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Wahl: Rot trifft SchwarzDie schwarze Seite von Rot-Schwarz

Am Donnerstag sondiert die SPD eine mögliche Koalition mit der CDU. Zumindest offiziell will sich Wowereit diese Option offenhalten. Was aber haben die Konservativen drauf - außer Frank Henkel?

Sieht doch jeder, dass Frank Henkel mit Wowereit will. Und umgekehrt? Bild: dapd

"Die CDU, das ist die dunkle Seite der Macht", hat eine junge Grüne der taz Ende vergangenen Jahres über die Christdemokraten gesagt, angelehnt an eine dunkle Gestalt aus der "Krieg der Sterne"-Saga. Damals ging es um die Frage, ob die CDU Juniorpartnerin der Grünen und einer Regierenden Bürgermeisterin Renate Künast sein könnte. Nun geht es darum, ob sie die Grünen aus einem SPD-geführten Senat drängt - falls die am Mittwoch begonnenen rot-grünen Koalitionsgespräche scheitern und es stattdessen zu Rot-Schwarz kommt. Die taz malt aus, welches Gesicht die CDU an der Macht haben könnte.

In der neunköpfigen Landesregierung würden die Sozialdemokraten angesichts des Wahlergebnisses - SPD 28, CDU 23 Prozent - den Regierenden Bürgermeister und vier der acht Senatorinnen oder Senatoren stellen, die Christdemokraten die anderen vier. Bei Rot-Grün wäre das Kräfteverhältnis mit sechs zu drei besser für die SPD. Niemand von Rang hat sich in der CDU bislang offen ins Gespräch für einen Posten gebracht und tat es auch gegenüber der taz nicht. Mahnend in Erinnerung ist, wie die Grünen 2006 zu früh intern Posten verteilten, damit die SPD vergrätzten und letztlich erleben mussten, wie es statt zu Rot-Grün erneut zu Rot-Rot kam.

Nimmt man eine Mischung aus Fähigkeiten, Standing in der Partei und Quote als Maßstab, ist jedoch ziemlich deutlich, wer die vier Senatsposten besetzen könnte. Zuerst natürlich Spitzenkandidat Frank Henkel (47), für den nur ein zentrales Ressort wie Inneres oder Finanzen infrage kommt. Als Haushälter ist Henkel bislang nicht aufgefallen, wohl aber als früherer innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Da galt er als Law-and-Order-Mann, aber darin steht ihm inzwischen auch der Grünen-Anwärter auf das Innenressort, Volker Ratzmann, kaum nach.

Den liberalen Flügel der Berliner CDU repräsentiert seit Jahren die frühere Landesparlamentarierin Monika Grütters (49), die als herausgehobene Stellvertreterin mit Parteichef Henkel seit Ende 2008 die neue CDU-Spitze bildet. Sie ist zwar im Bundestag Chefin des Kulturausschusses und könnte sich in dieser Rolle Hoffnung machen, nach der nächsten Wahl Kulturstaatsministerin zu werden. Angesichts der Möglichkeit, dass die CDU dann aber gar keine Ministerposten mehr zu vergeben hat, dürfte Grütters nicht zögern, Senatorin für Kultur und Wissenschaft zu werden. Auf beiden Feldern ist sie eine ausgewiesene und über Parteigrenzen anerkannte Expertin.

Da Klaus Wowereit der CDU vorhält, sie habe sich in den letzten 20 Jahren gar nicht geändert, wird die Union zudem bemüht sein, dem Regierenden Bürgermeister das Gegenteil zu beweisen. Das hieße unter anderem: anders als bislang die SPD jemanden mit Migrationshintergrund im Senat zu haben. Dafür bietet sich Emine Demirbüken-Wegner (50) an, seit 2006 Abgeordnete, zuvor über viele Jahre Integrationsbeauftragte in Tempelhof-Schöneberg und bundespolitisch gut verknüpft. Ende 2004 kam sie als erste Türkischstämmige in den CDU-Bundesvorstand. Demirbüken-Wegner würde - quasi dreifach quotiert - auch den starken Westkreisverband Reinickendorf repräsentieren. Die bisherige jugend- und familienpolitische Sprecherin ihrer Fraktion könnte das Ressort Integration und Soziales übernehmen.

Was der CDU in ihrem Quartett noch fehlt, ist ein Ostler. Henkel ist zwar in Ostberlin geboren, was aber nicht so wahrgenommen wird. Diese Rolle fiele Mario Czaja (36) zu, einem der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden. Er war am Sonntag schon zum zweiten Mal hintereinander der einzige CDUler, der in den Ostbezirken einen Wahlkreis gewann. Im Abgeordnetenhaus ist sein Fachgebiet seit Jahren die Gesundheitspolitik, weshalb er für dieses Senatsressort plus Verbraucherschutz erste Wahl sein dürfte.

Nicht in diesem Quartett vertreten ist zwar der starke CDU-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf. Der dürfte sich aber nicht beschweren, weil sein Vorsitzender Michael Braun (55) absehbar Henkel als Fraktionschef nachfolgen würde - bislang ist er sein erster Stellvertreter. Wahlkampfstratege Thomas Heilmann (47) hat mehrfach deutlich gemacht, dass er kein Amt anstrebt, sondern lieber als Parteivizechef hinter den Kulissen wirken möchte, etwa im Koalitionsausschuss.

Hinter dieser möglichen Regierungsmannschaft ist die CDU-Fraktion durch Neuzugänge auffallend verstärkt aus der Wahl hervorgegangen. Da ist zum einen Burkhard Dregger (46), der Sohn des früheren CDU/CSU-Bundestagsfraktionschef Alfred Dregger - ähnlich konservativ wie sein Vater, aber offen genug, um mit der liberalen Grütters ein Integrationspapier der Partei vorzubereiten. Hinzu kommt auch Niels Korte, Rechtsanwalt wie Dregger und gut mit den Grünen vernetzt: In seiner Kanzlei war deren früherer Grünen-Landeschef Stefan Gelbhaar tätig, der ebenfalls neu ins Abgeordnetenhaus einzieht.

Nicht gerade eine langweilige Erscheinung ist auch der frühere Bundeschef des CDU-nahen Studentenverbands RCDS, Gottfried Ludewig (28). Vor drei Jahren fiel er allerdings eher unangenehm auf: Er schlug vor, Arbeitnehmer sollten bei Wahlen mehr Stimmrecht haben als Hartz-IV-Empfänger und Rentner. Wie Dregger ist auch er Sohn eines bekannten Vaters: Johannes Ludewig war in den 90ern für die CDU Staatssekretär und Vorstandschef der Deutschen Bahn AG.

Ähnliche auffällige Figuren sind bei der SPD nicht zu erkennen. Dort ist der bekannteste Name unter den Fraktionsneulingen der bereits 2002 aus dem Amt geschiedene frühere Pankower Stadtrat und Bürgermeister Alex Lubawinski (61).

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