde interkulturelle Sensibilität der Gastgeber.

Mit dem Kreml versteht er sich besser. Die Rechte Sache ist eine Schöpfung des Kreml. Sie soll die Stimmen unzufriedener Mittelständler und Unternehmer neutralisieren. Prochorows enger Freund Wladislaw Surkow, Russlands ideologischer Demiurg in der Präsidialadministration, hat sich dieses Manöver wohl ausgedacht. Vielleicht war ihm der Milliardär noch etwas schuldig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • D
    Denis

    Auf Befehl von Putin haben die Oligarchen entweder ganz die Finger von der Politik zu lassen oder eine Fake-Partei aufzubauen, alles so wie es dem Herrscher beliebt. Solange Putin das Sagen hat, wird aus Russland keine Demokratie.