Kommentar Bundesfreiwilligendienst: Eine Bremse fürs Engagement

Der Bundesfreiwilligendienst ersetzt seit wenigen Wochen den Zivildienst. Doch der Zulauf ist schleppend, für viele ist das Freiwilligendienst nicht attraktiv.

Macht man im Bekanntenkreis eine Umfrage zu den eigenen Erfahrungen als Zivildienstleistender: Fast alle sagen, sie hätten eine ziemlich gute Zeit gehabt.

Es gibt sogar Männer, die Arzt wurden, weil sie Zivi in einem Krankenhaus waren. Oder die Jahre später die Freundschaft mit einer Alzheimer-Kranken oder die Arbeit mit Problemkids als prägendstes Erlebnis beschreiben, bevor sie in die Mühlen von Berufsfindung und Geldverdienen gerieten.

In Zeiten, da sich selbst die Uni zur zweiten Schule entwickelt, in der es eher um Anwesenheitslisten und straffe Stoffbewältigung in kürzester Zeit geht als um Erkenntnis und Selbstfindung, könnte das, was dem abgeschafften Zivildienst nun folgt, noch attraktiver werden.

ist Redakteurin der taz.

Soziales Engagement wird heute selbst unter jenen Jugendlichen groß geschrieben, die sich als politikfern beschreiben. Klar, dass dieser Elan von einer Gesellschaft gebraucht wird, die altert und trotzdem für Pflege nur kleines Geld ausgeben will. Nur eines scheint nicht verstanden worden zu sein: Der Bundesfreiwilligendienst muss gefördert und beworben werden.

Stattdessen wurde er auf die Bedürfnisse einer schwerfälligen Institution ausgerichtet, die den Zivildienst verwaltet hat. Er soll sich Älteren und Arbeitslosen öffnen und wird damit den jungen Leuten, die schnell einsteigen wollen, zu unsexy und zu kompliziert. Bislang ist der Zulauf mickrig im Vergleich zu den Zivildienstleistenden und zur Nachfrage nach dem Freiwilligen Sozialen Jahr, die nicht gedeckt werden kann.

Warum wurde der Bundesfreiwilligendienst nicht mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr zu einem attraktiven Angebot für all jene verschmolzen, die nach der Schule etwas tun wollen für die Gesellschaft, in der sie leben? Dann doch lieber die Weltreise, wird mancher Jugendliche entscheiden.

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Jahrgang 1971, schrieb 1995 ihren ersten Kulturtext für die taz und arbeitet seit 2001 immer wieder als Redakteurin für die taz. Sie machte einen Dokumentarfilm („Beijing Bubbles“) und schrieb zwei Bücher über China („Peking" und "Chinageschichten“).

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