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Finanzexperte über Frührente"Eine Wette auf das eigene lange Leben"

Eine private Altersvorsorge lohnt sich, sagt Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen. Allerdings nur, wenn man rechtzeitig damit anfängt.

Früh die Puschen anziehen? Dann aber auch früh mit der Altersvorsorge anfangen. Bild: dpa
Interview von Hanna Gersmann

taz: Herr Tenhagen, empfehlen Sie eine Frührente?

Hermann-Josef Tenhagen: Natürlich, wer andere Pläne in seinem Leben hat, als zu arbeiten, und kein finanzielles Problem sieht, der kann das machen.

Was muss ich tun, um mir die Frührente leisten zu können?

dapd
Im Interview: HERRMANN-JOSEF TENHAGEN

Der 48-Jährige ist Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest, die von der Stiftung Warentest herausgegeben wird. Er sitzt im Aufsichtsrat der taz.

Möglichst lange gut verdienen. Das heißt: Wenn ich jung bin und wenig verdiene, muss ich sehen, dass ich demnächst mehr verdiene, aber auch gut vorsorgen. Wenn ich schon über 50 bin und immer nicht gut verdient habe, muss man heiraten oder mit der Grundrente auskommen. Dann lohnt sich auch eine private Altersvorsorge kaum noch.

Wie sieht gute Vorsorge aus?

Entweder fragt man seinen Chef, eine betriebliche Altersvorsorge zuzulassen, er hat dazu eine gesetzliche Pflicht. Oder man schließt eine Riester-Rente ab.

Riestern ist oft nicht besser, als das Geld in den Sparstrumpf zu stecken, sagt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung.

Eine Rentenversicherung hat nichts mit einem Sparstrumpf zu tun: Im Unterschied zum Sparstrumpf kann ich jeden Monat reingreifen und trotzdem ist immer noch Geld drin. Dafür kann ich aber auch nur eine bestimmte Summe rausnehmen. Werde ich also so alt wie Jopi Heesters, habe ich eine Wahnsinnsrendite gehabt. Die Rentenversicherung ist immer eine Wette auf das eigene lange Leben.

Wie viel Geld muss ich von meinem Einkommen zurücklegen fürs Alter?

10 Prozent vom Bruttoeinkommen über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus ermöglichen Durchschnittsverdienern einen sorgenfreien Ruhestand.

Soll ich Aktien kaufen?

Wer Geld in Aktien anlegen will, darf das Geld lange Zeit nicht brauchen und muss mindestens den Wirtschaftsteil der taz jeden Tag von vorne bis hinten studieren. Aktienfonds sind etwas übersichtlicher, aber auch nicht die beste Altersvorsorge.

Also sind Aktienfonds als Vorsorge auch zu unsicher?

Nehmen wir an, dass es gut läuft und ich mit 65 einen Haufen Geld in meinen Fonds habe, dann muss ich immer noch dafür sorgen, dass der Haufen Geld auch bis zu meinem 90. Lebensjahr ausreicht.

Ist es besser, eine Wohnung zu kaufen?

Eine Wohnung ist für diejenigen, die schon halbwegs abgesichert sind, eine gute Option. Man muss sein Leben lang nicht umziehen, keine Mieterhöhungen in Kauf nehmen.

Wann soll ich lieber kaufen, wann lieber mieten?

Eine eigene Immobilie hilft, um im Alter über die Runden zu kommen, nur, wenn man genug Geld hat, um sie später altersgerecht umbauen zu können. Auch ein neues Dach muss drin sein. Und kauft man die Immobilie als Geldanlage und nicht nur, um darin zu wohnen, dann sollte sie nicht teurer sein als 20 Jahresnettokaltmieten.

Die private Altersvorsorge ist etwas für Gutverdiener?

Eine private Altersvorsorge lohnt sich schon für jeden Durchschnittsverdiener, das fängt bei einem Bruttojahreseinkommen von 30.000 Euro an. Sie kommt selbst für diejenigen in Frage, die darunter liegen - etwa wenn zwei zusammenleben, der eine 15.000, der andere 40.000 Euro hat. Für Leute, die langjährig gering verdienen, bietet der Staat die Grundrente - über die kommen Geringverdiener privat kaum hinaus.

Die Politik muss an der Altersversorge nichts ändern?

Sie muss an die Versicherer mit ihren Sterbetafeln ran. Im Moment gehen die Versicherer davon aus, dass alle Menschen steinalt werden; wenn sie aber früher sterben, dann haben die Versicherer sogenannte Risikogewinne in der Rentenversicherung. Von denen dürfen sie 25 Prozent behalten, das ist zu viel. Sonst dürfen sie von den Gewinnen, die sie bei privaten Geldanlagen erzielen, nur 10 Prozent behalten, der Rest geht an die Versicherten.

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3 Kommentare

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  • KK
    Karl Kraus

    Wenn über den normalen Rentenbeitrag hinaus jeder 10 Prozent seines Einkommens (jeder!) in den Rententopf einzahlen würde, gäbe es mehr Rente für alle, und nicht nur für Leute, die sowieso schon besser verdienen. Das gleiche gilt für die Krankenversicherung. Aber das ist die Schröder-Clique gewesen: Privat vor Staat, auf dass das Schmarotzerpack nur ja nicht den Herrenmenschen mit der Kohle auf der Tasche liegt. Sozialstaat heißt: Parasiten denunzieren und Besserverdienern den Arsch pudern. (Gehöre übrigens zu letzteren. Ich trauere der Solidarität nach, die mal Ehrensache war...)

  • S
    Steve

    zu wieviel prozent wird die "stiftung warentest" vom staat subventioniert? unabhängigeit überhaut gewärleistet? hm....?

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Die Stiftung führt das hier genau aus: http://www.test.de/unternehmen/zahlen/

  • FT
    financial taz deutschland

    Ich lach mich schepp: "Den Wirtschaftsteil..." hahaha... "der taz..." pffff... "jeden Tag von vorne bis hinten..." hihihi... "studieren..." höhöhö.

     

    Der Rest des Interviews ist auch blöd, aber nicht so lustig.