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Schläue gegen Wucht

DFB-POKAL Beim verrückten Sieg des SC Freiburg bei Mainz 05 stehen die Trainerirrwische Streich und Tuchel im Fokus. So sehr ihr Gehabe an der Linie auch nervt, das Spiel ihrer Mannschaften gefällt

„Wir wollen gewinnen, aber wenn wir verlieren, verlieren wir“

FREIBURGS TRAINER CHRISTIAN STREICH

AUS MAINZ TOBIAS SCHÄCHTER

Christian Streich war völlig fertig. Aber der Trainer des SC Freiburg ist ja nie zu müde, um grundsätzliche Einordnungen vorzunehmen. Selbst nach so einem turbulenten Fußballspiel, das alle Beteiligten bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit brachte, wollte dieser Fußballlehrer Überhöhungen einfach nicht zulassen. Jetzt, wo die Euphorie sowieso da ist in Freiburg, mahnt Streich weiter in ungespielter Überzeugung: „Wir können doch zu unseren Spielern nicht sagen: schießt Tore. Unsere Spieler sind gut, aber keine Cristiano Ronaldos. Entscheidend ist doch, dass wir Chancen haben. Der Weg ist das Ziel“, erklärte Streich nach der Frage eines Journalisten, ob seine Mannschaft diesen Pokalkampf aufgrund der vielen Torchancen nicht viel klarer hätte entscheiden müssen.

Der SC Freiburg hatte gerade mit 3:2 beim FSV Mainz 05 gewonnen, nach einem 0:2-Rückstand bis zur 86. Minute der regulären Spielzeit. Erstmals steht der Klub nun im Halbfinale des DFB-Pokals. Und der SC ist Fünfter in der Liga. Als Streich die Mannschaft vor gut einem Jahr übernahm, hatte sie 13 Punkte in der Liga. Jetzt sagt er: „Wir wollen gewinnen, aber wenn wir verlieren, verlieren wir.“

Sie hätten ja auch tatsächlich verlieren können. Es war ein großartiges Fußballspiel zweier Trainermannschaften – hier die Wuchtmaschine des Mainzers Thomas Tuchel, da die kreative Spielschläue des Freiburger Streich. Beide Trainer nerven ihre Spieler mit ihrer Überzeugung und Vorstellung von Fußball, bis diese sie verinnerlichen. Und beide nerven an der Seitenlinie. So innovativ beide Trainer für den deutschen Fußball wirken, so irritierend wirkt mitunter ihre aggressive Art des Coachings. Dabei war der Vorlauf vor dieser Partie besonders. Thomas Tuchel hatte mit einer Schiedsrichterschelte am Tag vor dem Spiel ordentlich Schlagzeilen produziert. Streich war ziemlich angefressen deswegen und wollte dazu lieber keinen Kommentar abgeben: „Das hat nichts mit Fußball zu tun“, blockte er. Tuchel hatte behauptet, das Schiedsrichterwesen habe ein Problem mit ihm und seinem Verhalten an der Seitenlinie, darunter müsse seine Mannschaft leiden, die für ihren Trainer bestraft werde.

Tuchel wirkte nach der Partie genau so leer wie sein Kollege Streich und die Mainzer Mannschaft nach dem gerechtfertigten Platzverweis für den Verteidiger Zdenek Pospech in der 65. Minute. „Was heute passiert ist, müssen wir uns selbst zuschreiben“, gab er blass zu. Den Platzverweis geißelte er als völlig unnötig und die Szene, die zum 2:2-Ausgleich in der vierten Minute der Nachspielzeit der regulären Spielzeit führte, lastete er dem viel zu „hohen Risiko“ seines Abwehrspielers Radoslav Zabavnik und nicht dem Referee an. Schiedsrichter Aytekin beurteilte die Grätsche Zabavniks an den eingewechselten Santini als Elfmeter. Daniel Caligiuri, der später in der 109. Minute auch den Siegtreffer erzielte, verwandelte zum Ausgleich. Verlängerung. Das Mainzer Publikum tobte, der Mainzer Co-Trainer Arno Michels wurde auf die Tribüne geschickt.

Tuchels Äußerungen waren alles andere als klug. Sie produzierten keine einzige gute Schlagzeile für ihn, seine Mannschaft und seinen Klub. So großartig wie die Streich- und Tuchel-Mannschaften Fußball spielen, ihr aufbrausendes Herumgezapple und Geifern gegenüber dem vierten Offiziellen und gegenüber dem Kollegen wirkte auch am Dienstag verstörend.

Dass beide Mannschaften mittlerweile zu Recht Bewerber um die Europapokalplätze sind, ist dabei die schönere Geschichte nach einem tollen Fußballerlebnis. Für die Freiburger bleibt nun weiter der kurze Weg nach Europa über den Pokal. Christian Streich hat schon recht: „Das ist nicht normal.“

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