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Mindestlohn für Arbeitslosen-Ausbilder11,25 Euro für 28.000 Pädagogen

Vor sechs Monaten hatte das Bundesarbeitsministerium eine Mindestlohn für Pädagogen abgelehnt, die Arbeitslose weiterbilden. Nun soll es den doch geben.

Besser bezahlt: Leute, die Arbeitslose ausbilden. Bild: dapd

BERLIN taz | Lehrkräfte, die Arbeitslose schulen, sollen künftig einen Mindestlohn erhalten. Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat eine Verordnung auf den Weg gebracht, um einen Brutto-Stundenlohn von 12,60 Euro im Westen und 11,25 Euro im Osten bundesweit für allgemein verbindlich zu erklären.

Profitieren würden davon rund 28.000 Lehrkräfte, schätzt das BMAS. Es geht dabei nur um Pädagogen, die öffentlich geförderte Weiterbildung für Arbeitslose nach dem zweiten und dritten Sozialgesetzbuch anbieten. Viele der Lehrkräfte bekämen Löhne, die sich kaum von Hartz IV unterschieden, hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert.

Da der Mindestlohn im Arbeitnehmerentsendegesetz verankert würde, müssten ihn auch Firmen zahlen, die vom Ausland aus Lehrpersonal anbieten. Für Praktikanten soll die Lohnuntergrenze nicht gelten. Wohl aber für Leiharbeiter, die als Lehrer für Arbeitslose angeheuert werden. Sie hätten davon deutliche Vorteile, denn der Mindestlohn für Leiharbeiter liegt bei 7,89 Euro (West) bzw. 7,01 Euro (Ost).

Alle Anläufe, eine Lohnuntergrenze für die Pädagogen zu vereinbaren, waren bisher gescheitert. Das BMAS hatte erst im Oktober 2011 einen entsprechenden Antrag von Arbeitgebern sowie den Gewerkschaften Ver.di und GEW abgelehnt. Zur Begründung hieß es unter anderem, es mangele an öffentlichem Interesse für eine Lohnuntergrenze.

Ein breites Spektrum wird vertreten

Seither hat sich die Lage geändert. Die Arbeitgeber mit dem sperrigen Namen „Zweckgemeinschaft von Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung“ haben mehr Mitglieder gewonnen, die bereits den mit Ver.di und der GEW ausgehandelten Tarifvertrag anwenden. „Die Zweckgemeinschaft vertritt jetzt ein breites Spektrum der Branche. Deswegen liegt jetzt ein öffentliches Interesse für den Mindestlohn vor“, sagte eine BMAS-Sprecherin zur taz. Deswegen könne der Branchentarifvertrag nun für bundesweit gültig erklärt werden.

Noch knapp zwei Wochen kann dagegen beim BMAS Einspruch erhoben werden. Einstimmig zustimmen muss dem Ganzen auch noch der Tarifausschuss. In ihm sitzen jeweils drei Vertreter des Arbeitgeberverbandes BDA sowie des Deutschen Gewerkschaftsbund. Auch das Kabinett muss die Initiative noch abnicken.

Update 10.04.: In einer früheren Fassung dieses Artikels hieß es 11.000 Lehrkräfte würden von dem geplanten Mindestlohn profitieren. Laut Arbeitsministerium sind es tatsächlich 28.000 Lehrende.

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3 Kommentare

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  • A
    Achim

    Hier mal die Meinung von 2 Betroffenen.

    Wir sind in den 60er Jahren und seit ca. 10 Jahren in diesem Geschäft, sprich Ausbildung von Arbeitslosen tätig. Ein Lehrmeister und ein Dipl.Ing Maschinenbau führen bei einem privaten Bildungsträger die Ausbildung im Bereich Metall aus.

     

    Die eine Strecke Metallgrundbildung mit Schweißen bis zum Ablegen der Schweißerprüfung in MAG und WIG, dann Grundbildung Klempner- und Isolierarbeiten. Der andere Bereich maschinelle Metallberarbeitung Drehen und Fräsen bis zur CNC-Maschienenbedienung und teilweise auch CAD.

     

    Als Teilnehmer Arbeitslose und zur Zeit nur HartzIV-Empfänger. Im Jahresdurchschnitt waren 25-30 Teilnehmer anwesend. unsere Vermittlungsquote lag bei anfänglich 54% und ist jetzt auf Grund des vorhandenen Potententials der Teilnehmer auf 40% gesunken. Die vermittelten Teilnehmer fanden als Schweißer, Klempner, Zerspaner und CNC-Maschinenbediener Arbeit.

    Trotz des geringen Verdienstes (1500€) haben wir doch eine ordentliche Arbeit geleistet.

  • JK
    Juergen K.

    Unglaublich !

     

    Eine derartige Pervesion ist ja nicht vorstellbar.

     

    Erschiesst die Bundesregierung - Brennt sie nieder.

  • H
    Hans

    Ein Brutto-Stundenlohn von 12,60 Euro im Westen und 11,25 Euro im Osten bundesweit für Lehrkräfte, die Arbeitslose schulen, sagt im Kern nur eins: Die Qualifizierung der Arbeitslosen hat keine Priorität und ist offenbar auch für den Mangel an Fachkräften (wenn es ihn gibt) nicht bedeutsam. Denn: Es ist ein Stundenlohn, der sich an dem aktuellen Unterricht, nicht aber an der Vorbreitung oder der persönlichen Qualifizierung der Unterrichtenden richtet.

     

    Das bedeutet: nur die geleistete Unterrichtsstude wird mit diesem Brutto-Stundenlohn faktoriert. Und dabei kommen Monatslöhne von 1900 bis 1300 Brutto raus, denn kaum ein Lehrer oder Unterrichtender wird tatsächlich 40 Stunden unterrichten. Die tatsächliche Stundenzahl dürfte zwischen 30 und 38 Stunden liegen und damit bleibt diese Gruppe im Bereich von Hartz-IV, Aufstockungen und Wohngeld, je nach dem, ob sie Kinder oder Familie haben.

     

    Insofern besteht für qualifizierte Arbeitnehmer kein Anreiz, sich der Qualifzierung von Arbeitslosen zu widmen. Es ist heute schon ein Problem, dass Arbeitslose zu Qualifikationen, Kursen und Trainings geschickt werden, die keine Wirkung, manchmal nur minimale Wirkung auf die Vermittlung in echte Arbeit haben.

     

    Auf Deutsch: Die finden auch nach drei oder sechs Monaten in einem Kurs keinen Job, weil die Qualität der Qualifizierung nicht mit den Anforderungen am Arbeitsmarkt korreliert. Und mit diesen Mindestlöhnen wird das auch nicht passieren können, weil sich diese Lehrkräfte offenbar selber nicht vor Armut gut schützen können, jedenfalls nicht vor der Altersarmut, den Geld für eine Zusatzversorgung bleibt bei diesen Löhnen nicht übrig.

     

    Normalerweise würde man wohl sagen, nun gut, die arbeiten einen Vertrag über drei Monate in dieser (Einstiegs-)Gruppe, danach verhandeln sie neu und erhalten mehr pro Stunde. Das war früher tatsächlich der Fall, heute ist es nicht mehr so. Heute müssen gerade solche Pädagogen damit rechnen, dass sie zwei oder vier Jahre in Verträgen mit solchen Stundenlöhnen auskommen müssen. Einige müssen auch damit rechnen, dass sie ihre Kündigung rechtzeitig erhalten und dann einen oder zwei Monate im Sommer eben nicht mehr beschäftigt sind und dann sich sogar beim Jobcenter/Arbeitsamt melden müssen.