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Krawalle in LondonKeine Ideen außer Chaos

In den 80ern richteten sich die Krawalle gegen rassistische Polizeigewalt. Heute kennen weder Polizei noch Mob den Unterschied zwischen Politik und Niedertracht.

Politisches Bewusstsein lässt sich so leicht nicht klauen: Plünderung in London. Bild: dpa

Es ist nicht das erste Mal, dass es in England zu innerstädtischen Unruhen kommt. Viele erinnern sich in diesen Tagen an die Randale, die 1981 begann und sich bald von den westindischen Nachbarschaften in Brixton in London auf Chapeltown in Leeds, Handsworth in Birmingham, Toxteth in Liverpool und Moss Side in Manchester ausweitete.

Schon damals wurden die Krawalle als Reaktion auf die Polizeikontrollen interpretiert, die von jungen Einwanderern als Schikane empfunden wurden. Die Ära dieser Unruhen erreichte ihren blutigen Höhepunkt 1985 mit dem Krawall in Broadwater Farm im Londoner Bezirk Tottenham - und der Ermordung des Polizeibeamten Blakelock. Seit damals wurde viel getan, um die Beziehungen zwischen der Polizei und den Einwanderergesellschaften Großbritanniens zu verbessern.

Nun wurde Tottenham erneut zum Ausgangspunkt von Randale. Auslöser war der 4. August, als ein Polizist Mark Duggan, einen Mann westindischer Herkunft, erschoss. Zunächst wurde behauptet, es habe einen Schusswechsel zwischen Duggan und der Polizei gegeben, aber das wurde schnell zurückgenommen. Seit dem Tod von Jean Charles de Menezes 2005 ist das Misstrauen gegenüber Polizeiberichten über Schießereien besonders groß.

Der Autor

ROSS HOLLOWAY ist Sozialanthropologe und lebt in London. Er schreibt über Popkultur und Politik.

Zunächst hatte es geheißen, Menezes habe auf der Flucht eine Schranke übersprungen, er sei trotz sommerlicher Temperaturen ungewöhnlich warm angezogen gewesen, man habe unter seiner Kleidung ein Abhörgerät gesehen. Die Bilder auf den Überwachungskameras zeigten aber, dass Menezes eine Jeansjacke trug. Dass er an der Schranke ein Ticket benutzt hatte und dass er sogar kurz stehen geblieben war, um eine kostenlose Zeitung mitzunehmen.

Am vergangenen Samstag demonstrierten Freunde und Verwandte von Mark Duggan friedlich vor der Polizeistation in Tottenham. Dann begann das Chaos auf den Straßen, die Gewalt und die Plünderungen, die sich seitdem von London auf andere Städte des Landes ausgebreitet haben. Es ist verständlich, dass die britischen Medien zunächst versuchten, die Unruhen mit Blick auf die Vorkommnisse in den achtziger Jahren zu interpretieren. Doch Dienstagnacht erreichten die Krawalle Gloucester, eine mittelgroße Handelsstadt nahe Wales. Parallelen zu den Aufständen in den achtziger Jahren, die auf rassistische Gewalt reagierten, oder Hinweise auf die Wut über Mark Duggans Tod scheinen plötzlich unzureichend.

Der enthauptete Polizist

Vielleicht lassen sich die Unruhen besser mit einem Vorfall in der nordenglischen Stadt Leeds im Jahr 1995 vergleichen. Damals waren etwa 150 Jugendliche in Auseinandersetzungen mit der Polizei verwickelt, ein Pub brannte nieder. Anlass des Gewaltausbruchs war der Versuch der Polizei, härter gegen Drogendealer durchzugreifen - und ein unbegründeter Verdacht der Jugendlichen, dass der Besitzer des Pubs früher Polizist gewesen sei. Die Randale brach vor einer Häuserreihe aus, auf der ein grausiges Graffito zu sehen war, das die Vorkommnisse in Broadwater Farm im Jahr 1985 mit den Worten feierte: "PC Blakelock, chop chop chop" - dazu zeigte das Graffito eine Axt (Polizist Blakelock war enthauptet worden).

Die Randalierer - ein kleiner, aber aussagekräftiger Teil einer überwiegend weißen Gegend - waren offenbar dagegen, dass überhaupt für Recht und Ordnung gesorgt wird. Ihrer Meinung nach hatte sich die Polizei zu Unrecht auf ihr Territorium gewagt. Sie taten kund, dass die Polizei einfach eine rivalisierende Gang sei, die ihren Grund und Boden betreten habe.

Im 18. und 19. Jahrhundert waren Unruhen in London alltäglich. Der riot act, 1714 erlassen, musste nur verlesen werden, und schon erlaubte er den Ordnungshütern, Aufstände brutal niederzuschlagen. Straftäter wussten, dass Tod oder Deportation drohten, aber das konnte Mobs wie jenen nicht aufhalten, der 1829 den Osten Londons in Atem hielt und Passanten, Händler und Marktstände mit einer Brutalität ausraubte, die derjenigen der Polizei in nichts nachstand. Historiker haben darauf hingewiesen, dass die Londoner Mobs wenig Grund zur Mäßigung hatten: Sie wussten, wie hart die Strafen ganz unabhängig von ihren Taten waren, sobald ein Aufstand ausgerufen war.

Nun ist Kritik an der Polizei laut geworden, die den Randalierern nicht mit dem erforderlichen Nachdruck begegnet sei. Bei manchen Vorkommnissen wurde beobachtet, dass die Polizei dabei zugeschaut hat, wie Jugendliche ein paar Meter weiter Läden zerstört und geplündert haben. Sie gab sich offenbar damit zufrieden, dass man die Jugendlichen später ohnehin mithilfe der Fernsehbilder würde identifizieren und festnehmen können. Das hat die Wut vieler Ladenbesitzer provoziert, die mit ansehen mussten, wie ihre Existenzgrundlage zerstört wurde.

Im Gegensatz dazu ist, wenn auch nicht in Bezug auf die aktuellen Ereignisse, erst am Wochenende ganz andere Kritik laut geworden. Der bekannte britische Menschenrechtsanwalt Michael Mansfield sagte über die Reaktion der Polizei auf einer politische Demonstration: "Es gibt in England eine beschämende Tradition. Sondereinsatzkommandos schreiten hart ein. Es geht nicht etwa darum, potenzielle Straftäter einzuschüchtern, sondern jene, die sich gegen die Regierung stellen."

Diese Position hat viel mit der früheren Kritik an Polizeieinsätzen zu tun wie der Einkesselung von Demonstranten für mehrere Stunden oder dem harten Vorgehen gegen Protestler wie Charlie Gilmour. Der Stiefsohn des Pink-Floyd-Gitarristen Dave Gilmour wurde zu sechzehn Monaten Haft verurteilt. Gilmour war auf ein Denkmal für Kriegsgefallene geklettert und hatte die Limousine von Prince Charles mit Farbe beworfen.

Protest oder Kriminalität?

Die Polizei hat sich mit der Behauptung verteidigt, es sei gerade angesichts lauter Kritik sehr schwer abzuschätzen, was angemessen sein könne und was nicht. In der Zwischenzeit hat der empfundene Mangel an Polizeischutz zwar noch nicht zur Bildung von Bürgerwehren geführt, aber dazu, dass einige Communities begonnen haben, sich selbst zu schützen. Am Montagnacht haben sich etwa türkische Ladenbesitzer im Osten Londons vor ihren Läden postiert.

In der Nacht zum Mittwoch wurden in Birmingham drei Muslime, die ihre Gegend bewachten, angeblich von Randalierern mit dem Auto überfahren. Das Zögern und die Zurückhaltung der Polizei scheinen auch auf die anfängliche Verwirrung darüber zurückzuführen sein, ob man es mit politischem Protest zu tun hat oder mit simpler Kriminalität. Besorgniserregend ist, dass die Polizei wahrscheinlich nicht einmal zwischen beidem unterscheiden kann.

Ein Twitter-Kommentar vom Samstag bringt auf den Punkt, was derzeit in London passiert: "Die Jugend im Nahen Osten geht für Menschenrechte auf die Straße. Die Jugend in London tut es für einen 42-Zoll-Plasmafernseher." Es ist sehr schwer, die Randale als etwas zu verteidigen, das verwandt sein könnte mit sozialen Protesten, die, ob friedlich oder nicht, Teil des demokratischen politischen Prozesses sind. Am Montag zerstörte der Mob ein CD-Presswerk der Firma Sony in London. Die Randalierer hatten in der Fabrik Playstations vermutet. In den Hallen, die von den Gewalttätern angezündet wurden, lagerten fast alle unabhängigen Plattenfirmen Großbritanniens Bestände.

Am Donnerstag schienen junge Plünderer aus Manchester im Interview mit BBC einfach nur glücklich über ihre Beute und kündigten an, gleich wieder rauszugehen, bis man sie verhaften würde. Selbst im Falle einer Verhaftung gehen sie nicht davon aus, dass man sie ernsthaft bestrafen wird. Einer der Jugendlichen sagte, er habe keine Vorstrafen, würde sowieso nur von der Polizei verwarnt werden oder höchstens von den Eltern die Leviten gelesen bekommen.

Am erschreckendsten für die Bevölkerung ist nicht, dass Unruhestifter gegen etwas protestieren, sondern dass sie entweder gegen nichts protestieren oder gegen alles. Indem die Jugendlichen vor allem Geschäfte für Sportkleidung und Unterhaltungselektronik zu ihrem Ziel erklärt haben und aus Kiosken Schnaps und Zigaretten haben mitgehen lassen, demonstrieren sie zu gleichen Teilen hohlen Materialismus wie profunde Fantasielosigkeit. Anders als die jungen Leute, die jüngst gegen die Erhöhung der Studiengebühren protestiert haben, sehen sie nicht die Möglichkeiten, die ihnen versagt bleiben. Sie sehen gar keine Möglichkeiten außer Chaos.

Im vergangenen Jahrzehnt wurde in Großbritannien auf die Angst der Jugend im Allgemeinen und der Unterklassenjugend im Besonderen aufmerksam gemacht. Diese Angst wird nun zweifellos ausufern. Was die Jugend selbst angeht: Sollte es wider Erwarten doch irgendeinen echten Missstand geben, der sich in ihren Aktionen Luft macht, dann wird dieser gerechtfertigte Protest sicher untergehen. Denn weniger noch als die Polizei sind die Jugendlichen dazu imstande, zwischen legitimem Protest und blanker Niedertracht zu unterscheiden.

Im Augenblick wird unser Parlament durch eine Petition dazu gedrängt, die Todesstrafe wieder einzuführen. Deportation nach Australien ist keine Option mehr. Daher wäre es keine große Überraschung, wenn in der britischen Regenbogenpresse demnächst gefordert würde, dass man diese Jugendlichen hängen sollte, wenn die Unruhen weitergehen.

Aus dem Englischen von Susanne Messmer.

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23 Kommentare

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  • Q
    @"Demokratin"(herrenmenschlich)

    Wie kann es eigentlich sein, daß Du hier ständig Lügen verbreitest? Z.b. "Gastland": Die Leute sind dort fast alle geboren, können also auch gar keine "Migranten" sein. Die meisten sind in der x-ten Generation dort und aus den Kolonien, also aus britischen Staatsgebiet. Autos produzieren und fahren, obwohl man keine eigenen Rohstoffe hat und Imperialismus ansich ist also o.k., auch daß der ganze europäische Reichtum auf deren Ausbeutung und Massenmord an der Bevölkerung beruht (Banken haben schließlich die Fugger erfunden, um das Gold der Inka wegzubunkern. Deswegen hatte ja auch die BRD ihr "Wirtschaftswunder": Dank Hitler und der nie bezahlten Reparationen! Rechte Zecken versuchen hier ständig die Situation und die Begrifflichkeit auf deutsche Verhältnisse auszudehnen, obwohl es selbst hier kaum noch Migranten gibt. Die ertrinken alle im Mittelmeer und da darfst sie dann fressen, nachdem deine Fischer afrikanische Fischer mit Maschinengewehren davon abhalten, zu fischen.

    Gruß

    -Ulrike

  • D
    Demokratin

    Wie kann es eigentllich sein, dass WaltaKa (siehe unten) Ulrike Meinhoff zitiert und damit durch die TAZ-Zensur kommt?

     

    Was wäre wohl mit einem Zitat eines führenden NS-Schergen zum Thema zivilen Ungehorsam passiert?

     

    Es wäre richtigerweise nicht gepostet worden, denn Zitate von Volksverhetzern und Verbrechern hAben hier nichts zu suchen.

  • O
    Oli
  • O
    Oli

    Könnt Ihr übersetzte Artikel nicht einfach zusätzlich im Original abdrucken. Beim Lesen viel mir auf, dass der Text irgendwie komisch geschrieben ist. Als ich dann "Aus dem Englischen von..." las, war klar wieso...

  • S
    Siobhan

    @Tatze

    "...Ursachen hierfür analysiert und dargelegt werden?"

     

    Das Interview mit Raymond Geuss auf Tagesschau.de ist erstaunlich gut in Hinsicht auf Ursachen und Hintergruende, da es wirklich auf die grundliegende Situation etwas besser eingeht:

    http://www.tagesschau.de/ausland/geuss100.html

     

    In den englische Medien steht wirklich nicht gerade viel dazu geschrieben. Es wird hier von allen immer nur gebetsmuehlenartig wiederholt,dass nichts politisches an diesen Protesten war.

     

    (Labour versucht derweil in populistischen Maneuvern die Tories rechts zu ueberholen und der Guardian versucht sie zu decken. Sehr nervig!)

  • D
    Demokratin

    Wieso randalieren diese Jugendlichen in ihrem Gastland und gehen nicht einfach still in ihre Heimat zurück, wenn es ihnen in England nicht gefällt?

     

    So schlecht ist es dort dann anscheinend gar nicht.

  • MH
    Matt Houston

    Hohler Materialismus?

     

    "Allein die Vollendung des Idealismus des Staats war zugleich die Vollendung des Materialismus der bürgerlichen Gesellschaft. Die Abschüttlung des politischen Jochs war zugleich die Abschüttlung der Bande, welche den egoistischen Geist der bürgerlichen Gesellschaft gefesselt hielten. Die politische Emanzipation war zugleich die Emanzipation der bürgerlichen Gesellschaft von der Politik, von dem Schein selbst eines allgemeinen Inhalts."(K.M.)

     

    Nur die Postmaterialisten, die immer noch an ein "darüber" oder "dahinter" glauben, können über die in Frage stehenden Objekte der Begierde derart den Kopf schütteln. Kein Wunder also, dass sie ihren Hegelschen Staat bis zum Letzten verteidigen werden.

  • M
    Mink

    Ausgewogener Artikel, die Autorin bleibt bei den Fakten und begeht nicht den Fehler in reine Stimmungsmache abzugleiten. Die Ursachen für die Krawalle sind auf jeden Fall politisch zu betrachten wohingegen die Motivation der Randalierer von gänzlicher unpolitischer Natur war.

     

    Mein Meinung zu den Ursachen:

     

    Was man bei den Unruhen in Londen miterleben konnte war nichts anderes als eine durch kapitalistische "Nicht"-Werte verdorbene englische Jugend. Die Befriedigung von Gier und die Einstellung Alles machen zu dürfen ohne Moral oder Konsequenzen beachten zu müssen. Der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken, die Erwachsenenwelt macht diesen Jugendlichen den Zynismus des Kapitalismus doch vor. Kann man von Ihnen erwarten sich moralisch und anti-materialistisch zu verhalten während sich der restliche Teil der Gesellschaft in die Gegenrichtung bewegt?

  • P
    pseudoruprecht

    Ich finde die Proteste (oder Krawalle oder wie immer man es nennen möchte) so heilsam wie die Finanzkrisen.

     

    Wie dort der Wert von Firmen und Volkswirtschaften ehrlicher benannt wird als im Normalbetrieb, so sieht man im Rahmen der riots so deutlich wie lange nicht mehr, wes Geistes Kind die aktuelle Regierung Großbritanniens ist.

     

    Vielleicht schafft sie es aber, mit der Selbstdarstellung im Rahmen der Olympischen Spiele ihr Image wieder aufzupolieren. Das hat schon öfter einmal funktioniert. Bei anderen Regierungen, in anderen Ländern.

  • DG
    Dod Grile

    "Der riot act, 1714 erlassen, musste nur verlesen werden, und schon erlaubte er den Ordnungshütern, Aufstände brutal niederzuschlagen."

     

    Klingt natürlich nett ("Aufstände" - "brutale Ordnungshüter"), ist aber von keinerlei Sachkenntnis geprägt. Die Verlesung des Riot Acts war Vorbedingung, damit ein Magistrat rechtmäßig Soldaten - eine echte Polizei gab es damals schließlich noch kaum - dazu einsetzen konnte, die Rioter zu stoppen. Diese "Rioter" waren im übrigen auch nach moderner Diktion meist "Randalierer", oder allenfalls gewalttätige Demonstranten; Aufstände gab es in Großbritannien eher selten, und wenn, dann war das in der Regel keine Sache für zivile Magistrate.

    Nach Verlesung des Riot Acts konnte der Beamte den Soldaten auch befehlen, zur Not auf die Menge zu schießen. Das kam vor, und beim sog. "Peterloo massacre" starben so etwa 15 Teilnehmer einer (hier friedlichen) Massendemonstration. Aber da der jeweilige Beamte bei Todesfällen sich auch schnell einer Anklage gegenübersah, die seiner weiteren Karriere wenig förderlich war, wurde der Riot Act eher selten, widerstrebend und spät eingesetzt. Im Falle der Gordon Riots von 1780, als es zu Ausschreitungen gegen katholische Iren kam, so spät, dass die Lage bereits weitgehend außer Kontrolle war und schließlich hunderte Tote zu beklagen waren (allerdings zum Glück nicht auf Seiten der verfolgten Iren, sondern der Rioter, die sich z.T. selbst in geplünderten Distillen zu Tode soffen oder volltrunken den selbst gelegten Bränden nicht mehr entkamen, aber auch in großer Zahl vom Militär erschossen wurden, wenn sie weitere Kapellen oder Gefängnisse zu stürmen versuchten).

  • H
    Hans

    Auch solcher sozialer Unwille, diese Art von Kriminalität bzw. Randale präsentiert eine Unzufriedenheit der Bevölkerung und die Polizei ging ja auch sehr sonderbar dagegen vor. Die eigentliche Frage lautet doch, wie lange hält diese Regierung noch durch und wann begreifft der Durchschnittsbrite, dass diese Regierung ohne Zukunft ist?

    Die Jugendlichen sind durchaus politisch in ihrer Aktivität, schließlich plündern sie nicht die armen Häuser oder greiffen reiche Wohnhäuser an, sondern sie nehmen sich einfach mit Gewalt, was sie mit ihrem Geld nicht bezahlen können. Und dabei gehen sie regelrecht obszön zu Werke, ganz ähnlich der britischen Oberschicht, die sich nicht um Arme scherrt und die sogar bewusst weg sieht, wenn ein 11-jähriger einen Joint an der U-Bahn raucht. Das Alles existiert in UK schon lange. Es gibt dort eine regelrechte Verwahrlosung, einen leeren sozialen Raum und einige Jugendliche stammen aus diesem Gebiet.

    Aber eben nicht alle. Es sind auch viele mitgezogen worden von anderen. Im Detail wird sich das Bild schnell auflösen, was aber unbestreitbar bleibt, ist, dass man in London sich über Kinder und Jugendliche endlich bessere Gedanken machen sollte, als Strafen und Gerichte in Aussicht zu stellen. Klar, kurzfristig, sollten Plünderer vor einem Richter stellen und Sozialarbeiter sollten auch kommen.

    Tatsächlich stellen sich grundsätzliche Fragen und auf die hat m.M. die Regierung nicht den Ansatz einer Lösung zu bieten. Auch Blair/Brown waren nicht für soziale Probleme und Aufgaben zuständig. Und das ist das Ergebnis: Randale, Bürgerkrieg und Chaos.

    Empfehlen kann ich nur das Buch "Dark Britain" womit nicht afro-Briten gemeint sind, sondern ein Schatten-UK, in dem Hilflosigkeit, Kriminalität und Chaos schon in den 1990ern beschrieben wurde.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Wer will es Assad in Syrien verdenken, dass er auf seine Bevölkerung schießt, wenn die Engländer so schnell bereit sind alle Gesetze über den Haufen zu werfen und mit allen zur Verfügung stehenden Mittel vorzugehen. Jetzt verstehe ich, warum die immer noch eine Queen haben. Im Innern ist die herrschende Klasse feudalistisch und selbst gerecht. Es gab leider keine Revolution, bei der genügend Köpfe gerollt wären, wie in Frankreich. Aber auch dort sind diese nachgewachsen wie eine Hydra. Armes Europa. Die Zeit der 'Bauernopfer' beginnt.

  • D
    Dennis

    Hmmm...vielleicht sollte man in Deutschland mal in Autohäuser einbrechen und dann immer wieder Tankstellen überfallen. In der Werbung sieht man ja immer wieder Autos die ich mir nicht leisten kann. Also ist das dann doch legitim oder?

  • BW
    Bummelstreik wegen Bullenetat

    Ist doch logisch, daß die Cops daneben stehen, wenn der Staat ihren Etat zusammenstreicht.

  • 3T
    333 Tote auf der Wache

    Im Prinzip ist das doch auch egal, denn es geht nur darum auf die Kacke zu hauen, damit sich die Autoritäten zweimal überlegen, einen der ihren zu ermorden.

    333 ungeklärte Todesfälle in Polizeigewahrsam im Zeitraum von 1998-2010 sprechen eine ganz andere Sprache. Kein Polizist wurde je dafür belangt. Merke: Die Zahl ist ohne die, die dazu noch draußen umgebracht wurden!

  • J
    JimNashe

    Welche Ideen sollten die Marginalisierten denn so haben?

     

    Sollten sie sich schlau und pfiffig überlegen, wie es mit der Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum wohl doch noch klappen könnte. Indem man beispielsweise ein Studium der Zahnmedizin anstrebt?

     

    Wie sind sie wohl sozialisiert worden und wie erleben sie die (Mehrheits-)Gesellschaft? Als Club von Gleichen? Wohl eher nicht. Und dann passiert das, was nicht selten passiert. Die Polizei drangsaliert, misshandelt oder tötet jemanden aus ihren Kreisen.

     

    Und - Potzblitz - sie schreiben keine Petition, sie schlagen alles kurz und klein, wie nach Rodney Kings Tod in LA. Und nehmen sich das, was sie sich nicht leisten können.

     

    Aber sie haben keine Idee, so was Dummes aber auch...

  • RK
    Räuber Kneissl

    Wenn die Polizisten, die Duggan in Zivil verfolgten, sich also noch nicht mal als Polizisten zu erkennen gaben, bevor sie ihn erschossen, zu der Tat extra ein präpariertes Funkgerät mitgenommen haben, dann war es Vorsatz, also Mord.

    Wenn ich nun lese, der Getötete wurd der Drogen- und Bandenkriminalität zugerechnet, dann ist mein Urteil über die Polizisten, die ihn aus dem Weg geräumt haben, glasklar.

    Die Korruption der Polizei in und um London scheint keine Grenzen mehr zu kennen. Und Cameron drückt auf die Tränendrüsen, statt den Augiasstall auszumisten. Er ist offenbar der oberste Vorgesetzte der Polizei.

  • W
    WaltaKa

    So, nun will ich aber mal nen guten Artikel über die soziale Lage in einem Land, das einigen der reichsten Menschen dieser Erde (Royals) auf Steuerzahlerkosten eine Hochzeit für ca 32 Millionen € ausrichtet.Was mag da wohl in den Menschen vorgehen, deren Leben sich durch Thatcherismus und Co rapide verschlechtert hat.Kinderarmut? Jedes 4. Kind. Usw. Es gibt Gründe, wieso 's kracht. Das hat sehr wohl und ausschließlich mit Politik zu tun. Ob auf der Insel oder hier. "Es ist Politik, die eure Privatheit kaputt macht. Ob ihrs glaubt oder nicht" ( Ulrike Meinhoff).

  • K
    Kuchenmann

    »Heute kennen weder Polizei noch Mob den Unterschied zwischen Politik und Niedertracht.« Wie blöd muss man sein, um das rein politische in diesem Aufstand zu übersehen? Junge, geh mal in eine Bibliothek, schlag ein Lexikon auf und guck nach, was »Politik« überhaupt bedeutet. Unsere Niedertracht und unser Hass sind hochgradig politisch!

  • G
    Generator

    Ich glaube die Unruhen haben mit den englischen Skandalen zu tun. Die Abgeordneten, Manager und Politiker in Spesenaffäre, Finanzkrise und Abhörskandal durften ja ganz offensichtlich auch machen(und sich nehmen) was sie wollen und die Strafen waren wenn vorhanden lächerlich. Warum sollte das für Randalierer nicht auch gelten?

  • T
    Tatze

    "Die Ära dieser Unruhen erreichte ihren blutigen Höhepunkt 1985 mit dem Krawall in Broadwater Farm im Londoner Bezirk Tottenham - und der Ermordung des Polizeibeamten Blakelock. Seit damals wurde viel getan, um die Beziehungen zwischen der Polizei und den Einwanderergesellschaften Großbritanniens zu verbessern."

    Was nützt die bürgerliche Propaganda, dass angeblich die Beziehungen verbessert würden? Selbst wenn sie tatsächlich verbessert worden wären, was ist mit der sozial-ökonomischen Situation der Menschen mit Migrationshintergrund? Die aktuelle Misere bzw. die permanente Misere in den "Armutsvierteln" - Arbeitsoligkeit, Sozialkürzung, Wohnungslosigkeit, Perspektivlosigkeit usw. - ist ein Produkt der Gesellschaft, welche auf Staat und Kapitalismus fußt. Diese sind nicht in der Lage, bzw. willentlich, dass alle Gesellschaftsmitglieder in gleicher Weise an dem realexistierenden Wohlstand teilhaben. Aktuelle Eigentumsaneignung, -zerstörung und Auseinandersetzungen sind Folgen der Ignoranz der Gesellschaft gegenüber ihren Mitmenschen.

     

    "Das Zögern und die Zurückhaltung der Polizei scheinen auch auf die anfängliche Verwirrung darüber zurückzuführen sein, ob man es mit politischem Protest zu tun hat oder mit simpler Kriminalität. Besorgniserregend ist, dass die Polizei wahrscheinlich nicht einmal zwischen beidem unterscheiden kann."

    Ich würde behaupten, dass die Polizei keine Unterscheidung treffen WILL. Als Institution des bürgerlichen Staates sorgt sie für den reibungslosen Fortlauf des kapitalistischen Normalbetriebes. Ihr Ziel ist also Systemerhalt. Hierzu gehört auch das Herunterspielen und Umdeuten jeglicher Systemkritik. Kriminalisierung ist vorherrschende Methode, um ungewollte Handlungen bzw. deren Akteur_innen die Rechtmäßigkeit zu entziehen und so Solidarisierung seitens anderer Geselschaftsmitglieder zu verhindern.

     

    "Im vergangenen Jahrzehnt wurde in Großbritannien auf die Angst der Jugend im Allgemeinen und der Unterklassenjugend im Besonderen aufmerksam gemacht. Diese Angst wird nun zweifellos ausufern. Was die Jugend selbst angeht: Sollte es wider Erwarten doch irgendeinen echten Missstand geben, der sich in ihren Aktionen Luft macht, dann wird dieser gerechtfertigte Protest sicher untergehen."

    Im ersten Satz wird eine festgestellt, dass es eine Unterklassenjugend gibt. Im Zeiten Satz macht allerdings der Autor dann deutlich, dass ihm diese Zuschreibung bzw. das Verständnis von "Unterklasse" nicht ausreicht, um einen "echten Misstand" ausmachen zu wollen. Das fällt dann wohl unter Sozialchauvinismus und Verrherlichung von Klassismus.

     

    Wie wäre es mit einem Artikel, in dem die Lebensumsstände der Jugendlichen und die Ursachen hierfür analysiert und dargelegt werden?

  • F
    freiheit

    die jugendlichen handeln ganz im sinne thatchers:

    es gibt keine gemeinschaft, nur individuen. gier ist gut!

     

    nachdem wirtschaftskriminelle ungestraft das gemeinwesen geplündert haben, machen die jugendlichen ähnliches in "ihrem" gemeinwesen.

    es ist ein ausdruck, dass sie den thatcherismus bzw. die neoliberale politik der rechten nach 30 jahren auch endlich verstanden haben.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Heutzutage ist es ziemlich verwegen, allein darauf zu hoffen, dass sich die Ukraine weiter stark zur EU hingezogen fühlt. Wer den aktuellen Handelsumfang kennt, weiß, das in unmittelbarer Nachbarschaft vorteilhafte Bedingungen vorhanden sind. Leicht kann man sich ausmalen, das Konfrontation auch das Gegenteil bewirken könnte. Russland hat darüber hinaus eine Achsenfunktion innerhalb der BRICS Staaten. Ob der Dollar seine Weltfunktion erhalten kann, wird sich erst noch erweisen. Was nach einem Dollarfall mit dem Euro oder dem brittischen Pfund passiert ist ebenso nebulös. Der Westen steckt schon bis zum Hals in Auseinandersetzungen, deren Verlauf kritisch zu sehen ist. Könnte es sein, dass man das auch in der Ukraine analysiert? Frau Timoschenko hat übrigens während der Gerichtsverhandlung getwittert und den Richter weltweit lächerlich gemacht. Darf man das in deutschen Gerichtssälen tun? Was steht in Deutschland auf Missachtung des Gerichtes? Selbst in Den Hag sind Angeklagte von der Verhandlung ausgeschlossen worden. Eine TAZ- Reporterin wie Frau Oertel bräuchte diesen Straftatbestand nur im Internet eingeben und schon wird sie erkennen, dass Timoschenko ihre U-Haft geradezu erbettelt hat. Da steckt eine propagandistische Hand dahinter. Und der Westen hat sie ja immer irgendwie rausgehauen. Warum sagt dieser armen Frau niemand, dass der Westen so viel Reputation im ukrainischen Volk verspielt hat, dass er dieser Angeklagten kaum helfen kann. Jüngste Erfahrungen prägen die Ukrainer. Was aber, wenn die jetzige Regierung den scharfen Hund raushängen lässt, und den Westen zusammen mit Frau Timoschenko vorführen will? Ich glaube: Wenn sie schuldig ist, wird es sie jetzt besonders kalt erwischen. Schade! Aber Frau Timoschenko lebt nicht im Westen, wo solche Verfahren im Sande verlaufen. Ich bezweifle, dass der lange Arm ihrer Freunde nicht mehr helfen kann, wenn die beleidigten ukrainischen Richter, nach derart provokativen Verhalten, weit von der Mindeststrafe abweichen wollen. Belege für Straftaten scheint die ukrainische Regierung ja offensichtlich zu haben. Die wird sie der Welt vielleicht via Internet präsentieren. Dann steht auch der Westen dumm da. Macht Schluss mit der orangenen Propaganda. Die Welt hat bald ganz andere Sorgen.