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US-Drohne tötet Deutschen in PakistanErmitteln oder nicht ermitteln?

Ein deutscher Islamist soll bei einer US-Drohnenattacke gestorben sein. In einem ähnlichen Fall prüft die Bundesanwaltschaft seit 2010, ob sie ermitteln kann.

Könnte zwei deutsche Bürger getötet haben: US-Drohne. Bild: dpa

FREIBURG/BERLIN taz | Die Bundesanwaltschaft (BAW) prüft den Tod eines deutschen Islamisten in Pakistan. Der 29-jährige Samir H. soll Anfang März von Raketen einer US-Drohne getötet worden sein. Offiziell bestätigt ist sein Tod aber noch nicht.

Wer ist dieser „Abu Laith aus Deutschland“? Das fragten sich die Islamismus-Experten, nachdem Anfang 2011 in einem Video der „Islamischen Bewegung Usbekistan“ (IBU) ein junger Mann mit verpixeltem Gesicht auftauchte. Er berichtete, dass er an einem Gefecht mit der pakistanischen Armee beteiligt war. Bei der Aktion gegen „die Feinde Allahs“ habe er „eine schöne Zeit“ gehabt, sagte „Abu Laith“, hinter einem schweren Maschinengewehr sitzend, in perfektem Deutsch.

Ein gutes Jahr später scheint das Rätsel gelöst: Der junge Mann soll mit wirklichem Namen Samir H. heißen – und am 9. März dieses Jahres mit weiteren mutmaßlichen Kämpfern im pakistanischen Südwaziristan durch eine US-Drohne getötet worden sein. Das berichtete Der Spiegel unter Berufung auf H.s Mutter. Diese wiederum soll von einer Tochter, die inzwischen auch in Waziristan lebt, telefonisch über den Tod Samir H.s unterrichtet worden sein.

Deutsche Sicherheitsbehörden erfuhren von dem Fall nach eigenen Angaben erst aus dem Magazinbericht. Sie wollen nun verifizieren, ob die Todesnachricht stimmt. Die Bundesanwaltschaft hat einen „Prüfvorgang“ angelegt, aber noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Das zweite deutsche Drohnen-Opfer

Samir H. war den Sicherheitsbehörden aber bekannt. In Deutschland lebte der in Ostdeutschland geborene Sohn einer deutschen Mutter und eines tunesischen Vaters zuletzt in Aachen. 2009 soll er in Richtung Kampfgebiet aufgebrochen sein, wo er sich der islamistischen Kampftruppe IBU anschloss. Er stand aber nicht im Fokus der Behörden. Diese gingen davon aus, dass Samir H. in der Region Pakistan/Afghanistan bleiben will und nicht vorhat, in Deutschland Anschläge zu verüben.

Samir H. wäre der zweite Bundesbürger, der durch die Raketen der ferngesteuerten Mini-Flugzeuge getötet wurde. Das erste deutsche Opfer eines US-Drohnenangriffs war der damals 20-Jährige Bünyamin E. aus Wuppertal, der am 4. Oktober 2010 auf einem Gehöft in Nordwaziristan getötet wurde.

Auch diesen Fall untersucht die BAW. Sie ist – eineinhalb Jahre nach der Tötung Bünyamin E.s – allerdings immer noch mit der Frage beschäftigt, ob sie überhaupt zuständig ist. Nur wenn der Drohnenangriff im Zusammenhang mit einem „bewaffneten Konflikt“ steht, ist es ein Fall für die Bundesanwaltschaft. Ansonsten müsste eine einfache Staatsanwaltschaft ermitteln. Die BAW hat zur Lage in Waziristan Gutachten in Auftrag gegeben. „Es geht um sehr komplexe Fragen“, sagte BAW-Sprecher Marcus Köhler zur taz.

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11 Kommentare

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  • D
    Dirk

    @deviant

     

    "Haben die Amis nun das Recht, all diese Menschen einfach so zu erschiessen, auf bloßen Verdacht hin, dass die irgendwas planen könnten, ganz ohne Richter und Verteidigung?"

     

    Lesen Sie sich den Artikel durch einschließlich der Selbstaussagen des Dschihadisten. Machen Sie es am besten abschnittsweise. Legen Sie ggf. eine Pause dazwischen ein, wenn Ihnen der Text zu umfangreich ist. Mehrfache Lektüre erleichtert das Verständnis ebenfalls. Und dann fragen Sie sich, ob es sich nicht doch um einen Kriegskombattanten gehandelt haben könnte und ob darum Ihr Mordbegriff nicht etwas weit gefasst ist. Danke für Ihre Mitarbeit.

    P.S.: Ihre Vergleiche sind drollig. Was würden Sie meinen, was der Dschihadist wohl selbst auf die Frage geantwortet hätte, hätte man ihn gefragt, ob er sich von D/Europa/der Demokratie/den Ungläubigen/der Welt abgewandt hat?

  • TT
    Thomas Trasolt

    Die Ungezieferbeseitigung mittels Drohne war also erfolgreich. Das ist gut! Was soll jetzt "ermittelt" werden? Wem man einen Orden dafür überreichen kann?

  • D
    deviant

    @MEINNAME:

     

    Sparen Sie sich doch diesen nationalistischen Scheiss hier, sowas können Sie bei der CDU oder der Jungen Freiheit machen, aber nicht im Forum einer demokratischen Zeitung. Ich könnt kotzen.

     

     

    Und wer sind "seine Leute"? Sollte man Sie dann auch wegsperren, weil Sie sich vom demokratischen Konsens abgewandt haben oder weil Sie statt JF nu taz lesen? Und was ist mit den Unterzeichnern von "nichtmeineministerin.de" oder den vielen Sympathisanten von "Merkel ist nicht meine Kanzlerin"? Haben die sich von "ihren Leuten" abgewandt? Atheisten, die aus der Kirche ausgetreten sind? Haben die sich von "ihren Leuten" abgewandt? Alles schlechte Menschen und keine Deutschen mehr?

     

    Haben die Amis nun das Recht, all diese Menschen einfach so zu erschiessen, auf bloßen Verdacht hin, dass die irgendwas planen könnten, ganz ohne Richter und Verteidigung?

    RECHTSSTAAT ist das Stichwort. Menschen einfach so zu ermorden, das ist das, was der Westen sonst so der DDR oder China vorwirft...warum also nicht als nächstes der Friedensnobelpreis für Pol Pot?

  • EA
    Ermitteln aber richtig

    Man könnte natürlich auch ermitteln wer diesem Mann einen deutschen Pass gab und damit jemandem der uns gerne ebenso ausrotten würde wie jeden Pakistani wie jeden Menschen auf der Welt der nicht seiner Meinung ist. Dann wäre zu ermitteln wieviele solche Leute wir im Land haben, wer verhindert sie auszubürgern und wer damit Menschenfeindlichkeit, Antidemokratie, Schwulenmord, Sexismus und Terror unterstützt. Könnte man, wenn man nicht jeden gut fände der mit blutunterlaufenen Augen blind Amis hasst wie viele Kommentatoren hier. Der Feind des Systemfeind ist aber immer ein Freund. Dachten auch viele Demokraten die früher jeden mit langen Haaren von egal wem verprügelt haben wollten. Davor ließ man einen Bärtchenträger gewähren weil er ein guter Antistalinist zu schein schien(auch wenn er mit diesem einen bekannten Pakt schloß). Die taz wie viele ihrer Leser sind echt von Gestern. Der ewige Systemkampf hört erst auf wenn sie aussterben und ihre Klone nicht zu viele werden.

  • M
    menschenfreund

    03.05.2012 17:28 Uhr

    von deviant...

    ..."Der Mörder wird nen Tapferkeitsorden bekommen"...

    und die ehrsamen Gotteskrieger, die u.a. in Moscheen, auf Marktplätzen und sonstwo, z.B. nach dem Besuch Obamas unschuldige Menschen umgebracht haben, bekommen wie der Knispel aus Aachen den üblichen Lohn. Sie wissen schon, die 72...

  • D
    D.J.

    "Er berichtete, dass er an einem Gefecht mit der pakistanischen Armee beteiligt war. Bei der Aktion gegen „die Feinde Allahs“ habe er „eine schöne Zeit“ gehabt, sagte „Abu Laith“, hinter einem schweren Maschinengewehr sitzend, in perfektem Deutsch."

     

    Meine Güte, Leute, er erklärt sich hier selbst zum Kombattanten. Wieso soll seine Ausschaltung rechtswidrig gewesen sein? Eine absurde Diskussion.

  • D
    deviant

    Wäre erfreulich, wenn überhaupt ermittelt wird, wenn die Amis Menschen ermorden, dann ist es auch egal, welche Staatsanwaltschaft. Bringen wird es ohnehin wenig: Der Mörder wird nen Tapferkeitsorden bekommen und nicht mehr nach Deutschland einreisen dürfen, aber einen Lerneffekt wird es beim "Weltpolizisten" nicht geben, und Sanktionen wird es auch nicht geben, weil die USA kein politisch bedeutungsloser EM-Ausrichter ist.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Wir scheinen da ein extremes Luxus-Problem zu haben.

    Ziel feindlicher Handlungen ist dem Gegner zu schaden. Das beinhaltet nicht nur das Töten von Menschen sondern auch das Binden von Ressourcen. Das schaffen die kleinen Nachwuchs-Terroristen sehr gut. Ob nun der Wellness-Urlaub von Kurnatz oder das Hellfire-Dating aus dem Bericht - die deutsche Justiz ist beschäftigt. Und dann sind noch die nützlichen Idioten des Terrors, die z.B. mit dem Kunduz-Untersuchungsausschuss einen Riesen-Aufwand produzieren.

    Gute Arbeit - der internationale Djihad dankt!

  • M
    MEINNAME

    "Ermitteln oder nicht ermitteln?" - Nicht ermitteln. Der war kein Deutscher. Er hat sich von seinen Leuten abgewandt.

  • K
    KFR

    "sehr komplexe Fragen“ ??

    laut Reuters und den neuesten Publikationen hatte B.L. allergrösste Sorge wegen der "Inkompetenz" der Beteiligten, also keine Sorge Frau Clinton, Herr Obama

  • S
    sigibold

    Am besten stellt die Bundesanwaltschaft das verfahren ein. Sie werden sich ja sowie nicht trauen gegen die Usa vorzugehen. Daher verschleudern sie nur unnützt Steuergelder. Oder traut sich etwa jemand den Friedensnobelpreisträger Obama vor Gericht zu zerren, weil er menschenverachtende Befehle gibt?

     

    Oh du lieber freier Westen! Du nimmst für dich in Anspruch, die Völker- und Menschenrechte zu achten und zu verteidigen und trittst sie noch während du das verkündest für lausige Dollars in den Dreck.