Rechtsextreme im Bezirksparlament: NPD-Chef droht neue Anklage
Zwei Politiker aus dem Berliner Bezirk Treptow-Köpenick haben Udo Voigt (NPD) wegen Verherrlichung der Waffen-SS angezeigt.
NPD-Chef Udo Voigt wird am Donnerstag zum zweiten Mal in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV)Treptow-Köpenick einziehen. Diesmal nicht als Fraktionsvorsitzender der örtlichen NPD, denn die rechtsextreme Partei ist auch in ihrer Hochburg unter die Fraktionsgrenze geschrumpft. Voigt ist nur noch fraktionsloser Verordneter und wird sich seinen Tisch mit Fritz Liebenow teilen müssen, der auch über die NPD-Liste in die BVV einzog. Und: Voigt muss sich aller Wahrscheinlichkeit nach bald mit einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft Berlin auseinandersetzen und sich, sofern das Gericht die Anklage zulässt, vor Gericht verantworten.
Dabei geht es um Äußerungen, die er im Frühjahr 2010 vor der BVV tätigte. In der Debatte um die Frage, wie man den 8. Mai, den Jahrestag der Befreiung, begehen soll, hatte Voigt das Wort ergriffen. Er begründete, warum seine Fraktion den interfraktionellen Antrag der demokratischen Parteien ablehnte. Im Unterschied zu diesen Parteien, so Voigt, "verneigen wir uns auch vor den tapferen Soldaten der Deutschen Wehrmacht, des Heeres, der Luftwaffe, der Marine und der Waffen-SS, die bis zum letzten Tag ihrer Pflicht nachgekommen sind".
Zwei Bezirksverordnete hatten Voigt daraufhin angezeigt. In den Augen des einen, dem 25-jährigen SPD-Verordneten Alexander Freier, hat sich die NPD selten so als Erbe der Machthaber des Dritten Reiches gezeigt wie durch diese Äußerungen. "Ich halte das für Volksverhetzung und eine Störung des öffentlichen Friedens", sagt er. Für seinen 66-jährigen Kollege Hans Erxleben (Linke) verletzen diese Worte die Würde vieler Menschen. "Das betrifft mich auch ganz persönlich. Denn meine Eltern haben ihr Leben während der NS-Herrschaft in Zuchthäusern und Konzentrationslagern zubringen müssen." Erxleben begründet seine Anzeige damit, dass die Waffen-SS bei den Nürnberger Prozessen zur verbrecherischen Organisation erklärt wurde. "Die Verherrlichung ist strafbar, wie der Bundesgerichtshof im Jahre 2005 bestätigte."
Martin Stelter, Sprecher der Staatsanwaltschaft, will die Anklage offiziell nicht bestätigen, da zuerst die Verfahrensbeteiligten in Kenntnis gesetzt werden müssten. "Ich kann ihnen aber sagen, dass es ein solches Ermittlungsverfahren gab, das bereits abgeschlossen wurde."
Anzeigensteller Erxleben hat dagegen schon Ende September von der Staatsanwaltschaft schriftlich erfahren. In dem Schreiben heißt es: "In dem Ermittlungsverfahren gegen Udo Voigt wird Ihnen mitgeteilt, dass hier wegen eines Teils der verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe Anklage (…) erhoben wurde. Bezüglich weiterer Tatvorwürfe war das Verfahren einzustellen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Plan für Negativ-Emissionen
CO2-Entnahme ganz bald, fest versprochen!