Kommentar anonymisiertes Bewerben: Keine Garantie für Fairness

Diskriminierung muss nicht mit brennenden Flüchtlingsheimen einhergehen. Vor ihr ist kein Personaler gefeit - gerade weil sie oft subtil ist.

Celle ist überzeugt: Anonymisierte Bewerbungsverfahren dämmen Diskriminierung ein und helfen so, allen Bewerbern mit gleicher Qualifikation auch gleiche Chancen zu ermöglichen. Stimmt das? Leben wir nicht in einer multikulturellen Gesellschaft, in der solche korrigierenden Maßnahmen längst überflüssig sind? Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Alter, Geschlecht - das war doch früher. Oder doch nicht?

Nein. Denn Diskriminierung muss nicht mit brennenden Flüchtlingsheimen einhergehen. Vor ihr ist kein Personaler gefeit - gerade weil sie oft subtil ist. Beispielsweise, wenn er eine Bewerberin für einen Sekretariatsjob bevorzugt, die ein hübsches Foto mitgeschickt hat. Oder sie eben deshalb vielleicht gerade aussortiert.

Zu viele Angaben in einer Bewerbung lenken ab vom Wesentlichen: der beruflichen Qualifikation. Diejenigen, die sie vorweisen können, schaffen die erste Hürde. Ganz einfach. Egal, ob sie Mohammed Yildiz heißen, 58 Jahre alt sind oder drei Jahre wegen Erziehungsurlaub im Job aussetzen mussten.

Dennoch: Das anonymisierte Bewerbungsverfahren ist kein Garant für Fairness. Ein Entscheider kann auch im persönlichen Gespräch Ressentiments hegen - und entsprechend ablehnen. Oder eben feststellen, dass Herr Yildiz perfekt deutsch spricht, ein 58-Jähriger mit Erfahrung glänzt und eine Mutter beim Wiedereinstieg in den Beruf hoch motiviert ist.

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Geboren 1983 in Polen, seit 2009 bei der taz. Erst im Panter-Workshop, dann im Volontariat bei der taz Nord in Hamburg, heute sonntaz-Redakteurin. Studierte Operngesang und Sprachen in Berlin und Rom. Schreibt über gesellschaftliche und politische Themen.

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