piwik no script img

Kommentar Dominique Strauss-KahnErleichterte Sozialisten

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Viele Sozialisten in Frankreich sind erleichtert, dass ein Comeback von Domique Stauss-Kahn wieder in weite Ferne gerückt ist. Für viele passt DSK nicht in die Partei.

D ie neue Klage gegen den Exminister und IWF-Chef wegen versuchter Vergewaltigung, dieses Mal in Frankreich, ändert erneut schlagartig die Situation. Seit Sonntag wurde hier die Stimmung getestet: Wollen die Franzosen - und vor allem die Französinnen -, dass dieser sozialistische Draufgänger sich wieder in die Politik einmischt, vorausgesetzt, das Verfahren in New York wird gegen ihn eingestellt? Bisher hielten dies weniger als die Hälfte für wünschenswert. Ihr Anteil dürfte nun drastisch sinken.

Obwohl die Anzeige der Schriftstellerin und Journalistin allgemein mit großer Skepsis hinsichtlich ihrer Absichten und ihrer Glaubwürdigkeit aufgenommen wurde - mit ihrem späten Gang vors Gericht hat sie DSK in der öffentlichen Meinung trotzdem den Gnadenstoß als Politiker versetzt.

Viele Sozialisten sind allerdings klammheimlich erleichtert. Längst nicht alle waren erfreut über die Aussicht auf ein baldiges Comeback eines moralisch und politisch kompromittierenden Kandidaten, dessen sozialliberale Positionen sie nicht unbedingt teilten. Martine Aubry oder François Hollande entsprechen mehr mit dem Programm der Partei. Einmal mehr - wie schon 2007 mit Ségolène Royal - hatten so manche Genossen den Eindruck, dass mit DSK die Medien und Umfrageinstitute den Favoriten für die Linke an ihrer Stelle bestimmen wollten.

RUDOLF BALMER

ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Dennoch hätten sie ihn nur zu gerne im Wahlkampf als Märtyrer der US-Justiz stilisiert, um so wenigstens nachträglich noch einen politischen Nutzen aus dem Skandal zu ziehen. Diese Gegenoffensive wird nun vorerst gebremst. Tristane Banon, deren Recht, gegen DSK zu klagen, über jeden Zweifel erhaben ist, wird letztlich selbst gegen ihren Willen zu einem Spielball politischer Intrigen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

4 Kommentare

 / 
  • D
    dieter

    Da wird die Dame endlich eine Chance ein paar Bücher zu verkaufen.

    Welcher Richter wird eine VERSUCHTE Vergewaltigung sieben oder acht Jahre nach der Tat angezeigt, glauben ?

  • Z
    Zielcke

    Ja, allerdings Schlummi.

    Aber Herr Balmer scheint anscheinend vollkommen Partei für Frau Banon ergriffen zu haben, die ja ach so "mutig" ist (siehe Art. "Die mutige TB"); aus welchen Gründen auch immer.

  • S
    Schlummi

    Aus dem Text:

    "...Tristane Banon, deren Recht, gegen DSK zu klagen, über jeden Zweifel erhaben ist..."

     

    Die Dame war zur "Tatzeit" 23 Jahre alt, eine erwachsene Frau.

    Sie hat sich jetzt 9 Jahr Zeit gelassen diese versuchte Vergewaltigung anzuzeigen - wohl den richtigen Moment,die größte Aufmerksamkeit abgewartet.

     

    An ihrer Glaubwürdigkeit, ihrem Charakter und ihren Motiven sind Zweifel durchaus berechtigt.

  • W
    Waage

    Martine Aubry ist schlichtweg die bessere Kandidatin und für die Sozialisten (ich meine das "Fußvolk" - nicht das Partei-Establishment) ein echter Glücksfall!