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Facebooks TimelineDer Ex-Ex-Freund? Gefällt mir!

Jeder weiß, was wer auf Facebook letzten Sommer getan hat, wenn die Timeline da ist? Nicht doch. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen Look.

In einem Video zeigt Don Draper (Mad Men) seine Timeline. Bild: Screenshot: Youtube

Facebook verpasst jetzt allen Nutzern auf ihren Seiten eine sogenannte Timeline. Was genau ist das eigentlich?

Die Timeline, in der deutschen Version heißt sie Chronik, ist eine neue Darstellungsform für die Profile der Nutzer des sozialen Netzwerks Facebook. Es werden alle Ereignisse zeitlich sortiert - also Statusupdates, bestätigte Freundschaften, Pinnwandeinträge oder auch Meldungen zum Partnerstatus, neue Einträge in den Angaben zur eigenen Person oder Fotos. Oben steht jeweils das neuste Update, dahinter folgen alle älteren Einträge, rückwärts aufgelistet bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Nutzer sein Facebookkonto angelegt hat. Wer möchte, kann auch bis zum Zeitpunkt seiner Geburt zurück Daten, Fotos und Ereignisse an Facebook verfüttern.

Wann kommt das?

Bisher kann jeder Nutzer die Chronik schon freiwillig anlegen. In den kommenden Wochen will Facebook nach und nach alle Profile umstellen, egal ob der Nutzer das will oder nicht.

Warum macht Facebook das?

Mit der neuen Profilansicht soll eine ganz neue Art von Anwendungen kommen: Timeline-Apps heißen sie, und sie sollen dafür sorgen, dass die Nutzer noch mehr voneinander mitbekommen können. Mittels dieser Anwendungen könnte man zum Beispiel in sein Facebookprofil automatisiert Informationen laufen lassen, welche Musik man gerade hört, welche Artikel der Nutzer liest, welchen Film sie gerade schaut oder welches Produkt er gerade gekauft hat. Facebook will anhand dieser Informationen noch genauere Werbung an die Nutzer ausliefern können - dafür analysiert es alles, was in die Timeline hineinfließt. Facebook bietet seinen Werbekunden gegen Geld die Möglichkeit, anhand der Daten der Nutzer diese mit Anzeigen auf der Plattform zu bespielen.

Was soll an der Chronik schlimm sein?

Für die Nutzer heißt die Einführung, dass viele Einträge, die vielleicht schon vergessen schienen, plötzlich wieder einfach für die anderen Nutzer verfügbar werden. Wer beispielsweise vor drei Jahren seinen Partnerschaftsstatus auf "Es ist kompliziert" geändert hat, will vielleicht nicht mehr, dass das heute noch abrufbar ist. Und auch die ein oder andere kleine alte Anmerkung über Mitmenschen, Arbeitgeber oder Politik gehört vielleicht nicht in das öffentliche Langzeitgedächtnis im Internet.

Dann weiß also künftig jeder, was ich letzten Sommer getan habe?

Nein. Nur wenn du darüber in deinem Facebook-Profil berichtet hast. In dem Fall kann dann aber jeder deiner Freunde nicht nur sehen, was du letzten Sommer, sondern auch, was du im Frühling, im Winter oder im April vor vielen Jahren getan hast.

Oh! Kann dann auch jeder sehen, wer vor fünf Jahren mal mein Lebensabschnittsbegleiter war?

Ja. Und jeder kann auf "gefällt mir" drücken oder das kommentieren.

Was sagen die Kritiker?

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagt, dass Facebook hier nun eine "rote Linie" überschreiten würde: Nutzer würden nun beinahe lückenlos erfasst. Tatsächlich könnte man meinen, dass sich User, die alle Möglichkeiten nutzen und zudem automatisiert verraten, wo sie sich in der Fleischwelt aufhalten, möglichst viele Timeline-Anwendungen nutzen und entweder häufig aktiv Fotos und Videos hochladen oder Freunde haben, die das für sie übernehmen, so eine Art eigene Stasiakte bauen. Mit dem Unterschied, dass sie nicht in irgendwelchen Regalen verstaubt.

Was sagen die Befürworter?

Die Befürworter sehen vor allem die Möglichkeiten, die mit den Timeline-Anwendungen kommen. Mit diesen lassen sich bestimmte Dinge einfacher mit anderen Menschen "teilen". Manche argumentieren auch, dass mit der Chronik klarer würde, was Facebook alles über einen weiß.

Aber ich kann doch meine heiklen Einträge später noch löschen, oder?

Klar. Aber je länger und intensiver man Facebook benutzt hat, umso aufwendiger wird es, diese Inhalte zu entfernen.

Wer kann das alles sehen?

Das kommt auf die eigenen Einstellungen an. Naturgemäß sieht Facebook als Betreiber alles. Aber ansonsten müssen sich die Nutzer selbst Gedanken darüber machen, welche Freunde sie in welchen Listen organisieren. Und dann sollten sie die Inhalte nur für diese Listen freigeben. Insbesondere rückwirkend kann das eine Menge Arbeit machen. Zum Glück kann man die Sichtbarkeit älterer Beiträge aber auch pauschal einschränken.

Und was mach ich jetzt?

Wer auf Facebook nicht verzichten will, sollte sich einen Tee kochen, etwas Zeit mitbringen und auf jeden Fall Facebook.com/privacy aufrufen und dort seine Einstellungen überprüfen.

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22 Kommentare

 / 
  • P
    Peter

    "Facebook arbeitet (intern) auch weiterhin mit den "gelöschten" Daten! Und selbst wenn deutsche Datenschützer Facebook zwingen könnten, deutsche Daten zu löschen, kopiert Facebook die vorher einfach auf amerikanische Server und macht damit was sie wollen."

     

    Das stimmt so nicht ganz, denn selbst wenn man facebook selbst juristisch nicht so leicht habhaft werden könnte: Die hiesigen Werbekunden sitzen größtenteils in Deutschland. Gegen die kann man dann eben doch Bußgelder verhängen. Und das tut facebook dann richtig weh, weil Webekunden verloren gehen könnten, bzw in zukünftigen Verträgen mit facebook eine Freistellung von solchen Ansprüchen verlangen könnten.

  • T
    Tomate

    Hihi. Da kichert k.xxy, weil er heute rausgefunden hat, dass "The Onion" Satire ist. Hihi! ;)

  • K
    k.xxy

    Hihi. Da regt er sich auf und zitiert einen Beitrag von «The Onion».

  • F
    FB-Frei

    FB und andere Datenkraken (zB neues Telekom-Cloud-Angebot) sind spitze darin die den Lieferanten (Nutzer) vom Kunden (Werbetreibende, Regierungen, etc.) abzutrennen. Facebook ist ein übler mittler mit einer Spielzeuganwendung als Scheingeschäft. Wie war es denn in der Zeit der Foren? Im einen suche ich Beziehungen, im nächsten Anglertipps oder Lohnsteuerhilfe. Die Themen sind getrennt, die Profile, Spitznamen usw. auch. Zentral alles von einer Stelle aus zu verwalten ist ein Gemisch aus Fahrlässig und Bequemlichkeit, denn man muss nur einmal Daten verlieren um alle verloren zu haben.

     

    Meiner Meinung nach sind die meisten User immer noch mit dem Multifunktionscomputer überfordert. Das kann ein Faktor für den Erfolg zB der Appleprodukte sein. Gleichzeitig wird das Thema Sicherheit ausgeklammert. Sicherheit der Daten, des heimischen PC, der "im Netz" gespeicherten Daten.

     

    Wie so oft wird anstatt den mündigen Bürger zu fördern (und die Datenschutzbeauftragten zu unterstützen) auf Populärpolitik im Umgang mit dem Netz gesetzt. "Wir sperren die Bösen aus und helfen den Firmen für Profit und Arbeitsplätze" ist die alte Devise.

     

    Das dabei Chancen für einen sinnvollen Umgang mit Daten verspielt werden - wir Bürger als Datenfutter für Großkonzerne herhalten müssen - daran denken viel zu wenige.

     

    Was ist schlimm an Mails? Warum sind wir zu bequem für Foren, Mailinglisten, Chats? Warum muss alles auf einer Plattform laufen? Opfern wir uns der Bequemlichkeit zu liebe? Sind wir zu faul uns mehr als ein Passwort zu merken??

  • H
    Hansi

    Die Diskussion um die Timeline ist albern und belanglos. Es handelt sich lediglich um eine andere Darstellung der Daten, die FB sowieso gesammelt hat. Wer auf Datenschutz auch nur den leisesten Wert legt, hat sich nie einen FB-Account angelegt.

     

    Ich habe den Fehler gemacht unter Pseudonym und mit diversen falschen Daten versehen einen Account bei FB anzulegen. Nach kürzester Zeit haben mich echte Bekannte angeschrieben, einer hat gefragt, ob denn "1234567" noch meine aktuelle Telephonnummer sei usw. Meine Pseudonymität ist also dahin.

     

    Ich werden meine Account vollständig deaktivieren ("löschen" ist ein falsches Wort, da FB und CIA immer Kopien behalten werden):

     

    http://www.bahamut-online.net/gummizelle/386-anleitung-facebook-konto-endgueltig-loeschen.html

     

    Dann muß ich noch folgende Einträge in die /etc/hosts meines Routers aufnehmen:

     

    127.0.0.1 www.facebook.com

    127.0.0.1 facebook.com

    127.0.0.1 static.ak.fbcdn.net

    127.0.0.1 www.static.ak.fbcdn.net

    127.0.0.1 login.facebook.com

    127.0.0.1 www.login.facebook.com

    127.0.0.1 fbcdn.net

    127.0.0.1 www.fbcdn.net

    127.0.0.1 fbcdn.com

    127.0.0.1 www.fbcdn.com

    127.0.0.1 static.ak.connect.facebook.com

    127.0.0.1 www.static.ak.connect.facebook.com

     

    An der gesellschaftlichen Bedeutung von FB und der Gefahr die es darstellt, ändert meine individuelle Schmollhaltung leider nichts, aber irgendwo muß man ja anfangen.

  • A
    Andreas

    Ich gebe zu, ich habe auch einen FB-Account. Meine Pinnwand und persönlichen Infos sind aber klein gehalten. Geburtsdatum ist eh nicht richtig usw.

     

    Ich kann nur entpfehlen, ein anderes Socialnetwork zu benutzen. google+ sammelt ja auch Daten, die VZ's sind eh pleite usw.

     

    Deswegen benutze ich jetzt https://despora.de/ .

  • N
    Nam

    wie wärs damit?

    http://diasporaproject.org/

  • A
    Abonnent

    >Oh! Kann dann auch jeder sehen, wer vor fünf

    >Jahren mal mein Lebensabschnittsbegleiter war?

    >

    >Ja. Und jeder kann auf "gefällt mir" drücken oder

    >das kommentieren.

     

     

    --

     

    Das ist sachlich nicht richtig - nicht "jeder" kann diese Daten sehen, sondern jeder, dem man die Rechte dazu einträumt. Und eben diese Rechte zu verwalten ist mit der neuen Chronik viel einfacher geworden.

  • T
    Tomate

    Facebook vs. Stasi:

     

    1) In deine Stasi-Akte kannst du heute zur Gänze Einsicht nehmen, aber deine Facebook-Akte rücken die Jungs nur teilweise raus - siehe http://www.europe-v-facebook.org/EN/Complaints/complaints.html , "Access Request".

     

    2) Facebook weiß viel mehr über dich als die Stasi - https://taz.de/Social-Networking/!81259/

     

    3) Was die Stasi über dich wusste, konnte man damals nicht im Internet recherchieren.

     

    4) Die Stasi ist heute noch neidisch auf Facebook: https://www.youtube.com/watch?v=Aual8jhBzQY

     

    5) Die CIA hingegen begeistert: http://www.theonion.com/video/cias-facebook-program-dramatically-cut-agencys-cos,19753/

  • R
    RedHead

    Facebook löscht nicht, das ist mittlerweile bekannt. Aber sie zeigen auch nicht alles jedem an, sie verkaufen ja schließlich die Informationen. Wer einen Facebookaccount hat ist dadurch nicht der Kunde, sondern die Ware. Jetzt darf sich jeder selbst ausmalen, wer unter welchen Umständen auf welche Daten zugreifen kann und welches Sicherheitsniveau diese Datenschutzeinstellungen bieten. Man bedenke dabei außerdem: Es gibt noch solche Dinge wie den Patriot Act...

     

    Wem Privatsphäre wichtig ist, der nutzt Facebook nicht. PUNKT! Verzweifelte Maßnahmen wie Pseudonymisierung bringen nicht viel. Sobald man mit seinen tatsächlichen Freunden vernetzt ist, ist es ein leichtes, die Identität heraus zu finden. Früher oder später wird auch irgendwer so ganz nebenbei den Klarnamen ausplaudern. Ich halte sämtliche Tips, wie Facebook bewußt und vorsichtig zu nutzen sei für absolut irreführend und inkonsequent.

  • A
    anke

    Tatsächlich könnte man meinen, wer facebook-Profile mit Stasi-Akten vergleicht, hätte irgendwie den "Witz" an der Stasi nicht kapiert. Schön, dass es Wikipedia gibt. Da kann man nachlesen, er Peter Schaar ist und was er in dem Herbst getan hat, in dem die Stasi ihre Akten zu schreddern begann. Ich fürchte, das erklärt so manches.

  • Z
    Zosh

    Man muss es Facebook lassen: Sie haben es geschafft, eine relativ einfache Umgestaltung einer ihrer Kernfunktionen als Innovation zu verkaufen. Es spricht nicht wesentlich für die Herren Fach- und vor allem Fachfremdjournalisten, jetzt Panik zu schüren.

     

    Vermutlich sehen nur wenige Facebook-Benutzer jemals in ihre eigenen Profile, sonst würden sie sehen: All das, was der Timeline angelastet wird, ist bereits jetzt dort als Information enthalten. Die Timeline ist lediglich eine bequemere und übersichtlichere Anordnung der Beiträge.

     

    Die einzige datentechnische Innovation, die sie mitbringt: Wenn man will, kann man _rückwirkend_ noch Einträge machen, die man an einen bestimmten Zeitpunkt hängt, um der Welt mitzuteilen, dass dort etwas passiert ist. Das muss man allerdings selbst tun, das macht Facebook nicht automatisch.

     

    Dabei kann man durchaus über den Umgang von Facebook mit den Daten diskutieren, das sei unbenommen. Die Timeline ändert allerdings exakt gar nichts daran, wie viele Daten Facebook sammelt, darstellt oder einsehbar macht.

  • GF
    Gegen fb-Paranoia

    Eines macht der Artikel leider nicht deutlich: alles, was jetzt in der Chronik von facebook zu sehen ist, war auch im alten Profil zu sehen. Es ist nichts hinzugekommen. Alte Einträge sind jetzt nur leichter auffindbar. Das macht sie aber auch leichter löschbar.

    Dass die Beiträge trotzdem noch auf irgendwelchen Servern (unsichtbar) gespeichert bleiben, stimmt. Das trifft aber auch für Millionen von anderen Daten zu.

    Jede Zahlung mit Karte gibt mehr über uns preis als all die meist belanglosen facebook-Beiträge.

  • F
    Flo

    Ganz ganz schlechter Vergleich

  • R
    robbyy

    Schon das Fahren mit der Eisenbahn wurde zu Beginn des Mobilitätszeitalters als gefährlich eingestuft.

     

    Ich werde meine Chronik ausmisten und gut ist.

  • S
    sensiblochamaeleon

    hallo.

    in https://www.facebook.com/groups/323441564697

    findet ihr weitere zusatzinfos, gespräche und links aus den vergangenen 2 jahren fb design- und datenschutz-diskussionen.

  • S
    sensiblochamaeleon

    hallo.

    in https://www.facebook.com/groups/323441564697

    findet ihr weitere zusatzinfos, gespräche und links aus den vergangenen 2 jahren fb design- und datenschutz-diskussionen.

  • SN
    später noch löschen? eben nicht!

    Bei Facebook ist das Thema "später noch löschen" eben nicht vergleichbar mit einem nachträglichen Löschen von Daten daheim auf dem Computer: Wen man bei Facebook Daten über sich nachträglich löscht, werden diese nur nicht mehr angezeigt - auf den Servern von Facebook sind diese natülrich weiterhin vorhanden und nicht physisch gelöscht!

     

    Facebook arbeitet (intern) auch weiterhin mit den "gelöschten" Daten! Und selbst wenn deutsche Datenschützer Facebook zwingen könnten, deutsche Daten zu löschen, kopiert Facebook die vorher einfach auf amerikanische Server und macht damit was sie wollen.

  • M
    MrAPC

    Aber die Timeline wird Balz Pflicht sein...

     

    Frage: Bedeutet das Facebook sieht welche Programme / andere Seiten ich gerade geöffnet habe und Postet das? Wenn ja ist das nich illegal?

  • B
    BiBo

    Wer das nicht will, soll das Tool nicht nutzen. Ich z.B.

  • VP
    Veit Pakulla

    Der Widerstand gegen die Chronik auf Facebook ist groß: https://www.facebook.com/pages/Gegen-die-neue-FB-Chronik/279815475399727

    Siehe auch hier: https://www.facebook.com/pages/Chronik-l%C3%B6schen-wir-wollen-unser-altes-Profil-wieder/137819096329473

    Oder hier: https://www.facebook.com/questions/296260467088561/

    Will Facebook ein besseres Geschäft oder eine Geschäftschädigung?

  • KK
    Kein Kommentar

    "..wo sie sich in der Fleischwelt aufhalten, ..."