MigrantInnen wollen mehr Mitsprache: Quote für die SPD
In der SPD wird eine Migrantenquote für den geschäftsführenden Landesvorstand gefordert. Migranten fehlen dort bisher gänzlich.
Mitglieder der SPD fordern eine MigrantInnenquote für die engere Landesspitze der Partei. Dies sei „der selbstverständliche nächste Schritt, was die Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund betrifft“, sagt etwa Orkan Özdemir, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migration der SPD Tempelhof-Schöneberg und Vorstandsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft für Migration der Partei.
Am 9. Juni wählt die Berliner SPD einen neuen Landesvorstand. Um den Vorsitz konkurriert mit dem amtierenden Landeschef Michael Müller der Parteilinke Jan Stöß, Kreisvorsitzender der SPD in Friedrichshain-Kreuzberg.
Angesichts „einer hohen migrantischen Bevölkerungsquote von rund 26 Prozent“ in Berlin habe die SPD die „Verantwortung und Verpflichtung, GenossInnen mit Migrationshintergrund/-geschichte auch an führungsrelevanten Gremien und Positionen zu beteiligen“, schreibt die AG Migration Tempelhof-Schöneberg in einer am Montag veröffentlichen Pressemitteilung. Die Bundes-SPD hatte bereits im Mai 2011 eine Quote von 15 Prozent für MigrantInnen in allen wichtigen Parteigremien beschlossen.
Dem fünfköpfigen geschäftsführenden Landesvorstand, der aus den stellvertretenden Landesvorsitzenden und dem Kassierer besteht, gehören bislang keine MigrantInnen an. Im gesamten Landesvorstand aus 32 GenossInnen sitzen zurzeit drei MigrantInnen: Die ehemalige Vorsitzende der Landes-AG Migration, Ülker Radziwill, sowie die Kreisvorsitzenden aus Tempelhof-Schöneberg, Dilek Kolat, und Spandau, Raed Saleh.
Er erwarte, dass künftig „von den fünf Mitgliedern des geschäftsführenden Landesvorstands mindestens eins Migrationshintergrund“ habe, so SPDler Özdemir zur taz. Unterstützung für seine Forderung kommt aus Friedrichshain-Kreuzberg: Dort wirbt das SPD-Kreisvorstandsmitglied Ahmet Iyidirli für die Quoten-Idee.
In ihrer Pressemitteilung appelliert die Bezirks-AG Tempelhof Schöneberg auch an die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Migration, die Forderung zu unterstützen. „Ohne Wenn und Aber“ müsse die SPD „die Vielfalt in der Gesellschaft repräsentieren“, sagte der neue Vorsitzende der LAG, Aziz Bozkurt. Die Landesarbeitsgemeinschaft habe den Kandidaten Stöß und Müller Fragebögen zum Thema Integration zugeschickt, in dem sie sich auch zum Thema Quote erklären sollen.
Er stehe dafür ein, „dass wir insgesamt den Anteil von MigrantInnen erhöhen“, sagte Jan Stöß auf Anfrage der taz. In seinem geplanten geschäftsführenden Landesvorstand, den er vergangene Woche vorstellte, hat allerdings niemand einen Migrationshintergrund. Er sei aber nicht gegen die Quote, so Stöß. „Ich glaube, dass es gut ist, wenn wir uns dem schrittweise annähern.“ Vom SPD-Vorsitzenden Michael Müller war auf die schnelle taz-Anfrage am Dienstagnachmittag keine Antwort zu bekommen.
In der ursprünglichen Version des Artikels war von vier Migranten im Landesvorstand die Rede. Der Juso-Vorsitzende Christian Berg (ein Luxemburger) übte dieses Amt jedoch nur bis März 2012 aus. Seitdem ist der nichtmigrantische Kevin Kühnert Juso-Chef. Für die Korrektur herzlichen Dank, d. Red.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Nach Ermordung von Jamshid Sharmahd
Deutschland schließt Konsulate des Iran
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott